MDK-Statistik
Leichter Anstieg bei Behandlungsfehlern
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat 2019 drei Prozent mehr Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt als im Vorjahr. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt.
Veröffentlicht:
Behandlungsfehler
© Zerbor / stock.adobe.com
Berlin. Die Zahl der vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) verfassten Gutachten zu Behandlungsfehlern ist im Vergleich zum Vorjahr leicht um drei Prozent gestiegen. Wurden 2019 vom MDK insgesamt 14 .533 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Fehlern verfasst, waren es ein Jahr zuvor 14 .133.
Das geht aus der aktuellen Statistik des MDK hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.
In jedem vierten Fall (3688) erkannten die MDK-Gutachter einen Behandlungsfehler an (siehe nachfolgende Grafik). 2018 lag diese Zahl bei 3500. In jedem fünften Fall (2593) wurde bestätigt, dass der Fehler auch zu dem angezeigten Schaden geführt hat.
Ein Drittel der gemeldeten vermuteten Fehler beziehen sich auf ambulante Behandlungen, zwei Drittel auf Krankenhausaufenthalte. Die Häufigkeit der festgestellten Fehler unterscheidet sich dabei kaum zwischen den Arztpraxen und den Kliniken.
Immer noch vermeidbare Fehler
Die meisten Fehler werden nach wie vor aus den operativen Fächern Orthopädie, Unfallchirurgie und Allgemeinchirurgie gemeldet. „Daraus sind aber keine Rückschlüsse auf die Sicherheit in den jeweiligen Bereichen möglich. Es ist vielmehr so, dass Patienten in diesen Fächern mögliche Fehler leichter erkennen können als in anderen“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), bei der Vorstellung des Berichts.
Insgesamt ist die Zahl der Begutachtungen in den vergangenen zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen. Das führt der Medizinische Dienst unter anderem auf das Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes im Jahr 2013 zurück. So stieg die Zahl der Begutachtungen allein zwischen 2012 und 2013 um 17 Prozent.
In den darauffolgenden Jahren habe sich ein Plateau mit nur geringfügigen Änderungen gebildet. Zwischen 2016 und 2017 ging die Zahl der Gutachten sogar wieder um 10,4 Prozent zurück. Seitdem zeigt die Tendenz wieder nach oben.
Orthopädie: 15,2 Prozent mehr als Kunstfehler anerkannt
In einzelnen Bereichen hat es im vergangenen Jahr völlig unterschiedliche Entwicklungen gegeben. So wurden in der Viszeralchirurgie 14,8 Prozent mehr Fälle registriert. In der Orthopädie wurden 7,3 Prozent mehr Fälle gemeldet und 15,2 Prozent mehr als im Vorjahr als Behandlungsfehler anerkannt.
In der Inneren Medizin gab es dagegen 17,6 Prozent weniger Fälle und einen Rückgang von 13,5 Prozent bei den festgestellten Fehlern. Laut Medizinischem Dienst können für diese Entwicklungen zahlreiche unsystematische und zufällige Einflussfaktoren vorliegen.
Kaum zu verstehen ist, dass es in Deutschland immer noch recht häufig zu vermeidbaren unerwünschten und schwerwiegenden Vorfällen, sogenannten Never Events, kommt.
So zogen sich im vergangenen Jahr 53 Patienten bei einem stationären Aufenthalt einen schweren Dekubitus zu, 22-mal wurden Fremdkörper nach einer Op im Patienten zurückgelassen, 16-mal wurde eine Op oder eine medizinische Maßnahme am falschen Körperteil vorgenommen, neunmal eine falsche Op oder Maßnahme durchgeführt, achtmal ein Medikationsfehler von den Gutachtern festgestellt. Diese Fehler wären mithilfe von Checklisten eigentlich vermeidbar.
Dringend mehr Daten benötigt
„In der Regel sind Fehler und Fehler mit Schadensereignissen Folge von systemisch-organisatorischen Defiziten, die diese verursachen oder zumindest zulassen. Sehr selten liegen diese Fehler an mangelnder medizinischer Fachlichkeit“, sagt Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende im Aktionsbündnis Patientensicherheit.
Es werde davon ausgegangen, dass es bei etwa zwei bis vier Prozent der Klinikaufenthalte zu unerwünschten Ereignissen komme, die vermeidbar gewesen wären – immerhin zwischen einer halben und einer Million Fälle pro Jahr, so Hecker.
Das seien nur Schätzungen und keine eindeutig dokumentierten Daten – „zu unserem Bedauern schon gar keine dazu, ob dank unserer aller Anstrengungen die Fälle rückläufig sind oder ob sie sogar aufgrund der wachsenden Komplexität im Gesundheitswesen zunehmen“, kritisiert Hecker.