Kammerwahl im Saarland
Mischo hofft auf Wiederwahl
Selbst ehemalige Gegner attestieren Saarlands Kammerchef Josef Mischo, einen guten Job gemacht zu haben. Bis zum 14. Mai können 7000 Ärzte die neue Kammerversammlung wählen. Es wird wieder eine bunte Truppe werden.
Veröffentlicht:SAARBRÜCKEN. Im Saarland sind knapp 7000 Mediziner und Zahnmediziner bis zum 14. Mai aufgerufen, ein neues Ärztekammer-Parlament zu wählen.
Nach turbulenten Jahren mit Kampfabstimmungen, Betrugsvorwürfen und einem Präsidenten-Rücktritt ist an der Saar Ruhe eingekehrt.
Dafür gesorgt hat der Klinik-Chefarzt Dr. Josef Mischo. Seit 2010 steht er als erster "Kliniker" an der Spitze der saarländischen Ärztekammer.
Sein Vorgänger, Dr. Franz Gadomski, war Ende 2009 wegen einer Affäre um Falschabrechnungen zurückgetreten. Bei der Neuwahl setzte sich Mischo in einer Kampfabstimmung gegen die Spitzenkandidaten von Haus- und Fachärzten an der Saar durch.
Die Mehrheit sehnte sich nach einem versöhnlichen "Präsidenten der leisen Töne" - und Mischo versprach seinen Kollegen auch den erhofften neuen Führungsstil an der Saar.
Lob auch von der Konkurrenz
Für seine Arbeit bekommt der 60-Jährige, der Chirurgie-Chefarzt und Ärztlicher Direktor des Kreiskrankenhauses St. Ingbert bei Saarbrücken ist, viel Lob - auch von der Konkurrenz. "Wir sind froh, dass wir ihn haben", sagt der Sprecher der Liste der Freien Ärzte in der Vertreterversammlung, Dr. Thomas Kajdi.
Und der Spitzenkandidat der Hausarztliste, Dr. Eckart Rolshoven, der 2010 noch gegen Mischo angetreten war, kündigt schon an: "Ich werde nicht gegen Mischo kandidieren. Er hat das gut gemacht und auch andere Interessen berücksichtigt".
Soweit will der Vorsitzende des Facharztforums, Dr. Dirk Jesinghaus - der 2010 auch Kammer-Präsident werden wollte - noch nicht gehen. "Man muss erst das Wahlergebnis abwarten", meint der Kardiologe. Doch auch er hat wenig an Mischos Arbeit auszusetzen.
Kammer-Präsident Mischo setzt im Vorstand auf Transparenz und Informationsaustausch. Der Ärztebasis hat er vergangenes Jahr eine Beitragssenkung um zehn Prozent beschert.
Die lange umstrittene 20 Millionen Euro teure Modernisierung des "Hauses der Ärzte" in Saarbrücken, das dem ärztlichen Versorgungswerk gehört, ging reibungslos über die Bühne. Nächsten Monat wird zur feierlichen Wiedereröffnung eingeladen.
Und beim Versorgungswerk hat Mischo mit den von den Kritikern eingeforderten Reformen begonnen. So soll der Kammer-Präsident künftig nicht mehr qua Amt automatisch Vorsitzender des Verwaltungsausschusses im Versorgungswerk sein.
Mischos Liste nur fünftstärkste Kraft
Jetzt hat Mischo angekündigt, dass er erneut für das Präsidentenamt kandidieren will. "Ich würde gern weitermachen, wenn die Vertreterversammlung das will", sagte er der "Ärzte Zeitung".
Dafür braucht er allerdings die Unterstützung anderer Listen. Seine "Unabhängige Liste der saarländischen Krankenhausärzte und angestellten Ärzte", war bei der Wahl 2009 mit 12,3 Prozent nur fünftstärkste Kraft geworden.
Stärkste Fraktion ist seitdem mit 18,3 Prozent der Marburger Bund (MB). Die MB-Kandidaten hatten bei den anschließenden Vorstandswahlen aber gleich mehrere Abstimmungs-Niederlagen hinnehmen müssen und sind derzeit nur noch mit einer Beisitzerin im Vorstand vertreten.
Das jahrzehntelang dominierende Facharztlager im Saarland ist weiter gespalten. Weil das Facharztforum 2009 den damaligen Kammer-Präsidenten Gadomski nicht noch mal als Spitzenkandidaten aufgestellt hat, hatte der seine eigene "Gemeinschaftsliste" gegründet und auf Anhieb mehr als elf Prozent errungen.
Gadomski ist mittlerweile nicht mehr dabei. Doch die Liste gibt es weiter. An der Spitze steht nun die Kinderärztin und Vorsitzende des 1400 Mitglieder starken saarländischen Ärzteverbandes, Dr. Sigrid Bitsch.
Schwierige Mehrheitsbildung
Ein Wort mitreden bei der nächsten Vorstandswahl dürften auch die Hausarztliste und die Liste der "Freien Ärzte", die bei der letzten Wahl 15,3 Prozent und 14,4 Prozent der Stimmen errungen haben. Doch die Zersplitterung im Ärztelager macht die Mehrheitsbildung nach wie vor schwierig.
Auch dieses Mal treten wieder mehrere kleinere Listen wie der Hartmannbund, die "Altärzte", die "Ärztlichen Methodenfächer" und die "Integrationsliste Saar" an. Für die absolute Mehrheit wäre nach der bisherigen Sitzverteilung daher mindestens die Unterstützung aus drei Gruppen nötig.
Eine wichtige Rolle bei der Mehrheitsfindung dürften daher wieder die 16 Zahnärzte in der Vertreterversammlung spielen. Denn bundesweit einmalig haben Ärzte und Zahnärzte an der Saar seit Jahrzehnten eine gemeinsame Ärztekammer.
Dabei genießen die Zahnärzte ein Privileg: Sie erhalten für etwa 50 Kammer-Mitglieder einen Sitz in der Vertreterversammlung, bei den Ärzten sind es etwa 100.
Trotzdem will die Mehrheit der Ärzte an der gemeinsamen Kammer nicht rütteln. "Das ist überhaupt kein Problem", sagt Präsident Mischo.
Facharztforum-Chef Jesinghaus spricht von "jahrzehntelanger Tradition", die sich bewährt habe. Und manch ein Arzt meint angesichts der Bedeutung der Kammer für die Altersversorgung: "Die Zahnärzte können einfach gut mit Geld umgehen".
Saarland: kleines Land, viele Listen
Bundesweit einmalig haben Ärzte und Zahnärzte im Saarland eine gemeinsame Kammer. 6035 Ärzte und 831 Zahnärzte sind aufgerufen, eine neue Vertreterversammlung zu wählen. Die Zahnärzte stellen in der künftigen Versammlung wie bisher 16 Vertreter, die Zahl der Mandate für die Ärzte steigt von 55 auf 60.
Um die 60 ärztlichen Sitze bewerben sich die gleichen zehn Listen wie bei der Wahl 2009 - nur der Hartmannbund tritt dieses Mal allein und nicht mehr gemeinsam mit dem NAV-Virchow-Bund an.
Die Stimmen können bis zum 14. Mai abgegeben werden. Ausgezählt wird am 20. Mai. Die konstituierende Sitzung, auf der voraussichtlich der neue Kammer-Vorstand gewählt wird, ist für den 25. Juni angesetzt. (kin)