Großer Wahlprogramm-Check
Die Pläne der Parteien zur Gesundheitsversorgung von morgen
In ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl beziehen CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP, Linke und AfD auch Stellung zu gesundheitspolitischen Zukunftsfragen. In einem großen Wahl-Check hat die „Ärzte Zeitung“ die Positionen der Parteien in zwölf Kategorien analysiert.
Veröffentlicht:Berlin. Die Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag rücken näher. Zum ersten Mal seit 2005 steht Angela Merkel nicht zur Wahl. Insofern wird der 26. September auf jeden Fall eine spürbare Zäsur markieren: Die Richtlinien der Politik in der 20. Legislaturperiode der Bundesrepublik Deutschland wird eine andere Bundeskanzlerin, ein anderer Bundeskanzler vorgeben.
Der Wahlkampf nimmt allmählich Fahrt auf. Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Wähler die Gesundheitspolitik als eines der wichtigsten Handlungsfelder in der näheren Zukunft sehen. Deshalb hat die „Ärzte Zeitung“ die Gesundheitskapitel in den Wahlprogrammen der im Bundestag vertretenen Parteien unter die Lupe genommen.
AfD mit 205 Seiten – SPD mit 66
Die Wahlprogramme sind ganz unterschiedlich. Mit 205 Seiten das dickste Programm hat die Alternative für Deutschland (AfD) vorgelegt. Die SPD hat sich mit 66 Seiten am kürzesten gefasst. Aus der Masse lässt sich bekanntlich keine Aussage zur Qualität der politischen Forderungen zur Gesundheits- und Pflegepolitik ableiten.
Was die medizinische Versorgung in der klassischen Hausarztpraxis auch auf dem Land angeht, zeigt sich die Union unerschüttert optimistisch. Wie schon in vergangenen Wahlkämpfen setzen CDU und CSU auf die Landarztquote und eine Förderung der Niederlassung schon bei Aufnahme des Medizinstudiums.
Wahlprogramme und Forderungen
Themenseite zur vorgezogenen Bundestagswahl 2025
Auch die Grünen und die FDP haben den Hausarzt noch im Programm. Sehr deutlich wird aber, dass eine Mehrheit der Parteien sich die ambulante Versorgung fern der Ballungszentren gut in wie auch immer gearteten Versorgungs- oder Gesundheitszentren vorstellen kann.
Noch etwas anderes zeigt sich. Gleich welche Farben die künftige Koalition haben wird: Die Krankenhäuser dürfen mit Vorhaltepauschalen für den Erhalt grundversorgender Stationen rechnen.
Wahl-Check in zwölf Kategorien
Die „Ärzte Zeitung“ hat die gesundheitspolitischen Schwerpunkte in den Wahlprogrammen analysiert und in zwölf Kategorien zusammengestellt:
Die Union will im Rahmen der globalen Gesundheitspolitik den Wechselbeziehungen von Mensch und Tier mehr Aufmerksamkeit schenken. Mit der Europäischen Gesundheitskrisenagentur (Hera) sollen Abhängigkeiten vor allem bei der Arzneimittelversorgung und bei Produktionskapazitäten gemildert werden. Das Robert Koch-Institut und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz sollen personell aufgestockt und besser koordiniert werden. Die Union will die in der Pandemie beschleunigte Genehmigung klinischer Studien beibehalten.
Die SPD will künftigen Pandemien in einer souveränen europäischen Gesundheitsunion mit einer starken und widerstandsfähigen Gesundheitswirtschaft und krisenfesten europäischen Gesundheitsbehörden begegnen.
Bündnis90/Die Grünen will einen unabhängigen, interdisziplinären Pandemierat einberufen. Informationsfilterblasen und Verschwörungstheorien will die Partei mit einem verständlichen und interdisziplinären Wissenschaftsdialog und Förderung der Wissenschaftskommunikation begegnen. Sie fordert eine Reform und die Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Koordinatorin der Weltgesundheit.
Die Freien Demokraten (FDP) wollen das Robert Koch-Institut nach dem Vorbild der Bundesbank zu einer unabhängigen Behörde umbauen. Präsident und Vorstand des RKI sollen weisungsunabhängig in fachlichen Fragen werden. Zudem soll es ein Bundesministerium für digitale Transformation geben.
