64 Krankenkassen im Check

So viel sparen Sie bei Ihrer Kasse

Der Beitragssatz für 2015 variiert bei den Krankenkassen stark. Bislang gibt es eine Kasse, die teurer wird. Wie hoch der Beitragssatz Ihrer Krankenkasse sein wird, sehen Sie in unserem Kassen-Check.

Florian StaeckVon Florian Staeck und Thorsten SchaffThorsten Schaff Veröffentlicht:

BERLIN. Immer mehr Krankenkassen geben ihren Beitragssatz für 2015 bekannt. Das Ergebnis ist für die Versicherten ganz überwiegend ernüchternd: Die finanzielle Entlastung wird im Portemonnaie kaum spürbar sein. Gar teurer wird es für die Versicherten der IKK Südwest. Sie ist bislang die einzige Kasse, die verkündet hat, ab Januar einen Beitragssatz über 15,5 Prozent zu erheben.

Die größte Kasse, die Techniker Krankenkasse (TK) mit inzwischen 9,2 Millionen Versicherten, senkt den Beitragssatz nur um 0,1 Punkte auf 15,4 Prozent. Und das bei Rücklagen von über drei Milliarden Euro.

Auch die größte Innungskrankenkasse, die IKK classic mit rund 3,6 Millionen Versicherten, stellt die Weichen mit Vorsicht: Mit ebenfalls 15,4 Prozent ist für Mitglieder eine Entlastung von maximal vier Euro im Monat drin.

Ähnlich sieht es bei großen Betriebskrankenkassen wie etwa der BKK Mobil Oil aus. Die Kasse mit rund einer Million Versicherten erhebt einen Beitragssatz von 15,4 Prozent und bleibt auch nur hauchdünn unter dem durchschnittlichen Beitragssatz samt Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten, also bei 15,5 Prozent.

Sibyllinisch schreibt die Kasse: "Dieser Beitragssatz soll bis 2017 stabil bleiben." Ob das Wunschdenken ist, wird sich Ende 2015 zeigen.

TK senkt Beitragssatz leicht - Bei DAK und Barmer bleibt alles beim alten

Kassen wie die TK sind in den vergangenen Jahren derart gewachsen, dass für eine offensive Marktpositionierung offenbar kein Grund besteht. Allein im vergangenen Jahr hat die Kasse um 412.000 Mitglieder zugelegt und weist jetzt 6,7 Millionen "Zahler" aus.

Zum Vergleich: Die Nummer 3 im Markt, die DAK-Gesundheit, hat insgesamt 6,2 Millionen Versicherte (4,9 Millionen Mitglieder). Ihr Beitragssatz bleibt unverändert bei 15,5 Prozent.

Die Kasse will auch durch Fusionen wachsen - 2015 wird die Heirat mit der Shell BKK/LIFE vollzogen. Dadurch soll ihr Standbein im betrieblichen Gesundheitsmanagement gestärkt werden.

Auch das zweitgrößte Kassen-Schwergewicht, die Barmer GEK (mit 8,7 Millionen Versicherten und 6,7 Millionen Mitgliedern), sowie die meisten AOKen wie Nordost, Nordwest, Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland/Hamburg und Bremen/Bremerhaven rühren nicht am Beitragssatz und belassen es bei den 15,5 Prozent.

Eine Ausnahme stellt die AOK Niedersachsen dar, die ihren neuen Satz auf 15,4 Prozent festsetzt.

15,8 Prozent bei IKK Südwest

Als bislang einzige Krankenkasse hat die IKK Südwest angekündigt, im neuen Jahr einen höheren Beitragssatz als bisher zu erheben. Für die rund 680.000 Versicherten steigt der Beitragssatz auf 15,8 Prozent.

"Einen taktischen Preiskampf auf Kosten von Leistungskürzungen wird es mit uns nicht geben. Wir werden auch in Zukunft auf Basis solider Finanzen Leistungen und Services anbieten, die über das hinausgehen, was man von einer gesetzlichen Krankenkasse erwarten würde", sagt Roland Engehausen, Vorstand der IKK Südwest, in einer Mitteilung.

Die Kasse verweist auf ihre Extra-Leistungen wie die Kostenübernahme von homöopathischen Leistungen von Heilpraktikern und die geplante kostenlose, automatische Auslandsreisekrankenversicherung, die zum März 2015 starten soll.

Blickt man auf die bisher angekündigten Kassen-Beitragssätze, so wird deutlich, dass die Beitragsentlastung, mit der Gesundheitsminister Hermann Gröhe stets die GKV-Finanzreform verteidigt hat, bescheiden ausfällt.

Kassen, die mit "Kampfpreisen" in den Markt gehen wollen und ganz auf einen Zusatzbeitrag verzichten, sind die Ausnahme. Dies beschränkt sich bislang auf kleinere Betriebskrankenkassen mit einer mutmaßlich besonders günstigen Versichertenstruktur.

AOK Sachsen-Anhalt spart sich reich

Aus dem Rahmen fallen freilich die AOK Sachsen-Anhalt und die AOK Plus mit Zusatzbeitragssätzen von nur 0,3 Prozenpunkten: Zwei Kassen, die trotz hoher Morbidität unter den Versicherten offenkundig sehr gut mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds auskommen.

Bei der AOK Sachsen-Anhalt sollen es je Versichertem knapp 4000 Euro sein, der Bundesdurchschnitt der Zuweisungen pro Kopf liegt bei rund 2770 Euro.

Nach Meinung vieler Betriebskrankenkassen hat die Geldverteilmaschine in der GKV, der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) Schlagseite.

Der BKK-Landesverband Bayern hat erst kürzlich in einem offenen Brief an Gröhe kritisiert, die Morbidität werde im RSA "unangemessen überbewertet", die unterschiedlichen Versorgungskosten dabei "ausgeblendet".

Eine mutmaßliche Schieflage im Verteilungsmechanismus kann einzelne Kasse - im Wortsinne - teuer zu stehen kommen. Können sie ihre Ausgaben mit den Zuweisungen sowie dem durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 0,9 Punkten nicht decken, werden sie mutmaßlich abgestraft: Vor allem "gute Risiken" dürften dann fahnenflüchtig werden und zu anderen Kassen wechseln.

Fixer Beitragssatz von 14,6 Prozent plus kassenindividuellem Zusatzbeitrag

Die Weichen für diese Entwicklung hat die große Koalition im Sommer dieses Jahres mit dem GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz (FQWG) gestellt. Damals interessierten sich nur Fachleute für das Gesetz.

Die Krankenkassen bekommen ab 2015 einen Beitragssatz von 14,6 Prozent vorgeschrieben - ein Minus von 0,9 Prozentpunkten im Vergleich zum laufenden Jahr. Damit fehlen den Kassen im GKV-System rund elf Milliarden Euro. Das Geld sollen sie sich - soweit nötig - bei ihren Mitgliedern über den kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz holen.

Damit rechnet auch der Präsident des Bundesversicherungsamtes (BVA), Dr. Maximilian Gaßner. Er erwarte für 2015 im Durchschnitt eine Beitragssatzbelastung, die leicht unterhalb der aktuell geltenden 15,5 Prozent liege. "Voraussichtlich werden auch einige Krankenkassen mehr als 0,9 Prozent nehmen müssen", so Gaßner.

Steigende Kosten für ambulante und stationäre Versorgung, Medikamente oder Krankengeld laufen in diesem und in den kommenden Jahren allein bei den Arbeitnehmern auf. Hingegen ist der Beitragssatz für Arbeitgeber auf 7,3 Prozent fixiert.

Die SPD hat es seinerzeit im Koalitionsvertrag als Erfolg gefeiert, dass die schwarz-gelbe "Kopfpauschale" beerdigt wurde. Der Zusatzbeitrag wird nicht mehr pauschal erhoben, sondern erhöht sich künftig mit dem Einkommen, das verbeitragt wird.

Wirtschaftsweisen nicht begeistert

Die Wirtschaftsweisen zeigten sich in ihrem im November veröffentlichten Jahresgutachten entsetzt über diesen Schritt und beklagten eine "Kehrtwende".

Pauschale Zusatzbeiträge, so ihr Argument, hätten deutlichere Preissignale an die Versicherten gesendet, weil der Zusatzobolus nicht von der Umverteilungskomponente der einkommensabhängigen Erhebung überlagert worden wäre. Mit der neuen Regelung, so die Sachverständigen, könnte der Kassenwettbewerb entschärft werden.

Fraglich, ob das nicht graue Theorie ist. Denn die schwarz-gelbe Bundesregierung hat den Beitragssatz mit 15,5 Prozent seinerzeit so hoch angesetzt, dass viele Krankenkassen förmlich im Geld schwammen. Die Kopfpauschale blieb ein Theoriekonstrukt.

Anders die große Koalition: Mit der Senkung des Beitragssatzes auf 14,6 Prozent wird der Zusatzbeitrag für die allermeisten GKV-Mitglieder vom ersten Tag an Realität.

Doch ein schlüssiges Konzept, wie der intensivierte Preiswettbewerb mit dem politisch angekündigten Qualitätswettbewerb verzahnt werden soll, steht bis heute aus.

Die "Ärzte Zeitung" wird regelmäßig das obige Diagramm mit Krankenkassen aktualisieren, die ihre Beitragssätze bekannt geben.

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