Gesetzentwurf in Baden-Württemberg
Landarztquote: Wer aussteigt, zahlt 250.000 Euro
Die Landesregierung in Baden-Württemberg konkretisiert ihren Plan für die Landarztquote. Per Gesetz werden das Auswahlverfahren und die Vertragsstrafe festgelegt. Die FDP hält die Quote für „Symbolpolitik“.
Veröffentlicht:Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg will 75 Medizinstudienplätze schaffen, die mit einer Landarztquote verknüpft sind. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Landeskabinett am kommenden Dienstag verabschieden will. Laut der Kabinettsvorlage, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegt, müssen Studierende eine Vertragsstrafe von 250.000 Euro zahlen, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.
Sie müssen sich dem Land gegenüber verpflichten, „unverzüglich“ nach dem Studienschluss mit einer Weiterbildung in der Allgemeinmedizin oder in einem anderen Gebiet beginnen, das zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung berechtigt. Ebenfalls unverzüglich müssen sie nach der Weiterbildung mindestens zehn Jahre in einem Zulassungsbezirk arbeiten, der von Unterversorgung bedroht ist oder wo diese bereits eintreten ist. Nach dem aktuellen Stand der Bedarfsplanung sind im Südwesten von 103 bereits 47 Planungsbereiche weniger als 100 Prozent versorgt, heißt es in der Gesetzesbegründung.
„Ausgeprägtes Gefälle“ in der hausärztlichen Versorgung
Mittlerweile sei ein „ausgeprägtes Gefälle zwischen den Ballungsräumen und ländlichen Gebieten mit weiteren Wegen zur nächsten hausärztlichen (...) Praxis zu erkennen“. Aufgrund des hohen Altersdurchschnitts wird sich diese Entwicklung verschärfen. Die KV Baden-Württemberg geht davon aus, dass in den kommenden fünf Jahren 1600 Hausärzte in Ruhestand gehen und 1000 bis 1200 junge Mediziner nachrücken werden.
Binnen fünf Jahren könnte sich somit eine Lücke von 400 bis 600 Hausärzten auftun – zwischen 5,6 und 8,4 Prozent der Arztsitze können dann möglicherweise nicht mehr nachbesetzt werden, heißt es in der Kabinettsvorlage.
Zweistufiges Zulassungsverfahren für die 75 Studienplätze
Das spezielle Zulassungsverfahren für die 75 Studienplätze beginnt erstmals zum Wintersemester 2021/22. Vorgesehen ist ein zweistufiges Auswahlverfahren. Bei der ersten Stufe wird eine Rangfolge der Bewerber anhand dieser vier Kriterien gebildet: Ergebnis des Studieneignungstests, Berufsausbildung und Berufstätigkeit in einem Gesundheitsberuf, die über die fachspezifische Eignung Auskunft geben sowie eine mindestens einjährige Tätigkeit nach dem Bundes- oder Jugendfreiwilligengesetz oder eine mindestens zweijährige ehrenamtliche Tätigkeit.
Bei der zweiten Stufe finden Auswahlgespräche statt, wobei doppelt so viele Bewerber eingeladen werden sollen wie Studienplätze im Rahmen der Vorabquote zu besetzen sind. Die Bewertung der Auswahlkriterien soll nach einem Punktesystem erfolgen, dessen Einzelheiten in einer Rechtsverordnung geregelt werden sollen.
Empfohlen wird, das Regierungspräsidium Stuttgart mit der Aufgabe zu betrauen, das Bewerbungs- und Auswahlverfahren landesweit umzusetzen. Dort seien schon bisher Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausbildung, Approbation und Berufsanerkennung in den Gesundheitsberufen angesiedelt, heißt es zur Begründung.
FDP: Quote ist „reine Symbolpolitik“
Eine Beauftragung der KV Baden-Württemberg komme „aus fachlichen Gründen“ nicht in Betracht. Denn die zu beauftragende Stelle für die Umsetzung der Landarztquote müsse „grundsätzlich objektiv und neutral“ sein – inklusive bei der möglichen Vollstreckung einer Vertragsstrafe. Das vertrage sich aber nicht mit der zentralen Rolle, die die KVBW bei der Zulassung und Abrechnung von Kassenleistungen inne habe.
Für die FDP kommentierte deren gesundheitspolitischer Sprecher Jochen Haußmann die geplante gesetzliche Regelung kritisch. „Die Landarztquote löst keine Probleme, sondern ist reine Symbolpolitik“, erklärte Haußmann. Wer von jungen Menschen zu Beginn des Studiums eine Festlegung dazu verlange, wie ihr Leben in 12 bis 15 Jahren aussehe, „verkennt die Lebenswirklichkeit“.
Der Streit um die Quote hat die grün-schwarze Koalition monatelang beschäftigt. Die CDU votiert stark für dieses Instrument. Die Grünen hingegen bevorzugen den sogenannten Landarzttrack, bei dem sich Studierende noch im Laufe des Studiums auf die Allgemeinmedizin fokussieren.
Wie bei Studierenden die Lust an der Allgemeinmedizin geweckt werden soll