Die Linke will für einen gesellschaftlichen Aufbruch nach der Pandemie stehen. Um künftige Pandemien zu vermeiden, will die Linke den Prozess der Naturzerstörung stoppen. Die Linke fordert dafür ein interdisziplinäres epidemiologisches Zentrum, um ein Frühwarnsystem für Pandemierisiken zu entwickeln.
Die Alternative für Deutschland fordert ein Ende der „unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen“. Maskenpflicht, eine verpflichtende Corona-Impfung und Überwachungsmaßnahmen wie Tracking Apps lehnen die Rechten ab. Die WHO soll reformiert werden. Sie soll als Voraussetzung für das Vorliegen einer Pandemie (wie bis 2009) eine „enorme Anzahl von Todes- und Krankheitsfällen“ fordern. Sollte das nicht möglich sein, fordert die AfD den Austritt Deutschlands aus der WHO. Die Corona-Politik der Bundesregierung soll Gegenstand eines Untersuchungsausschusses werden.
Die Union aus CDU und CSU will für einen digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Zugang zur Hausarztversorgung sorgen. Die Niederlassung soll schon bei der Studienplatzvergabe gefördert, die Landarztquote über den heutigen Wert von zehn Prozent hinaus weiter aufgestockt werden. Als Ergänzung der Hausarztversorgung setzt die Union auf den Einsatz von Gemeindeschwestern. Zudem versprechen die C-Parteien einen Abbau von Bürokratie in den Praxen.
(Die CSU berät darüber hinaus über einen regionalen „Bayernplan“.)
Die Begriffe Vertragsarzt, Hausarzt und Facharzt kommen im „Zukunftsprogramm der SPD“ nicht vor. Ambulante Versorgung hat laut dieser Programmatik ihren Platz in Krankenhäusern und integrierten Medizinischen Versorgungszentren, deren Grundkosten die Partei „angemessen“ finanzieren will.
Die Grünen wollen die Primärversorgung durch Hausärztinnen und Hausärzte stärken. Den Direktzugang zu Therapeuten und die Verordnung von Hilfsmitteln durch Therapeuten will die Partei ermöglichen. Die strikte Trennung der ambulanten Gebührenordnungen EBM und GOÄ soll fallen.
Die Liberalen wollen die freien Berufe im Gesundheitswesen stärken. Ärzte und Apotheker sollen in medizinischen Fragen frei entscheiden können. Die Therapiefreiheit soll nicht angetastet werden.
Die Linke will die Möglichkeiten prüfen, die „Kaufpreise“ für Kassensitze von Ärzten und Psychotherapeuten zu begrenzen. Für eine bedarfsgerechte Versorgung in Stadt und Land will die Linke die Arztsitze gleichmäßiger verteilen. Rückgrat des ambulanten Sektors sollen mittelfristig aber regionale Versorgungszentren werden. Medizinische Versorgungszentren in Händen von Konzernen, die daraus Profit schlagen wollen, lehnen die Linken ab.
Die AfD will Budgets und Degression in der ambulanten Versorgung zugunsten leistungsgerechter Bezahlung abschaffen. Sie will einen neuen Medizinischen Dienst installieren, der für Leistungsgerechtigkeit, Behandlungsqualität und Kostendämpfung sorgen soll. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen ihren Sicherstellungsauftrag „konsequent“ umsetzen. Die AfD will Arztpraxen, Polikliniken, MVZ in Trägerschaft der Kommunen, aber unter ärztlicher Leitung fördern. Medizinstudierende sollen Studiendarlehen durch Einsätze in unterversorgten Gebieten abarbeiten können.
Die Union will die Ziele einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Grund- und Regelversorgung in der Krankenhausplanung und in der Krankenhausfinanzierung gerade im ländlichen Raum stärker berücksichtigen. Das zielt wohl auf eine Ergänzung der Fallpauschalen durch eine Vorhaltefinanzierung ab, zum Beispiel von Kinderstationen. Zudem wollen CDU und CSU die Zentrenbildung fördern. Das „virtuelle Krankenhaus“ soll medizinisches Spezialwissen per Tele-Visite überall verfügbar machen. So sollen Patienten Verlegungen erspart werden. Voraussetzung dafür sind Investitionen in die Digitalisierung des Sektors.
Die SPD will das System der Fallpauschalen überprüfen, überarbeiten und gegebenenfalls abschaffen. Die Grundkosten der Krankenhäuser sollen „angemessen“ finanziert werden. Die SPD will für eine „bedarfsgerechte Grundfinanzierung“ der Kliniken sorgen. Sie will eine stärkere Öffnung von Krankenhäusern für ambulante, teambasierte und interdisziplinäre Formen der Versorgung. Die Geburtshilfe soll aus dem System der diagnosebezogenen Fallpauschalen entlassen werden. Kinderkliniken außerhalb der Ballungsräume will die SPD auch mit Vorhaltekosten finanzieren.
Die Grünen setzen sich für eine verbindliche Landeskrankenhausplanung entlang öffentlicher Interessen an Grund-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung ein. Dem Bund wollen sie die Möglichkeit einräumen, bundesweite Grundsätze dafür vorzugeben. Der flächendeckenden stationären Grundversorgung räumt die Partei einen eigenen Stellenwert ein. Die Krankenhäuser sollen nach ihrem gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden, wofür eine starke Säule der Strukturfinanzierung eingezogen werden soll. Bund und Länder sollen zudem gemeinsam die Lücke bei der Investitionskostenfinanzierung schließen.
Die FDP sieht ein Überangebot an Krankenhausleistungen, das sie bereinigen will. Für die Krankenhäuser will die FDP eine Verbesserung der Investitionsfinanzierung für die Maximalversorger und spezialisierte Krankenhäuser. Planungshoheit der Krankenkassen über den stationären Sektor lehnt die FDP ab. Höhere Qualität will sie besser vergüten. Gezielt fördern wollen die Liberalen die digitale Infrastruktur und robotische Assistenzsysteme in den Kliniken.
Die Linke will 100.000 zusätzliche Pflegekräfte in den Krankenhäusern einsetzen. Die Grundgehälter in den Kliniken sollen um 500 Euro angehoben werden, wenn Die Linke in die Regierung kommt. Die Partei fordert die Abschaffung der Fallpauschalen und eine vollständige Finanzierung der Betriebskosten durch die Krankenkassen. Die Partei macht sich zudem für ein Verbot der Entnahme von Gewinnen stark. Die Krankenhäuser sollen stattdessen in kommunale und gemeinnützige Hände überführt werden. Dafür soll der Bund einen „Fonds zur Rekommunalisierung“ auflegen.
Die AfD setzt sich für die Einführung von Individualbudgets ein, um in strukturschwachen Gebieten Notfalleinrichtungen, Geburtsstationen und die stationäre Behandlung von Kindern zu ermöglichen. Private Trägerschaft soll auf höchstens 60 Prozent begrenzt werden. In den Krankenhäusern sollen Kurzzeitpflegeplätze von der Pflegeversicherung finanziert werden. Die AfD fordert eine verpflichtende Untersuchung auf multiresistente Keime bei jeder Krankenhausaufnahme. Jede Klinik mit Intensivstation soll einen Mikrobiologen beschäftigen müssen.
Die Union setzt auf eine „vernetzte Zusammenarbeit“ der Akteure im Gesundheitswesen. Digitale Versorgungsketten sollen Informationslücken zwischen Arztpraxis und Krankenhaus beseitigen.
Die Sozialdemokraten wollen die Rollen zwischen ambulantem und stationären Sektor neu ordnen. Dabei sollen die Sektorengrenzen überwunden werden. Angestrebt ist eine gute Koordination und Kooperation der medizinischen, psychotherapeutischen und pflegerischen Berufe. Zudem will die SPD für eine integrierte und „bessere“ Notfallversorgung sorgen. Die Kommunen wollen die Sozialdemokraten bei der Einrichtung und dem Betrieb von Integrierten medizinischen Versorgungszentren unterstützen. Dafür sollen deren Grundkosten finanziert werden.
Ambulante und stationäre Angebote wollen die Grünen übergreifend planen. Regionale Versorgungsverbünde mit Anbindung an die Kommunen sollen gefördert werden. Die Partei will den Aufbau „gemeinwohlorientierter regionaler Gesundheitszentren“ unterstützen, in denen alle Gesundheitsberufe unter gemeinsamer Trägerschaft auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Die FDP will die Gesundheitsversorgung „künftig umfassend regional und patientenzentriert“ denken. Die Sektorengrenzen sollen abgebaut, die Verzahnung der Versorgungsbereiche entwickelt werden. Integrierte Gesundheitszentren sollen dabei unterstützen, die regionale Gesundheitsversorgung mit ambulanten und kurzstationären Behandlungen zu sichern. Die Fallpauschalen sollen für eine Übergangszeit fortbestehen, bis neue sektorenübergreifende Vergütungsregeln getroffen sind.
