MDK-Statistik

Leichter Anstieg bei Behandlungsfehlern

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat 2019 drei Prozent mehr Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt als im Vorjahr. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:
Behandlungsfehler

Behandlungsfehler

© Zerbor / stock.adobe.com

Berlin. Die Zahl der vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) verfassten Gutachten zu Behandlungsfehlern ist im Vergleich zum Vorjahr leicht um drei Prozent gestiegen. Wurden 2019 vom MDK insgesamt 14 .533 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Fehlern verfasst, waren es ein Jahr zuvor 14 .133.

Das geht aus der aktuellen Statistik des MDK hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

In jedem vierten Fall (3688) erkannten die MDK-Gutachter einen Behandlungsfehler an (siehe nachfolgende Grafik). 2018 lag diese Zahl bei 3500. In jedem fünften Fall (2593) wurde bestätigt, dass der Fehler auch zu dem angezeigten Schaden geführt hat.

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Ein Drittel der gemeldeten vermuteten Fehler beziehen sich auf ambulante Behandlungen, zwei Drittel auf Krankenhausaufenthalte. Die Häufigkeit der festgestellten Fehler unterscheidet sich dabei kaum zwischen den Arztpraxen und den Kliniken.

Immer noch vermeidbare Fehler

Die meisten Fehler werden nach wie vor aus den operativen Fächern Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinchirurgie gemeldet. „Daraus sind aber keine Rückschlüsse auf die Sicherheit in den jeweiligen Bereichen möglich. Es ist vielmehr so, dass Patienten in diesen Fächern mögliche Fehler leichter erkennen können als in anderen“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), bei der Vorstellung des Berichts.

Insgesamt ist die Zahl der Begutachtungen in den vergangenen zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen. Das führt der Medizinische Dienst unter anderem auf das Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes im Jahr 2013 zurück. So stieg die Zahl der Begutachtungen allein zwischen 2012 und 2013 um 17 Prozent.

In den darauffolgenden Jahren habe sich ein Plateau mit nur geringfügigen Änderungen gebildet. Zwischen 2016 und 2017 ging die Zahl der Gutachten sogar wieder um 10,4 Prozent zurück. Seitdem zeigt die Tendenz wieder nach oben.

Orthopädie: 15,2 Prozent mehr als Kunstfehler anerkannt

In einzelnen Bereichen hat es im vergangenen Jahr völlig unterschiedliche Entwicklungen gegeben. So wurden in der Viszeralchirurgie 14,8 Prozent mehr Fälle registriert. In der Orthopädie wurden 7,3 Prozent mehr Fälle gemeldet und 15,2 Prozent mehr als im Vorjahr als Behandlungsfehler anerkannt.

In der Inneren Medizin gab es dagegen 17,6 Prozent weniger Fälle und einen Rückgang von 13,5 Prozent bei den festgestellten Fehlern. Laut Medizinischem Dienst können für diese Entwicklungen zahlreiche unsystematische und zufällige Einflussfaktoren vorliegen.

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Kaum zu verstehen ist, dass es in Deutschland immer noch recht häufig zu vermeidbaren unerwünschten und schwerwiegenden Vorfällen, sogenannten Never Events, kommt.

So zogen sich im vergangenen Jahr 53 Patienten bei einem stationären Aufenthalt einen schweren Dekubitus zu, 22-mal wurden Fremdkörper nach einer Op im Patienten zurückgelassen, 16-mal wurde eine Op oder eine medizinische Maßnahme am falschen Körperteil vorgenommen, neunmal eine falsche Op oder Maßnahme durchgeführt, achtmal ein Medikationsfehler von den Gutachtern festgestellt. Diese Fehler wären mithilfe von Checklisten eigentlich vermeidbar.

Dringend mehr Daten benötigt

„In der Regel sind Fehler und Fehler mit Schadensereignissen Folge von systemisch-organisatorischen Defiziten, die diese verursachen oder zumindest zulassen. Sehr selten liegen diese Fehler an mangelnder medizinischer Fachlichkeit“, sagt Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende im Aktionsbündnis Patientensicherheit.

Es werde davon ausgegangen, dass es bei etwa zwei bis vier Prozent der Klinikaufenthalte zu unerwünschten Ereignissen komme, die vermeidbar gewesen wären – immerhin zwischen einer halben und einer Million Fälle pro Jahr, so Hecker.

Das seien nur Schätzungen und keine eindeutig dokumentierten Daten – „zu unserem Bedauern schon gar keine dazu, ob dank unserer aller Anstrengungen die Fälle rückläufig sind oder ob sie sogar aufgrund der wachsenden Komplexität im Gesundheitswesen zunehmen“, kritisiert Hecker.

