Linkes Bündnis

„Krankenhaus statt Fabrik“ will Kurswechsel in der Klinikfinanzierung

Corona muss der Anfang einer grundlegenden Neuausrichtung der Gesundheitspolitik sein, fordert das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“. Auf dem Kieker haben die Initiatoren vor allem das DRG-System.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ wirbt für eine Kehrtwende bei der Krankenhausfinanzierung. (Archivfoto)

Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ wirbt für eine Kehrtwende bei der Krankenhausfinanzierung. (Archivfoto)

© Maurizio Gambarini/dpa

Berlin. Für eine Kehrtwende in der Gesundheitspolitik hat sich das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ ausgesprochen. In einer am Montag veröffentlichten Resolution bezieht das Bündnis vor allem gegen die aktuelle Krankenhausfinanzierung in Form der Fallpauschalen (DRG) Stellung. Die Pauschalen stehen auch von anderer Seite zunehmend unter Beschuss.

DRG als „inhumanes System“

Mit Einführung des DRG-Systems 2004 sei die stationäre Patientenversorgung auf „Effizienz“ getrimmt worden, heißt es in der Resolution, die unter anderem von der Gewerkschaft Verdi, der Linken, den Jusos, dem Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte sowie mehreren Patienten- und Pflegeorganisationen unterzeichnet ist. Corona müsse der „Anfang einer grundsätzlichen Diskussion um die Ausrichtung des Gesundheitswesens“ sein, betonen sie.

In der Logik der Fallpauschalen bedeute effizient, „dass möglichst viele Patienten, die sich lohnen, mit möglichst wenig Personal und in möglichst kurzer Zeit behandelt werden“, kritisieren die Unterzeichner. Ein solches Vergütungssystem sei „inhuman gegenüber den Patienten“. Es gehöre daher durch ein „einfaches und bürokratiearmes Verfahren“ ersetzt.

Rückkehr zur Selbstkostendeckung

Konkret schlägt das Bündnis vor, in der Klinikfinanzierung zum Prinzip der Selbstkostendeckung zurückzukehren. Dabei bekämen die Häuser die ihnen „tatsächlich entstehenden Kosten“ inklusive der Vorhaltekosten finanziert. Die Bundesländer müssten zudem ihrer Verantwortung für die Übernahme der Investitionskosten wieder vollständig nachkommen. Nur so lasse sich verhindern, dass Gelder, die für die Patientenversorgung vorgesehen seien, für Investitionen verwendet würden.

Das Prinzip der Selbstkostendeckung, bei dem die laufenden Kosten eines Krankenhauses über öffentliche Fördermitteln und Erlöse aus Pflegesätzen gedeckt werden, wurde in Deutschland ab Mitte der 1990er Jahre sukzessive abgeschafft – nicht zuletzt wegen fehlender Anreize für die Häuser, möglichst wirtschaftlich zu handeln.

Gleichwohl betonen die Initiatoren des Bündnisses „Krankenhaus statt Fabrik“ auf ihrer Internetseite, Selbstkostendeckung sei „noch lange kein Freifahrtschein für Verschwendung“. Die Krankenkassen übten sehr wohl ein Kontrollrecht aus und müssten unwirtschaftlich entstandene und medizinisch nicht notwendige Kosten auch nicht übernehmen.

„Demokratische“ Bedarfsplanung

Mit Blick auf den auch von der Politik in Aussicht gestellten Umbau der Krankenhauslandschaft heißt es in der Resolution, ein weiterer Bettenabbau „nur aufgrund wirtschaftlicher Zwänge“ sei zu verhindern. Zahl und Größe von Krankenhäusern seien in einer Bedarfsplanung der Länder unter „demokratischer Beteiligung“ der Bürger und der Beschäftigten im Gesundheitswesen sowie deren Gewerkschaften zu ermitteln und umzusetzen.

Planungskriterien seien regionale Erreichbarkeit („Flächendeckung“), Demografie und Morbidität. Öffentliche Einrichtungen sollten Vorrang haben vor privaten. Krankenhäuser dienten der „Daseinsvorsorge“ und seien keine Wirtschaftsunternehmen, heißt es zur Begründung.

Für Ärzte und Pflegekräfte seien „verbindliche Personalbedarfszahlen“ zu ermitteln und gesetzlich zu verankern. Arbeitsbedingungen und Vergütung seien deutlich zu verbessern.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kolumne „Aufgerollt“ – No. 23

Die Märchen von der ePA

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Kommentare
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Nach Bundesrats-Votum

Unterschiedliche Reaktionen auf beschlossene Klinikreform

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps