Ampel-Maßnahmen

SPD: Impfpflicht für Ärzte und Pfleger wird Corona-Welle nicht brechen

Eine Impfpflicht für Pflegekräfte oder Ärzte kann nur ein Werkzeug im Kampf gegen Corona sein, heißt es aus den Ampel-Fraktionen. Ihr Gesetzespaket halten sie für ausreichend, um die vierte Welle zu brechen.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Impfpflicht für Gesundheitsberuf

Eine Ärztin lässt sich gegen COVID-19 impfen. Beim Thema Impfpflicht für Gesundheitsberufe herrscht weiter eine heillose Kakophonie.

© Marijan Murat / picture alliance

Berlin. Vertreter der Ampel-Parteien haben davor gewarnt, im Kampf gegen Corona zu sehr auf eine Impfpflicht für Berufsgruppen wie Ärzte oder Pfleger zu setzen. „Das Brechen der vierten Welle hängt nicht davon ab, ob und wann eine solche Impfpflicht kommt“, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar am Mittwoch.

Sie persönlich befürworte zwar eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, so Dittmar. Sich darauf zu verlassen, dass dadurch die hohen Inzidenzen rasch sinken würden, sei aber „makaber“. Es brauche ein ganzes Bündel an Maßnahmen.

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Debatte mit Placebo-Effekt

Die Grünen-Rechtsexpertin Manuela Rottmann sprach mit Blick auf die Debatte über eine Impfpflicht in Gesundheitseinrichtungen von einer „Placebo-Rolle“. Es wäre „katastrophal“, den Kampf gegen die Pandemie darauf zu verengen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, sagte, eine Impfpflicht bringe „erhebliche Grundrechtseingriffe“ mit sich.

Die Ampel stelle sich der Debatte aber. Einen Schnellschuss könne es nicht geben. Angesichts steigender Inzidenzen wird derzeit über eine Corona-Impfpflicht für Berufsgruppen wie Pfleger, MFA oder Ärzte diskutiert. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erklärte, sie habe eine Impfpflicht bisher immer abgelehnt.

Der allergrößte Teil der niedergelassenen Ärzte sowie ihrer Teams sei vollständig geimpft. „Eine Verpflichtung ist hier eigentlich nicht notwendig“, sagte Vorstandschef Dr. Andreas Gassen, der „Ärzte Zeitung“ am Mittwoch.

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Gassen: Womöglich festlegende Maßnahmen nötig

Allerdings halte er es für schwierig, „wenn sich Mitarbeitende in Gesundheitsberufen, die im direkten Kontakt mit schwerkranken sowie hochbetagten Menschen stehen, immer noch nicht haben impfen lassen“.

Womöglich werde man in diesen Fällen „nicht um festlegende Maßnahmen drum herum kommen“, so Gassen. Ein erster Schritt könne sein, nur noch Mitarbeitende mit Impfnachweis im direkten Patientenkontakt zuzulassen.

Unterdessen einigten sich die mutmaßlichen Ampel-Koalitionäre auf letzte Schliffe an ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Das Gesetzespaket soll am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden. Am Freitag will die Länderkammer darüber entscheiden. Die Regierungschefs von Bund und Länder kommen ebenfalls am Donnerstag zusammen.

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Aschenberg-Dugnus: „Effektives Maßnahmenbündel“

Dittmar sprach von einem „sehr guten Maßnahmen-Paket“, das den Ländern zahlreiche Optionen im Kampf gegen die vierte Welle an die Hand gebe. Die Länder müssten die Maßnahmen aber auch nutzen.

„Wir haben ein effektives Maßnahmenbündel vorgelegt, mit dem sich Corona robust bekämpfen lässt“, sagte Aschenberg-Dugnus. Rottmann sagte, die Priorität liege jetzt auf offenen Schulen. Dafür müssten Erwachsene eine „größere Last tragen“.

SPD, Grüne und FDP hatten ihren Instrumentenkasten gegen Corona zuletzt nochmals deutlich aufgefüllt. Dazu zählen etwa bundesweite 3G-Regelungen am Arbeitsplatz oder im Nah- und Fernverkehr sowie bei innerdeutschen Flügen oder bei Flügen von Deutschland ins Ausland.

3G in Bussen, Zügen und Fliegern

Die Einhaltung der Regeln soll stichprobenartig kontrolliert, Verstöße mit Bußgeldern geahndet werden. Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder Personen mit ärztlichem Attest sind ausgenommen. Zudem soll es den Ländern möglich sein, die 2G-Plus-Regel anzuwenden.

Für Pflegeheime und Reha-Einrichtungen ist eine engmaschige Teststrategie geplant. Ungeimpfte Beschäftigte und Besucher müssen täglich einen Testnachweis erbringen. Geimpfte Beschäftigte müssen sich zweimal wöchentlich testen lassen. Testpflicht und Impfstatus von Beschäftigten sollen mit einem Monitoring ermittelt werden.

Keine flächendeckenden Schulschließungen mehr

Reingepackt ins Gesetzespaket haben die Ampel-Partner auch eine Länderöffnungsklausel. Demnach können die Länder weitere Maßnahmen auf den Weg bringen – allerdings nur eingeschränkt und mit Zustimmung des jeweiligen Landesparlaments.

Ausgangssperren, flächendeckende Schulschließungen oder das komplette Dichtmachen von Gastronomie oder Einzelhandel sind nicht möglich. Die Regelung soll bis einschließlich 19. März 2022 befristet sein.