Die Linke will eine sektorenübergreifende gemeinwohlorientierte Bedarfsplanung einführen. Kriterien sollen Barrierefreiheit, kurze Wartezeiten, Altersgerechtigkeit und ÖPNV-Anbindung. Rückgrat des ambulanten Sektors sollen mittelfristig regionale Versorgungszentren werden. Sie sollen ambulante, akutstationäre, notfallmedizinische, psychotherapeutische, gemeindepflegerische und weitere Dienstleistungen koordinieren. Die Zentren sollen mit der Jugend-, Eingliederungs- und Suchthilfe vernetzt sein.
Bei der AfD spielt eine sektorenübergreifende Versorgung keine Rolle.
CDU und CSU setzen zur Finanzierung des Gesundheitswesens auf einkommensabhängige paritätische Beiträge, Eigenbeteiligung und einen Steueranteil für versicherungsfremde Leistungen. Der Steueranteil soll dynamisiert und an die tatsächlichen Kosten der versicherungsfremden Leistungen gekoppelt werden.
Gewinne, die aus Mitteln der Solidargemeinschaft erwirtschaftet werden, sollen nach dem Willen der SPD wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen. Die SPD steht für eine Bürgerversicherung. Steuerzuschüsse und Investitionsmittel sollen mit klaren Zielvorgaben für eine Reform des Systems verbunden werden.
Die Grünen setzen eine real existierende „Zwei-Klassen-Medizin“ als Prämisse für den Umbau der Finanzierung in eine Bürgerversicherung. Die Weichen dafür will die Partei in der kommenden Legislaturperiode stellen. Beamte, Selbstständige, Unternehmer und Abgeordnete der Parlamente sollen sich mit einkommensabhängigen Beiträgen an der Bürgerversicherung beteiligen. Die Partei will auch Kapitaleinkünfte verbeitragen.
Die Finanzierung von Gesundheitsleistungen soll nach dem Willen der FDP im Wettbewerb der Kassen untereinander erfolgen. Kassen sollen ihren Versicherten Selbstbeteiligungen, Bonuszahlungen und Beitragsrückerstattungen anbieten dürfen. Ein Wechsel zwischen gesetzlicher und privater Versicherung soll einfacher werden.
Die Linke will die Beitragsbemessungsgrenze schleifen, wonach die Krankenversicherungsbeiträge auf rund 12 Prozent des Brutto fallen könnten. Die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung soll aufgehoben werden. Zur Finanzierung der „Solidarischen Gesundheitsversicherung“ sollen alle Einkommen herangezogen werden. Dafür soll es auch wieder die Brille auf Kassenkosten geben. „Medizinisch unnötige Behandlungen“ an Privatversicherten soll es jedoch nicht mehr geben. Die Linke will die Pflegeversicherung als Vollversicherung fortführen.
Die AfD will die Schnittstellenprobleme bei der Versorgung multimorbider Pflegebedürftiger durch eine Fusion von Sozialer Pflegeversicherung und Gesetzlicher Krankenversicherung angehen. Kinderlose sollen für den Pflegefall Eigenvorsorge treffen müssen. Ein System von Boni soll von „leichtfertigen Besuchen“ in Arztpraxen abhalten.
Die Union setzt sich für den flächendeckenden Ausbau des psychotherapeutischen Behandlungsangebots für Kinder und Jugendliche ein.
Die SPD will die ambulante und integrierte psychotherapeutische Versorgung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene stärken. Sie soll bei kurzen Wartezeiten allen niedrigschwellig zugänglich sein.
Als zentrale Aufgabe sehen die Grünen die seelische Gesundheit als Fundament für Lebensqualität und soziale Teilhabe. Bei der Ausbildung will die Partei nachbessern. Die ambulante Psychotherapie soll durch mehr Kassenzulassungen gestärkt werden. Therapie-, Hilfs- und Beratungsangebote für die Suizidprävention oder bei Abhängigkeiten sollen ausgebaut werden. Sektorenübergreifende Versorgung wollen die Grünen auch in der Psychotherapie, und zwar gemeindenah. Behandlungen unter Zwang wollen sie auf ein „unumgängliches Mindestmaß“ begrenzen.
Die FDP will die Anzahl der Kassensitze für Psychotherapeuten deutlich erhöhen. Die Wartezeiten auf Therapieplätze sollen verkürzt werden.
