Vertreterversammlung
KV Sachsen-Anhalt ruft nach mehr Medizinstudienplätzen
Der KV-Vorstand verweist bei der Vertreterversammlung auf eigene Anstrengungen zur Sicherstellung der Versorgung – doch die allein reichten nicht aus. Lob gibt es für die Arbeit des „Gesundheitskabinetts“ der Landesregierung.
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„Leistung muss sich lohnen. Wer mehr arbeitet, muss auch besser bezahlt werden“: Dr. Jörg Böhme, Vorstand der KV Sachsen-Anhalt.
© Peter Gercke/picture alliance
Magdeburg. Drei Tage vor der Wahl mahnen Sachsen-Anhalts Ärztevertreter dringende Reformen an. Nachdem die Bilanz der Ampel mehr als dürftig sei, brauche das Gesundheitswesen künftig Verlässlichkeit, so KV-Vorstand Dr. Jörg Böhme bei der jüngsten Vertreterversammlung am Mittwochnachmittag.
Die Selbstverwaltung müsse tragende Säule des Gesundheitswesens sein. Dazu gehörten gute Rahmenbedingungen und praxistaugliche Digitalisierung genauso wie angemessene Finanzierung. „Leistung muss sich lohnen“, so Böhme. „Wer mehr arbeitet, muss auch besser bezahlt werden.“
Der Vorstand begrüßte die Verschiebung der bundesweiten Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) durch das Bundesgesundheitsministerium und die damit verbundene Forderung aufgetretene Probleme, unter anderem zur Datensicherheit, zu beheben.
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Wahlprogramm-Check zum Fachkräftemangel
„Das ist der richtige Schritt. Die ePA kann erst dann flächendeckend an den Start gehen, wenn dadurch die Behandlungsabläufe in den Praxen nicht gestört werden und wenn in punkto Sicherheit der Schutz vor unbefugten und unerwünschten Zugriffen gegeben ist.“ Halbherzige, unausgereifte Anwendungen, bei denen es noch an vielen Stellen hapert und hakt, dürften nicht in die Praxen kommen.
Lob für das „Gesundheitskabinett“ beim Ministerpräsidenten
Den Beweis dafür, dass Politik, Kommunen, Kassen und Standesvertreter gemeinsam besser vorankommen können, will Sachsen-Anhalt antreten. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat ein Gesundheitskabinett etabliert, das bei seiner jüngsten Zusammenkunft Ende Januar unter anderem Stipendienprogramme zur Finanzierung eines Studiums für angehende Ärzte und Zahnärzte im Ausland beschlossen hat. Zudem soll ein Studiengang „Physician Assistant“ als komplementäres Berufsangebot starten.
Kolumne „Hörsaalgeflüster“
Masse statt Klasse: Warum mehr Studienplätze die Versorgung gefährden und sie nicht retten
Um eine durchgängige Betreuung vom Studium bis in den Beruf zu gewährleisten, setzt das Gremium auf einen zentralen Ansprechpunkt. Beschlossen wurde darüber hinaus, dass die Landarztquote, über die bereits mehr als 100 Studienplätze vergeben wurden, um ungenutzte Anteile aus den Quoten für Härtefälle und ausländische Studierende erhöht wird. Wie es in Zukunft noch besser gelingen könne, Landeskinder für eine spätere Tätigkeit in der Region zu begeistern, stand im weiteren Verlauf zur Diskussion.
Stipendien für rund 200 Medizinstudierende
„Wir leisten viel, aber unsere Anstrengungen allein reichen nicht aus. Die Politik muss bundesweit mehr Studienplätze auf den Weg bringen und kurzfristig auch Maßnahmen, die dazu führen , dass ältere Kollegen weiter arbeiten“, sagte Böhme. Zur Bilanz der KV Sachsen-Anhalt (KVSA) gehört, dass allein in den zurückliegenden Jahren knapp 200 Medizinstudierende ein Stipendium erhalten haben.
Die KVSA finanzierte elf Medizinstudienplätze an der Uni Witten/Herdecke. An den Unis in Magdeburg und Halle gibt es Klassen für angehende Hausärzte, von denen etliche ebenfalls Stipendien erhalten. 36 Stipendiaten praktizieren bereits im ambulanten Bereich, weitere 79 absolvieren derzeit die Weiterbildung Allgemeinmedizin.
Sonderermächtigungen nach dem Anschlag vom Dezember
Nach dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 hat der Zulassungsausschuss auf Initiative der KVSA drei Sonderermächtigungen für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, befristet bis Ende des Jahres, erteilt.
Taleb A., der als Facharzt für Psychiatrie im Maßregelvollzug Bernburg gearbeitet hatte, riss sechs Menschen in den Tod, verletzte mehr 300. Rund 1.200 Frauen, Männer, Kinder sind betroffen und damit auch Ärzte und Psychotherapeuten des Landes, die Wunden und Seelen heilen. Jörg Böhme dankte allen Helfenden, bat aber auch um zusätzliche Bereitstellung von Terminen für Psychotherapien. (zie)