Qualitätssicherung
IQTiG ist den Wundinfektionen auf der Spur
Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu einer sechsstelligen Zahl an postoperativen Wundinfektionen. Die Veröffentlichung von Daten aus einem Qualitätssicherungsverfahren steht nun kurz bevor.
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Mit innovativen Lüftungssystemen wie hier an der Decke in einem OP-Saal der Oberlinklinik in Brandenburg lassen sich postoperative Wundinfektionen deutlich verringern.
© Patrick Pleul / dpa
Berlin. Ende dieses Jahres sollen erstmals Ergebnisse des einrichtungs- und sektorübergreifenden Qualitätssicherungsverfahrens zu postoperativen Wundinfektionen vorliegen. Das kündigt das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) in seinem aktuell veröffentlichten Qualitätsreport an.
Die fünfjährige Erprobungsphase für das Verfahren ist im Januar 2017 angelaufen. „Ziel ist es, die Qualität der Maßnahmen ambulanter und stationärer Leistungserbringer zur Vermeidung nosokomialer Infektionen, insbesondere postoperativer Wundinfektionen, zu messen, vergleichend darzustellen und zu bewerten“, heißt es Qualitätsreport 2020. Durch das Verfahren werden rund 20 Prozent der stationären und ambulanten Operationen erfasst.
Wundinfektionen auf der Spur
Das IQTIG verknüpft die fallbezogenen Dokumentationen der Krankenhäuser mit den Sozialdaten der Krankenkassen. Das erlaubt es, auch Wundinfektionen zu erfassen, die sich nach der Entlassung aus der Klinik zeigen oder die nach Eingriffen im ambulanten Sektor entstehen.
Die Leistungserbringer wünschten sich Informationen über die weitere Genesung ihrer Patienten, schreibt IQTIG-Leiter Dr. Christof Veit im Bericht. Das werde mit dem neuen Verfahren möglich. „Anhand von Falllisten erfahren die Primärbehandelnden, bei welchen ihrer Patientinnen und Patienten nach einer Operation oder Intervention eine schwere Wundinfektion aufgetreten ist, die stationär behandelt werden musste.“
Handlungsbedarf bei Geburtshilfe
Der Qualitätsreport 2020 für das Erfassungsjahr 2019 konzentriert sich auf die Auswertung der einrichtungsbezogenen Daten. Sie hat wie im Vorjahr bei sieben Qualitätssicherungsverfahren besonderen Handlungsbedarf aufgezeigt, zum Teil bei mehreren Indikatoren gleichzeitig. Betroffen sind die Bereiche ambulant erworbene Pneumonie, implantierbare Defibrillatoren, Mammachirurgie, Geburtshilfe, Neonatologie, hüftgelenknahe Femurfraktur mit osteosynthetischer Versorgung sowie die Hüftendoprothesenversorgung.
Das IQTIG hat in dem im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) erstellten Bericht rund 3,5 Millionen Datensätze zur Versorgungsqualität ausgewertet. Erfasst wurden die Ergebnisse zu 221 Qualitätsindikatoren.
Pott: Verbesserung reicht nicht aus
Im Vergleich zum Vorjahr weisen 15 Prozent von ihnen eine signifikante Verbesserung auf, ein Prozent eine signifikante Verschlechterung. Bei 76 Prozent waren die Ergebnisse unverändert. Eine solche „bescheidene Verbesserung“ reiche nicht aus, betont Professor Elisabeth Pott, die Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung im GBA, in einem Beitrag im Bericht.
„Deshalb wollen wir in den nächsten Jahren eine deutliche Weiterentwicklung der Qualitätsindikatoren erreichen.“ Dazu gehört für Pott auch eine „praktische Handhabbarkeit für die Leistungserbringer“.
Mehr Aufmerksamkeit für Kennzahlen
Die COVID-19-Pandemie habe die öffentliche Aufmerksamkeit für Kennzahlen erhöht, schreibt Veit. Dennoch würden es die Zahlen des IQTIG-Berichts wohl nicht in die Schlagzeilen schaffen, obwohl sie jeden existenziell betreffen könnten.
Gerade im Kontext der Pandemie müsse man sich immer wieder vor Augen führen, worum es bei der Qualitätssicherung geht. „Für bestimmte Patientengruppen sind die Ergebnisse sie betreffender Qualitätssicherungs-Verfahren genauso von existenzieller Bedeutung wie die Pandemiezahlen für die Gesamtbevölkerung“, erläutert der scheidende IQTIG-Chef. Am Jahresende übergibt Veit das Amt an Professor Claus-Dieter Heidecke.