Die Linkspartei will die Bedarfsplanung für die psychotherapeutische Versorgung „dringend“ überarbeiten. Die „fragwürdige“ Kostenerstattungspraxis der Kassen soll durch auskömmliche Finanzierung der Psychotherapie beendet werden. Die Partei will eine „gewaltfreie Psychiatrie“.
Die AfD befürwortet den Ausbau der suchtpsychiatrischen Versorgung für eine dauerhafte Abstinenz von Drogen.
Die Union will das Robert Koch-Institut zum deutschen Public-Health-Institut ausbauen, vernetzt mit allen Gesundheitsbehörden des Landes und international. Ansonsten setzen CDU und CSU auf den „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“, der bereits 2020 zwischen Bund und Ländern geschlossen worden ist. Dafür sollen vier Milliarden Euro fließen.
Die SPD will den Öffentlichen Gesundheitsdienst mit einer besseren digitalen Infrastruktur ausstatten und seine Mitarbeiter „konkurrenzfähig“ vergüten. So soll er in die Lage versetzt werden, seine nach Auffassung der SPD wichtigste Aufgabe zu erfüllen: die wirtschaftlich Schwächeren in Gesundheitsfragen zu unterstützen.
Ziel der Grünen ist der Aufbau eines „Bundesinstituts für Gesundheit“ als Spitzenbehörde für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Das Institut soll Gesundheitsziele entwickeln und die Gesundheitsberichterstattung leisten. Die Grünen wollen die Mittel für den ÖGD auf mindestens ein Prozent der Gesundheitsausgaben anheben. In den ÖGD einbinden will die Partei auch Gemeindeschwestern und die Schulgesundheitspflege.
Im Wahlprogramm der FDP taucht der Öffentliche Gesundheitsdienst nicht auf.
Die Vorhalteverantwortung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst soll nach dem Willen der Linken auf den Bund übergehen. Er soll die Vorhaltekosten für Material und Behandlungskapazitäten komplett decken. Die Partei will dem ÖGD die tragende Rolle bei niedrigschwelligen Impfangeboten und bei der Prophylaxe von Infektionen in Kitas, Schulen und Betrieben sowie bei den Hausärzten übertragen. Der ÖGD soll Frauenhygieneprodukte kostenlos ausgeben.
Im Wahlprogramm der AfD taucht der Öffentliche Gesundheitsdienst nicht auf.
Die Union will 500 Millionen Euro für Innovationen in Robotik und Digitalisierung der Pflege bereitstellen. Länder und Kommunen will sie darin unterstützen, quartiersbezogene und sektorenübergreifende Versorgungskonzepte in der Pflege umzusetzen. Sie will die Willkommenskultur für ausländische Pflegekräfte stärken. CDU und CSU wollen die Pflege in die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen holen und setzen sich für eine Bundespflegekammer ein. Der Pflegevorsorgefonds soll bis 2050 verlängert werden. Die Union will alle Leistungen der SPV auf Grundlage der Lohnentwicklung dynamisieren.
Die SPD will sich für gute Arbeitsbedingungen und vernünftige Löhne in der Pflege einsetzen. Um die digitale Transformation zu bewältigen, soll es flächendeckende Weiterbildungs- und Unterstützungsangebote geben.
Die Grünen wollen die Pflege von Großeinrichtungen Richtung ambulanter Wohn- und Pflegeformen verlagern. Kommunen sollen in die Lage versetzt werden, eine verbindliche Pflegebedarfsplanung vorzunehmen. Alle „Erwerbstätigen“ sollen in einem „PflegeZeit Plus“-Programm die Möglichkeit erhalten, drei Monate voll oder bis zu drei Jahre teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um zu pflegen. Für Heimbewohner wollen Die Grünen die Eigenanteile senken und deckeln. Finanziert werden soll das aus der Pflegebürgerversicherung. Für Pflegekräfte soll die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich die Norm sein. Die Partei ist für eine Bundespflegekammer.
In der Pflege steht für die FDP der Bürokratieabbau weit oben. Die Beschäftigten sollen durch die Nutzung von digitalen Potenzialen und Robotik entlastet werden. Schon in der Pflegeausbildung sollen digitale und technologische Kompetenzen vermittelt werden. Eine betriebliche Pflegevorsorge und Kapitaldeckungselemente sollen die Pflege zusätzlich finanzieren. Die Geldleistungen für die Pflege will die FDP in ein monatliches Pflegebudget überführen, über das unbürokratisch verfügt werden kann.
