Gesetzentwurf in Baden-Württemberg

Landarztquote: Wer aussteigt, zahlt 250.000 Euro

Die Landesregierung in Baden-Württemberg konkretisiert ihren Plan für die Landarztquote. Per Gesetz werden das Auswahlverfahren und die Vertragsstrafe festgelegt. Die FDP hält die Quote für „Symbolpolitik“.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Blick in den Hörsaal: Die Landesregierung Baden-Württemberg bringt die Landarztquote für 75 Medizinstudienplätze auf den Weg.

Blick in den Hörsaal: Die Landesregierung Baden-Württemberg bringt die Landarztquote für 75 Medizinstudienplätze auf den Weg.

© Waltraud Grubitzsch / dpa

Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg will 75 Medizinstudienplätze schaffen, die mit einer Landarztquote verknüpft sind. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Landeskabinett am kommenden Dienstag verabschieden will. Laut der Kabinettsvorlage, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegt, müssen Studierende eine Vertragsstrafe von 250.000 Euro zahlen, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.

Sie müssen sich dem Land gegenüber verpflichten, „unverzüglich“ nach dem Studienschluss mit einer Weiterbildung in der Allgemeinmedizin oder in einem anderen Gebiet beginnen, das zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung berechtigt. Ebenfalls unverzüglich müssen sie nach der Weiterbildung mindestens zehn Jahre in einem Zulassungsbezirk arbeiten, der von Unterversorgung bedroht ist oder wo diese bereits eintreten ist. Nach dem aktuellen Stand der Bedarfsplanung sind im Südwesten von 103 bereits 47 Planungsbereiche weniger als 100 Prozent versorgt, heißt es in der Gesetzesbegründung.

„Ausgeprägtes Gefälle“ in der hausärztlichen Versorgung

Mittlerweile sei ein „ausgeprägtes Gefälle zwischen den Ballungsräumen und ländlichen Gebieten mit weiteren Wegen zur nächsten hausärztlichen (...) Praxis zu erkennen“. Aufgrund des hohen Altersdurchschnitts wird sich diese Entwicklung verschärfen. Die KV Baden-Württemberg geht davon aus, dass in den kommenden fünf Jahren 1600 Hausärzte in Ruhestand gehen und 1000 bis 1200 junge Mediziner nachrücken werden.

Binnen fünf Jahren könnte sich somit eine Lücke von 400 bis 600 Hausärzten auftun – zwischen 5,6 und 8,4 Prozent der Arztsitze können dann möglicherweise nicht mehr nachbesetzt werden, heißt es in der Kabinettsvorlage.

Zweistufiges Zulassungsverfahren für die 75 Studienplätze

Das spezielle Zulassungsverfahren für die 75 Studienplätze beginnt erstmals zum Wintersemester 2021/22. Vorgesehen ist ein zweistufiges Auswahlverfahren. Bei der ersten Stufe wird eine Rangfolge der Bewerber anhand dieser vier Kriterien gebildet: Ergebnis des Studieneignungstests, Berufsausbildung und Berufstätigkeit in einem Gesundheitsberuf, die über die fachspezifische Eignung Auskunft geben sowie eine mindestens einjährige Tätigkeit nach dem Bundes- oder Jugendfreiwilligengesetz oder eine mindestens zweijährige ehrenamtliche Tätigkeit.

Bei der zweiten Stufe finden Auswahlgespräche statt, wobei doppelt so viele Bewerber eingeladen werden sollen wie Studienplätze im Rahmen der Vorabquote zu besetzen sind. Die Bewertung der Auswahlkriterien soll nach einem Punktesystem erfolgen, dessen Einzelheiten in einer Rechtsverordnung geregelt werden sollen.

Empfohlen wird, das Regierungspräsidium Stuttgart mit der Aufgabe zu betrauen, das Bewerbungs- und Auswahlverfahren landesweit umzusetzen. Dort seien schon bisher Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausbildung, Approbation und Berufsanerkennung in den Gesundheitsberufen angesiedelt, heißt es zur Begründung.

FDP: Quote ist „reine Symbolpolitik“

Eine Beauftragung der KV Baden-Württemberg komme „aus fachlichen Gründen“ nicht in Betracht. Denn die zu beauftragende Stelle für die Umsetzung der Landarztquote müsse „grundsätzlich objektiv und neutral“ sein – inklusive bei der möglichen Vollstreckung einer Vertragsstrafe. Das vertrage sich aber nicht mit der zentralen Rolle, die die KVBW bei der Zulassung und Abrechnung von Kassenleistungen inne habe.

Für die FDP kommentierte deren gesundheitspolitischer Sprecher Jochen Haußmann die geplante gesetzliche Regelung kritisch. „Die Landarztquote löst keine Probleme, sondern ist reine Symbolpolitik“, erklärte Haußmann. Wer von jungen Menschen zu Beginn des Studiums eine Festlegung dazu verlange, wie ihr Leben in 12 bis 15 Jahren aussehe, „verkennt die Lebenswirklichkeit“.

Der Streit um die Quote hat die grün-schwarze Koalition monatelang beschäftigt. Die CDU votiert stark für dieses Instrument. Die Grünen hingegen bevorzugen den sogenannten Landarzttrack, bei dem sich Studierende noch im Laufe des Studiums auf die Allgemeinmedizin fokussieren.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Nachfolge besiegelt? Ist die Praxis gut in Schuss und die Lage akzeptabel, dann kann der Erlös ein schönes zusätzliches Einkommen fürs Alter bringen.

© Robert Kneschke / stock.adobe.com

Deutsche Apotheker- und Ärztebank

Praxisabgabe: Nicht so schwer, wie gedacht

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: apoBank
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tag der Privatmedizin

GOÄneu: Reuther und Reinhardt demonstrieren Geschlossenheit

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!