Corona-Kurs

Lauterbach zum Infektionsschutzgesetz: „Das ist nicht in Stein gemeißelt“

Gesundheitsminister Lauterbach geht kommende Woche in die Feinabstimmung der Novelle des Infektionsschutzgesetzes mit den Ländern. Das Echo aus Bayern fällt harsch aus.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht: | aktualisiert:
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Pressekonferenz am Freitag in Berlin. Im Hintergrund: Professor Leif Erik Sander, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach bei der Pressekonferenz am Freitag in Berlin. Im Hintergrund: Professor Leif Erik Sander, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach will die Novelle des Infektionsschutzgesetzes mit hohem Tempo vorantreiben. Am 24. August würden die Änderungen im Bundeskabinett beschlossen, sagte Lauterbach am Freitag in Berlin. Ab 6. September könnte die Novelle dann im Bundestag beraten werden.

In der Coronavirus-Pandemie zeichne sich eine „günstige Entwicklung“ ab: die Sommerwelle ebbe ab, die Sterblichkeit gehe zurück. „Das ist ein Grund zur Freude, aber kein Grund zur Entwarnung“, so der Minister. Kommende Woche werde er die geplante Novelle mit den Staatskanzleien der Länder beraten, kündigte Lauterbach an.

Anfang August hatte der Ressortchef zusammen mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Entwurf für ein verändertes Infektionsschutzgesetz vorgestellt. Danach soll es bundeseinheitliche Vorgaben geben, wie eine Maskenpflicht im Flugzeug oder in der Bahn sowie eine Masken- und Testnachweispflicht beim Besuch in Krankenhäusern und Pflegeheimen.

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„Ich würde mich freuen, wenn ich mich irre“

Die Länder sollen demnach die Möglichkeit erhalten, weitere Vorgaben zu erlassen, wie beispielsweise eine Maskenpflicht in Restaurants oder im Theater. Davon befreit sein sollen Personen, die einen Testnachweis vorlegen oder deren letzte Impfung nicht länger als drei Monate zurückliegt. „Das ist alles nicht in Stein gemeißelt“, sagte Lauterbach zum Gesetzentwurf.

Er glaube aber, „dass die Länder dies alles machen werden“, sagte der Minister mit Blick auf die möglichen strengeren Regelungsoptionen auf Länderebene. Er gehe davon aus, dass sich die Corona-Lage bis Anfang Oktober wieder verschärfen wird. „Ich würde mich freuen, wenn ich mich irre“, so Lauterbach.

Eine Vorgabe fester Grenzwerte, ab denen strengere Corona-Regeln greifen, hält der Minister nach eigenen Angaben nicht für rechtssicher. Entsprechende Forderungen hatte zuvor der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erhoben. Sich bei einer hohen Dunkelziffer auf Fallzahlen zu stützen, sei keine valide Strategie. Besser sei ein Vorgehen, bei dem die „Gesamtstruktur der Gefährdung“ in den Blick genommen werde, so Lauterbach.

Der so angegriffene bayerische Gesundheitsminister reagierte am Freitag vergrätzt: Lauterbach habe deutlich gemacht, dass er nicht offen sei für die Vorschläge der Länder. Das zeige sich zum Beispiel daran, dass er die fachliche Kritik an der vorgesehenen Ausnahme von der Maskenpflicht mit seinen alten Argumenten vom Tisch wische. „Das erinnert mich einmal mehr an eine Vorlesung und nicht an eine Debatte unter Politikern“, ätzte Holetschek. Er mahnte, die Länder benötigten „konkrete Leitplanken“, an denen sie ihre Politik ausrichten könnten. Lauterbach stehe dagegen immer mehr für das „Team Elfenbeinturm“.

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Gut vorbereitet in den Herbst gehen

Lauterbach indes verteidigte sein Vorgehen gegen Vorhaltungen, in anderen europäischen Ländern würden dagegen Corona-Maßnahmen systematisch zurückgefahren. Er trete dafür ein, besser vorbereitet in den Herbst zu gehen als in den vergangenen beiden Corona-Jahren. Deshalb müsse die Diskussion jetzt geführt werden, „auch wenn man sich damit nicht beliebt macht“, so der SPD-Politiker.

Gestützt wurde Lauterbachs Position durch die Einschätzungen von Professor Leif Erik Sander, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité. Die aktuelle BA.5-Variante sei nicht mit Erkältungsviren zu vergleichen. Zudem könne die Evolution des Corona-Virus nicht vorhergesagt werden: „Ich habe da schon viele Überraschungen in den vergangenen zwei Jahren erlebt“, so Sander.

Zwar sei es richtig, dass die relative Krankheitslast gemessen an der Gesamtzahl der Infektionen geringer sei als bei früheren Virus-Varianten. Falsch sei aber, „dass niemand mehr schwer krank wird“, so Sander.

Lauterbach ergänzte, die BA.5-Variante habe den Übergang in eine endemische Phase verhindert. Daher sei man immer noch in der Mitigation, also dem Versuch, die Ausbreitung der Pandemie zu begrenzen. So müsse unter anderem verhindert werden, dass viele vor allem junge Menschen nach einer Infektion mit Long-COVID-Einschränkungen zurückbleiben.

Obwohl aktuell in rund 30 größeren Studien Behandlungsstrategien für Long-COVID-Patienten erforscht würden, sehe es damit „zum jetzigen Zeitpunkt nicht gut aus“, befand Lauterbach.

STIKO – eine „großartige Einrichtung“

Gefragt nach seinem Verhältnis zur Ständigen Impfkommission, beschrieb Lauterbach das Gremium als „großartige Einrichtung“, die große Autorität bei Ärzten genieße. Dies gelte es „zu schützen und nicht zu beschädigen“. Er verwies auf die im Juli einvernehmlich mit der STIKO vereinbarte Pandemie-Arbeitsgruppe (PAIKO-AG).

Für diese neue Arbeitsgruppe innerhalb der STIKO würden auch externe Experten rekrutiert. Aufgabe der PAIKO soll es sein, bei den Beratungen zu einer neuen Impfempfehlung eine kontinuierliche Kommunikation mit dem BMG zu gewährleisten. „Die gute Zusammenarbeit wird noch besser werden“, resümierte Lauterbach.

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