Die Linke will 100 000 neue Stellen in der Langzeitpflege. Alle sollen 500 Euro mehr „Grundgehalt“ beziehen. Der Pflegevorsorgefonds (Stand 2020: rd. 7 Mrd. Euro) soll in einen Pflegepersonalfonds umgewandelt werden. Bei der privatwirtschaftlichen Pflege wollen die Linken den Anspruch auf Gewinne ersatzlos streichen. Die Kommunen sollen Pflegeeinrichtungen „unter demokratische Kontrolle“ bringen. Pflegekammern lehnt die Linke ab. Analog zur Krankenhausbedarfsplanung soll es eine Bedarfsplanung auch für die Pflegelandschaft geben.
Die AfD fordert Vorfahrt für die häusliche Pflege. Die Unterbringung zuhause gilt ihr als günstiger. Die stationäre Pflegebedürftigkeit soll soweit wie möglich aufgeschoben werden. Die Partei bezeichnet die generalisierte Pflegeausbildung als Fehler. Die Ausbildungsgänge für Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege sollen wieder eingeführt werden. Pflegekräfte sollen über einen flächendeckenden Tarifvertrag mit steuerfreien Nacht-, Sonn- und Feiertagsdiensten bezahlt werden. Die AfD will eine bundeseinheitliche gesetzliche Personaluntergrenze für Pflegeeinrichtungen.
Die Union setzt sich für eine „Souveränitätsoffensive“ bei der Medikamentenproduktion ein. Die Wertschöpfungsketten „souveränitätskritischer medizinischer Produkte“ sollen nach Europa zurückverlagert werden. Forschenden Pharmaunternehmen will die Union Zugang zu pseudonymisierten Versorgungsdaten verschaffen.
Die SPD will ein System, das in Krisensituationen die Produktion, die Bereithaltung und Verteilung von notwendigen Arzneien und Medizinprodukten sicherstellt. Eine gezielte Förderung von Innovationen kann erfolgreich sein, wie das Beispiel BioNTech zeige. Die SPD will die Gesundheitsforschung diverser machen. Sie solle sich nicht länger überwiegend an den Daten weißer, männlicher Erwachsener orientieren.
Die Grünen wollen in die Gesundheitsforschung bei Medikamenten, Impfstoffen und Testverfahren investieren. Wo es keine ausreichenden Anreize für die Entwicklung neuer Antibiotika oder antiviraler Medikamente gibt, will die Partei „alternative Anreizsysteme“ schaffen. Die Herstellung von Medikamenten und Medizinprodukten soll in europäischer Zusammenarbeit vorangetrieben werden. Die Grünen wollen die Versorgung mit Schutzmasken aus einheimischer Produktion sicherstellen. Die Partei plädiert für eine dezentrale Forschungsdateninfrastruktur. Forschungsergebnisse aus gespendeten Gesundheitsdaten sollen der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Die FDP will die Herstellung von Arzneimitteln zurück nach Deutschland oder in die Europäische Union verlagern. Dafür will sie Bürokratiepflichten zurückfahren und Investitionszuschüsse für Produktionsstätten prüfen.
Die Linke will die „Macht der Pharmaindustrie“ brechen und die Gesundheitsforschung demokratisieren. Die Industrie soll „unter demokratische Kontrolle“ gestellt werden. Die Arzneimittelpreise will sie per Gesetz begrenzen. Eine Positivliste soll Medikamente mit nachgewiesenem Nutzen aufführen. Die Arzneimittelforschung soll öffentliche Aufgabe werden.
Die AfD will das Arzneimittelbudget entlasten. Dafür soll die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf 7 Prozent sinken. Die Nutzenbewertung für Arzneimittel soll auf den patentgeschützten Anteil der Medikamente ausgeweitet werden. Hersteller sollen eine Bevorratung rezeptpflichtiger Medikamente für mindestens zwei Monate sicherstellen. Die Entwicklung von Reserveantibiotika soll staatlich gefördert werden.
Die Union will Vorsorgeuntersuchungen bis zum Jugendalter verbindlich in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufnehmen. Zudem soll die Nationale Diabetes-Strategie weiter vorangetrieben werden. In der Drogenpolitik zeigt die Union ihre konservative Seite. Eine Legalisierung von Cannabis und anderer illegaler Drogen soll es mit ihr nicht geben.
