Aktuelle WIP-Arznei-Analyse

PKV: Mehr als jede zweite verordnete Arznei ein Originalpräparat

Analyse des PKV-Instituts zeigt: Die privaten Versicherer verzeichneten 2018 den höchsten Zuwachs bei den Arzneiausgaben der letzten zehn Jahre. Ein Grund: Der hohe Anteil an Originalpräparaten.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Bei Privatversicherten haben Ärzte mehr Verordnungsspielraum.

Bei Privatversicherten haben Ärzte mehr Verordnungsspielraum.

© Henrik Dolle / stock.adobe.com

Köln. Bei Privatpatienten waren im Jahr 2018 mit 57,9 Prozent mehr als die Hälfte der verordneten Arzneimittel Originalpräparate. Zum Vergleich: In der gesetzlichen Krankenversicherung betrug der Anteil lediglich 12,6 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP).

Danach sind die Unterschiede in vielen Segmenten groß: Der Generikaanteil lag bei 41,2 Prozent in der PKV und bei 80,5 Prozent in der GKV. Die Privatversicherten erhalten fast sechsmal so viele generikafähigen Altoriginale (29,9 Prozent) wie GKV-Versicherte (5,0 Prozent). Das Verhältnis bei patentgeschützten Nicht-Biologika ist 24,2 Prozent versus 5,3 Prozent und bei patentgeschützten Biologika 2,8 Prozent versus 1,3 Prozent.

Beleg für „Innovationsmotor“ PKV?

Die Wissenschaftler verweisen darauf, dass die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in GKV und PKV eine wesentliche Rolle spielen. An erster Stelle sehen sie dabei die Aut-Idem-Regelungen und Rabattverträge.

„Der Warenkorb der PKV unterstützt damit die forschenden Arzneimittelhersteller überproportional stark und trägt seinen Teil dazu bei, dass der Pharmastandort Deutschland auch weiterhin seine Attraktivität behält“, bewerten Sonja Hagemeister, Dr. Christian Jacke und Dr. Frank Wild die Ergebnisse. Sie sehen in den Zahlen einen erneuten Beleg für die PKV als „Innovationsmotor“.

Das WIP untersucht seit 2008 regelmäßig die Arzneimittelversorgung der Privatversicherten und vergleicht sie mit der für die gesetzlich Versicherten. Die aktuelle Untersuchung bezieht sich auf das Jahr 2018. Basis sind die Daten aus dem Zahlenbericht der PKV und von 17 Unternehmen, die 85,6 Prozent der Privatversicherten repräsentieren. Die Verordnungsdaten für die GKV stammen aus dem Arzneiverordnungsreport 2019 und von Insight Health. Am Montag erscheint die Untersuchung erstmals in Buchform.

Arzneiausgaben legen um fast sieben Prozent zu

Im Jahr 2018 sind die ambulanten Arzneimittelausgaben der Versicherer um 6,9 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro gestiegen „Das ist der höchste Zuwachs der letzten zehn Jahre.“ Dieser Betrag umfasst nicht die Ausgaben der Beihilfe und die Selbstbehalte der Versicherten.

Die genaue Betrachtung der einzelnen Marktsegmente bezieht auch diese Bereiche mit ein, erstreckt sich also auf die kompletten Arzneimittelausgaben der Privatversicherten. Danach haben sie 2018 insgesamt 2,2 Milliarden Euro für Nicht-Patentarzneimittel ausgegeben, ein Plus von 10,2 Prozent. Bei patentgeschützten Mitteln waren es 2,6 Milliarden Euro, 1,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Einen starken Zuwachs verzeichneten die neuen Präparate, die eine Nutzenbewertung nach dem AMNOG durchlaufen hatten. Hier stiegen die Kosten um 22,0 Prozent auf 888 Millionen Euro. Für den Zeitraum 2013 bis 2018 betrug die Steigerung stolze 205,9 Prozent. Vergleichszahlen für die GKV gibt es nicht.

Bedeutung der Biosimilars könnte auch in der PKV zunehmen

Nach Analysen des WIP legen die Umsätze für neue Medikamente im Privatsegment vor allem in den ersten beiden Jahren nach der Markteinführung deutlich stärker zu als in der GKV, danach gleicht sich die Entwicklung an. „Über alle Generationen neuer Medikamente (2012 – 2018) hinweg liegt der durchschnittliche Marktanteil nach vier Jahren bei 13,6 Prozent, was noch über dem PKV-Bevölkerungsanteil von 11 Prozent liegt“, heißt es in der Untersuchung.

Biologika seien von der Versorgungsrelevanz her zwar noch von untergeordneter Bedeutung, schreiben die Wissenschaftler. Bei den Kosten sieht das aber anders aus. „Aus Sicht der Rechnungsbeträge mit 22 Prozent der Gesamtausgaben wird aber auch für die PKVn klar, dass die Biosimilars in Zukunft eine zentrale Bedeutung einnehmen (werden)“, schreiben sie. Erst vor Kurzem hat der Marktführer Debeka einen Rabattvertrag zum Austausch von Biologika durch Biosimilars abgeschlossen.

Nach der Berechnung des WIP gaben Privatversicherte 2018 insgesamt 816 Millionen mehr für Arzneimittel aus, als wenn sie gesetzlich krankenversichert gewesen wären. „Trotz aller Unterschieden zwischen den beiden Kostenträgersystemen ergänzen sich PKV und GKV in ihren Funktionen und begründen zusammen einen attraktiven pharmazeutischen Markt“, betonen Hagemeister, Jacke und Wild.

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