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Kommentare
Astrid Preiß 29.06.202014:33 Uhr

Verstehe ich das richtig, dass der MDK in 3/4 der von ihm beanstandeten Behandlungsfehler letztlich falsch lag?
Könnte man nicht im Zuge dessen, dass wir doch immer alle angehalten sind, wirtschaftlich zu arbeiten, auch vom MDK erwarten, dass er qualitativ hochwertige Arbeit abliefert und nicht in 3/4 seiner Arbeit Fehler? Das Geld, das dabei drauf geht, könnte woanders wirklich sinnvoll eingesetzt werden!

Dr. Karlheinz Bayer 26.06.202019:16 Uhr

In der Pressemitteilung heißt es
"Spezielle Gutachterteams des MDK prüfen Vorwürfe von Behandlungsfehlern im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen. Die Gutachterinnen und Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard und in aller Sorgfalt abgelaufen ist."
Ich habe noch nie von solchen Gutachter"teams" gehört.
Sollte es tatsächlich diese Teams geben, müßte man deren Zusammensetzung genauer betrachten.

Die MDK-Gutachten, von denen ich weiß, beziehen sich auf die Pflegeeinstufung.
Das sind keine Teamarbeiten, sondern Begutachtungen durch Einzelpersonen, die im übrigen ebenso Fehler aufweisen dürften wie das bei anderen medizinischen Beurteilungen - etwa durch uns Hausärzte - der Fall ist.
Auch Anträge einer Krankenkasse zur Prüfung eines Verdachts eines Behandlungsfehlers treffen bei einem Arzt des MDK ein, der dann wohl meist nach Aktenlage und - soweit mir bekannt - in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt (Schweifepflichtentbindung und Zurverfügungstellung der Daten) statfindet.

Die Presseerklärung wurde auch nicht vom MDK herausgegeben, sondern vom MDS, dem medizinischen Dienst des Spitzenverbands (!) Bund der Krankenkassen. Ist diese Unterscheidung wichtig? Ich denke ja.

Die Alternative zu einem MDK-Gutachten ist schließlich die Schlichtungsstelle der Ärztekammern. Und die juristisch wohl sinnvollste Lösung ist die, ein Schadenersatzgutachten vor einem Gericht zu bekommen. Käme jemand auf die Idee, nicht den zuständigen Kammeranwalt der Bezirksärztekammer das Verfahren zu übergeben, sondern dem Rechtsberater der Bundesärztekammer, also dem Spitzenverband der Landesärztekammern? Kaum.

Klar ist sicher, es gab und es gibt Behandlungsfehler, die wird es auch zukünftig geben, und es ist notwendig, dass sich Ärzte und Patienten so einigen, dass beiden Gerechtigkeit entgegengebracht wird. Es ist aber nicht Sinn der Sache, Pressemitteilungen von Spitzenverbänden mit dem Titel "Anstieg bei Behandlungsfehlern" zu lancieren.

Dr. Peter Schimmelpfennig 26.06.202009:50 Uhr

Es macht Sinn über die Arbeit des MDK zu diskutieren. Offensichtlich wird in 3/4 der Fälle ein Gutachten erstellt, welches unnötige Prozesse und Kosten produziert, da ja ein Behandlungsfehler dann nicht vorliegt.
Könnte hier eine gewisse Nähe zu Krankenkassen eine Rolle spielen, in deren Interesse die Feststellung eines Behandlungsfehlers ja liegt, um Kosten auf Haftpflichtversicherungen zu verlagern?
Patienten machen sich unnötig Hoffnungen, Ärzte sind unnötig mit Klagen beschäftigt, Gerichtskapazität wird unnötig belegt. Für mich ein revisionswürdiger Ablauf mit Potential zum Einsparen von unnötigen Kosten.

Dr. Mathias May 25.06.202021:37 Uhr

Als forensisch seit Jahrzehnten tätiger Fachanwalt für Medizinrecht habe ich leider oftmals die Feststellung machen müssen, dass MDK-Gutachten den medizinischen Sachverhalt nicht tief genug durchdringen und nicht immer taugliche Hilfestellung zur Durchsetzung berechtigter Ansprüche aus haftungsbegründenden Behandlungsfehlern sein können: oftmals stehen im Prozess erstellte Gutachten der Gerichtssachverständigen solchen MDK-Gutachten diametral gegenüber - es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass MDK-Gutachten im Interesse der Patienten mit noch größerer Sorgfalt und wissenschaftlichen Ansprüchen genügend erstellt werden

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