Bei der Prävention setzt die SPD auf gesunde und nachhaltige Ernährung für alle. In Kitas und Schulen will die SPD eine „gesundheitsfördernde Gemeinschaftsverpflegung“ einführen, gratis. Die Partei will zudem Präventionsketten für Kinder und Jugendliche schaffen. Sie will Programme in Prävention und Früherkennung von Krankheiten fördern, die Besonderheiten verschiedener Altersgruppen und Geschlechter berücksichtigt. Eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene soll erprobt werden können.
Die Grünen wollen Hindernisse für Substitutionsärzte abbauen. Mit einem Cannabiskontrollgesetz wollen sie den Verkauf der Droge in Fachgeschäften ermöglichen. Die Partei will Kommunen in die Lage versetzen, zielgruppenspezifische, niedrigschwellige Angebote in der Drogen- und Suchthilfe auszubauen. Gesundheitsförderung und Prävention in den Lebenswelten sollen über den ÖGD erfolgen. Die Grünen wollen mit einem Inklusionsplan den Zugang zum Gesundheitswesen und zur Pflege diskriminierungsfrei ermöglichen. Lücken bei Konversionsbehandlungen sollen geschlossen werden. Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten bei HIV sollen in der Ausbildung berücksichtigt werden.
Die FDP will sich für die kontrollierte Freigabe von Cannabis einsetzen. Die Steuereinnahmen von geschätzt einer Milliarde Euro sollen in die Prävention und Suchtbehandlung fließen. Zudem macht sich die Partei für schulpsychologische Beratungsangebote und Sozialarbeit an allen Schulen stark.
Die Linke will den „Wunsch nach Rausch“ nicht moralisch werten. Die „Milliarden Euro“ für die Verfolgung von Drogendelikten sollen in Prävention fließen. Cannabis soll legalisiert, Eigenanbau erlaubt werden. Opioidabhängigen soll Substitutionstherapie offenstehen, auch in Haftanstalten. Die Linke fordert mehr Substitutionsärzte. Die Linkspartei will, dass Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht bei der Prävention von Arbeitsbelastungen erhalten. Werbung für Tabakprodukte soll verboten werden. In der Gastronomie soll es keine Spielautomaten mehr geben dürfen.
Die AfD setzt auf Eigenverantwortlichkeit und natürliche Prävention. Cannabispräparate sollen nur bei medizinischer Indikation unter Aufsicht von Ärzten zur Verfügung stehen. Die AfD steht für die dauerhafte Abstinenz von Drogen ein.
Der Sanierungsstau bei kommunalen und vereinseigenen Sportstätten und Schwimmbädern soll nach dem Willen der Union abgebaut werden. An die Stelle einer täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit treten. Um Pandemien vorzubeugen, sollen im Rahmen einer globalen Gesundheitspolitik die Wechselbeziehungen von Mensch, Tier und Umwelt stärker als bisher beachtet werden. Ernährungswissenschaftliche Forschung soll Zusammenhänge zwischen Übergewicht, Diabetes und Krebs ausleuchten.
Armut und Kinderarmut wollen die Sozialdemokraten bekämpfen. Die SPD setzt einen Akzent auf die Förderung erneuerbarer Energie und von Klimaschutz. Sie will die Biodiversität schützen und den Plastikeintrag in die Meere senken. Antibiotikaeinsatz in der Tiermast will sie reduzieren.
Die Grünen wollen einen „Planetary-Health-Ansatz“ zum Prinzip des Handelns erheben. Die Gesundheit von Mensch und Tier soll zusammengedacht werden. Die Partei will den Handel mit Wildtieren streng regulieren. Die Grünen wollen die Landwirte darin unterstützen, die Massentierhaltung zurückzufahren. Pestizide auf dem Acker sollen weniger werden. Die Grünen wollen Bildungsgerechtigkeit fördern und die Schulsozialarbeit ausbauen. Die körperliche Inaktivität von Kindern und Jugendlichen soll mit „Bewegungszielen“ angegangen werden.
Der Arbeitsschutz soll tatsächlich vor Stress, Burn-Out und Entgrenzung der Arbeit schützen.
Die FDP will die Antworten auf die globalen Herausforderungen unserer Zeit in der „Bioökonomie“ finden. Klebstoffe aus Pflanzen, Smartphone-Displays aus Zucker oder T-Shirts aus Kaffeesatz seien möglich. Zudem soll das Radwegenetz ausgebaut werden. Die Liberalen wollen zudem massiv in das Bildungssystem investieren.
