Bedarfsermittlung
Koalition geht Personalplanung im Krankenhaus an
Wie viele Pflegekräfte benötigt ein Krankenhaus konkret? Die Koalition will klare Verhältnisse schaffen, was die Bemessung des Klinik-Personalbedarfs anbelangt – und diese auf wissenschaftliche Grundlagen stellen.
Veröffentlicht:Berlin. Die Koalition geht auf den letzten Drücker der Legislaturperiode noch die Personalbemessung im Krankenhaus an.
Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), GKV-Spitzenverband und private Assekuranz sollen in der kommenden Woche per Gesetz beauftragt werden, ein „wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Pflegepersonalbedarfs“ aufs Gleis zu setzen. Entwicklung und Erprobung dieses Instruments sollen spätestens Ende 2024 abgeschlossen sein.
Die Patienten- und Pflegebeauftragten, der Deutsche Pflegerat und weitere Institutionen sollen an der Entwicklung berteiligt sein. Die bereits eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen für einige Klinikbereiche sollen in das neue Verfahren überführt werden.
Das geht aus einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Gesundheitsversorgung-Weiterentwicklungsgesetz hervor, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.
Lob und Kritik von der DKG
Gefordert wird ein „bedarfsgerechtes, standardisiertes, aufwandsarmes, transparentes, digital anwendbares und zukunftsfähiges Verfahren“ zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfes „direkt am Bett“, heißt es im Entwurf eines neuen Paragrafen 137k im SGB V. Eine Hälfte der Kosten soll die DKG übernehmen. Die zweite Hälfte soll von den Kostenträgern getragen werden.
Die Krankenhausgesellschaft stellte sich am Dienstag ausdrücklich hinter das Vorhaben. Es seien weiterhin Stellen unbesetzt, und der Bedarf an Pflegepersonal werde aufgrund der alternden Gesellschaft eher zunehmen. „Die Politik muss die Weichen stellen“, sagte DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß.
Es sei aber unverständlich, warum für den Übergang nicht das Pflegepersonalbemessungsinstrument PPR 2.0 eingesetzt werden solle. Die Pflege brauche ein starkes Signal, wie sich der Personalbestand in den Kliniken entwickeln solle, sagte Gaß.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich allerdings gegen eine Übergangsregelung ausgesprochen. Grund ist die bereits geltende Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus den Krankenhaus-Fallpauschalen.
18.500 Pflegekräfte mehr
Die zeigt unterdessen Wirkung: So haben die Kliniken von Oktober 2019 bis Oktober 2020 die Zahl der Pflegekräfte um 18.500 aufgestockt, wie aus einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.
Zum Hintergrund: Die Krankenhausvergütung fußt seit 2020 auf einer Kombination aus Fallpauschalen und Pflegebudget. Seither wird jede zusätzliche Pflegestelle für die direkte Patientenversorgung unabhängig von den Fallpauschalen über die Kassen vergütet. Das sorgt offenbar für Anreize, mehr Personal einzustellen.
Die Kliniklobby erklärte, den Krankenhäusern sei es mit „nachhaltigem Personalaufbau“ ernst. Anders als behauptet, hätten die Häuser in der Corona-Pandemie „deutlich“ zusätzliches Pflegepersonal eingestellt, sagte DKG-Chef Gaß. Ziel sei es weiterhin, mehr Pflege ans Krankenbett zu bringen.
Bruttoverdienst deutlich gestiegen
Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen zudem, dass die Bruttoverdienste vollzeitbeschäftigter Pflegekräfte in Krankenhäusern in den vergangenen zehn Jahren um gut ein Drittel gestiegen sind. Gesundheits- und Krankenpfleger kamen demnach im Jahr 2020 im Schnitt auf 3578 Euro brutto monatlich.
Fachkräfte in den Pflegeheimen verdienten den Angaben zufolge im Schnitt 3363 Euro im Monat. Die Unterschiede zwischen Kranken- und Altenpflege sind auch darauf zurückzuführen, dass in der Krankenpflege vielfach Tariflöhne gezahlt werden. Über die Tarifbindung in der Altenpflege wird derzeit heftig gestritten.