Dagegen sollen allgemeine Schutzmaßnahmen wie etwa Abstandsgebote im öffentlichen Raum, die Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske, die Anordnung von Kontaktbeschränkungen oder die Verpflichtung zur Erstellung von Hygienekonzepten auch nach Ablauf des 19. März 2022 möglich sein.

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Kommentare
Dr. Klaus Günterberg 18.11.202117:52 Uhr

Impfpflicht? Nein, es geht um Arbeits- und Gesundheitsschutz

Eine Corona-Impfpflicht? Was Pflicht ist, das muss auch durchgesetzt werden - wie stellt man sich denn eine solche Pflicht vor?? Wer bspw. unter Alkohol ein Auto führt, der muss bei der Polizei erst pusten und bei jedem begründeten Verdacht dann zur Blutabnahme. Das ist seine gesetzliche Pflicht und diese Pflicht muss auch durchgesetzt werden. Wer die Blutabnahme verweigert, dem wird unter Zwang (durch die Polizei) Blut abgenommen. Wollen wir so eine Impfpflicht durchsetzen? Ich glaube, das will niemand. Spricht man von einer Pflicht, entsteht Abwehr.

Aber es geht doch eigentlich um die Impfung als Voraussetzung für bestimmte Tätigkeiten, wie es in vielen Bereichen schon lange bestimmte Voraussetzungen gibt. Da geht es
1. um den Arbeitsschutz, den Schutz des Berufstätigen. Beispiele dazu sind die Tetanus-Impfung für Berufe mit größerer Verletzungsgefahr, wie Rettungsdienste, Polizei oder Soldaten im Einsatz. Oder die Hepatitis-Impfungen für Tätigkeiten mit Blut oder mit menschlichen Ausscheidungen. Und dabei geht es
2. um die Folgen einer Infektion des Berufstätigen für andere Menschen. Beispiele dazu sind Menschen mit Lungen-TBC oder anderen ansteckenden Krankheiten, die nicht bei der Verarbeitung von Lebensmitteln oder in körpernahen Dienstleistungen arbeiten dürfen. Oder nehmen wir die Masern-Impfung der Pflegekräfte in Kindereinrichtungen.

Jede Verpflichtung erzeugt Abwehr. Darum sollte man die Worte in Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung besser wählen: WIR SOLLTEN NICHT VON EINER IMPFPFLICHT, WIR SOLLTEN VON EINEM IMPFSCHUTZ ALS vORAUSSETZUNG FÜR BESTIMMTE TÄTGKEITEN SPRECHEN.

Dr. Thomas Georg Schätzler 18.11.202111:34 Uhr

Impfpflicht für Ärzte und Pfleger ist eine klassische Ersatzhandlung...

und symptomatisch für eine derzeit führungslos-entscheidungsschwache Politik. Sie führt zu Stellvertreter-Aktionismus: Weil politische Entscheidungsträger, Meinungsbildner, Multiplikatoren und Mediatoren die angesichts ausufernder 7-Tage-Inzidenzen im Osten und Süden der Republik bzw. demnächst auch in Mainz, Köln und Düsseldorf heranrollende 4. CORONA-Welle nicht sehen und verhindern wollten, muss jetzt das gesamte Gesundheitspersonal für Pseudo-Zwangsimpfungen herhalten.

Und wo bleiben gesamtgesellschaftliche Gegenleistungen für staatlich verordnete Impfpflichten? Dürfen Karnevalisten und Fasching-Fans sich auf engstem Raum, ob nachprüfbar geimpft oder nicht, maskenlos in Massen zum Schunkeln treffen, wenn sie zugleich beim Edeka-, Rewe-, Lidl-, Aldi-Einkauf mit Masken Abstand halten müssen? Sollen Großveranstaltungen, Fußball-Events, Weihnachtsmärkte, rechtwidrige (Anti-)Coronademos von Querdenkern, Fundamentalisten und Verschwörungstheoretikern, ob mit oder ohne 2G+, weiter unkontrolliert stattfinden?

Während sich das Personal auf Intensivstationen aufbraucht, abarbeitet und verschlissen wird bis zum Gehtnichtmehr? Wenn niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, insbesondere als Haus- und Familienärzte sich weit über 50 Wochenstunden im Dauereinsatz befinden und ihre Familien daran zerbrechen?

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Gunthram Heidbreder 17.11.202119:35 Uhr

Die politische Diskussion über konsequente Maßnahmen gegen die Pandemie ist mir unerträglich. Natürlich ist nur ein breites Bündel von Maßnahmen in der Lage, die Infektionswelle zu brechen. Man muss sie aber auch ergreifen, jede einzelne und das Nichtstun damit entschuldigen, dass die einzelne Maßnahme nichts bringen würde. Wenn man darüber hinaus von vorne herein besonders einschneidene Beschränkungen ausschließt (Online-Unterricht, Lockdown), begibt sich wichtiger Handlungsmöglichkeiten und macht sich unglaubwürdig, wenn sie als ultima ratio doch erforderlich werden. Wer zum Beispiel Online-Unterricht ausschließt, muss sich fragen lassen, was er zum Schutz der Schülerinnen und Schüler unternommen hat,.Sind genügend Desinfektionsmittel und Handtücher vor Ort? Wo stehen die Luftfilteranlagen, die Aerosole abfangen? Die Politik hat trotz eindeutiger Mahnung aus der Wissenschaft versagt, die Zeiten niedriger Inzidenzen untätig verstreichen lassen, um nur ja keinen Wähler zu verprellen. Ich würde mir wünschen, man könnte die Verantwortlichen wegen fahrlässiger Körperverletzung und sogar Tötung vor Gericht stellen.

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