Die Linke will eine für die Familien kostenlose Schul- und Kitaverpflegung einführen, die auf regionale Biolebensmittel setzt. Ein gut sichtbares Label auf Lebensmitteln sollte Auskunft über den Zucker-, Salz- und Fettgehalt eines Produktes geben. Die Partei will zudem in Rad- und Fußwege investieren. Parks und „urban gardening“ sollen die Lebensqualität in Städten erhöhen. Die 30-Stunden-Woche als „Normalarbeitsverhältnis“ soll gemeinsam mit einer „Anti-Stress-Verordnung“ die Gesundheit von Arbeitnehmern fördern.
Ansätze von Health in all Policies lassen sich dem Programm der AfD nicht entnehmen.
Die Union will für Extremwetterereignisse wie Hochwasser eine engere Verzahnung aller Akteure im Bevölkerungsschutz erreichen. Klimawandel lasse sich zudem nur „global anpacken“, findet die Union, und will international mehr Verantwortung übernehmen. Konkret soll das den Transfer klimafreundlicher Technologie in ärmere Länder bedeuten. Die Union kann sich hier Hilfen beim Aufbau von Abfallsammel- und Sortiersystemen vorstellen. So über Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern eingesparte CO2-Emissionen sollen auf die nationalen Klimaziele angerechnet werden können. CO2-neutral bis 2045.
Für die SPD ist die Klimaneutralität des Landes eine von vier „Zukunftsmissionen“. Europa soll bis 2050 zum „treibhausgasneutralen Kontinent“ werden. Der Kampf gegen den Klimawandel soll zudem Ausgangspunkt von gerechteren und nachhaltigeren Gesellschaften weltweit werden. In die Landwirtschaft sollen Natur- und Umweltschutz- sowie Tierwohl einziehen. Wälder und Moore sollen an den Klimawandel angepasst werden, damit sie ihre Schutzfunktionen erfüllen können. CO2-neutral bis 2045.
Die Grünen wollen mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Klimawandel reagieren. Die Gesetzgebung soll „generationen- und budgetgerecht“ werden und Ziele für jedes Jahr und einzelne Sektoren vorgeben. Über die Gesetzgebung soll Klimaschutz zur „Querschnittsaufgabe“ werden. Die Kohlekraftwerke sollen bereits 2030 statt wie geplant 2038 stillgelegt sein. Klimaschäden durch Kohleverstromung sollen in Preise einfließen. Die Bepreisung soll sozial gerecht sein, die Einnahmen als „Energiegeld“ pro Kopf zurückfließen. Wissenschaft und Gesellschaft sollen zusammenrücken, um Verschwörungsideologien zu begegnen. CO2-neutral bis 2041.
Die FDP sieht in modernen Hochschulen und „besten Forschungsbedingungen“ einen Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel. Anstelle von Produktverboten setzen die Liberalen auf modernes Recycling, eine EU-weite Kreislaufwirtschaft. Den Emissionshandel will die FDP geografisch und auf alle Sektoren ausweiten. Darüber könnten sich klimafreundliche Antriebe durchsetzen. Ein pauschales Verbot von Verbrennern lehnt die FDP ab. CO2-neutral bis 2050, oder über Emissionshandel früher.
Die Linke will mit „konsequentem Klimaschutz“ mehr Lebensqualität erreichen. Ticketpreise für den ÖPNV sollen bis auf Null gesenkt werden. Anfangen will die Partei in den 15 am höchsten mit Abgasen belasteten Städten im Land. Die Linke will öffentlichen Besitz an Agrarland stärken, um eine regionale Nahrungsproduktion und den ökologischen Umbau der Landwirtschaft zu unterstützen. Die Linke sieht einen Zusammenhang von Umweltzerstörung und einer Verschlechterung der sozialen Verhältnisse. Die „physikalischen Grenzen des Planeten“ sollen daher respektiert werden.
Die AfD lehnt das Ziel der Bundesregierung, die CO2-Emissionen faktisch auf null zu senken ab. Es führe zu „radikalem Umbau von Industrie und Gesellschaft“. CO2 sei unverzichtbar für das Leben. Der Anstieg der CO2-Konzentration habe die Erde ergrünen lassen. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Mensch für den Wandel des Klimas verantwortlich sei. Die globale Erwärmung, die die AfD nicht bestreitet, liege im Bereich natürlicher Klimaschwankungen, wie sie es auch in vorindustrieller Zeit gegeben habe.