Krankenhausgipfel
Spahn: Stationäre Versorgung nicht bedarfsgerecht!
Gesundheitsminister Jens Spahn hat beim Krankenhausgipfel 2020 sehr offen die Strukturfrage in der stationären Versorgung angesprochen. Außerdem kündigt er an, dass das Fallpauschalensystem überarbeitet wird und die Personaluntergrenzen ausgedehnt werden.
Veröffentlicht:Berlin. Die Krankenhauslandschaft steht vor einer tiefgreifenden Strukturreform. Beim Krankenhausgipfel 2020 am Mittwoch hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Überarbeitung des Fallpauschalensystems angekündigt.
Er könne sich vorstellen, den Prozess noch vor den Wahlen 2021 zu starten, sagte Spahn. In der Diskussion sind zum Beispiel Vorhaltepauschalen für in der Versorgung dringend benötigte internistische Abteilungen. Grundversorgung müsse anders als heute finanziert werden. Solche Einheiten haben die Krankenhäuser in der Vergangenheit zunehmend abgebaut, weil ihre Deckungsbeiträge mit denen chirurgischer Abteilungen nicht Schritt halten konnten.
Das Land sei „weit von bedarfsgerechten Krankenhausstrukturen entfernt“, sagte Spahn. Bei Mindestmengen und Qualitätsvorgaben gehe es um Patientensicherheit. Eine geringere Mortalität von Patienten sei nachgewiesen, wenn bestimmte Operationen häufig vorgenommen würden und nicht nur bei Gelegenheit, sagte der Minister.
Es müssten Schwerpunkte gebildet werden. Dafür müsse der Begriff „bedarfsgerecht“ neu definiert werden, um dann darauf neue Wettbewerbsstrukturen aufzubauen.
Aufruf zur Digitalisierung
Spahn verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Krankenhäuser würden kaputtgespart. „Sie haben gerade zehn Milliarden Euro für leere Betten bekommen“, sagte Spahn.
Der Minister forderte die Kliniken zudem auf, sich zu digitalisieren. Auch dafür gebe der Bund eine Hilfestellung von mehreren Milliarden Euro. Schon in der Pandemie hätte man eine stationäre Versorgung mit mehr Schnittstellen gebraucht. Insellösungen hülfen nicht weiter.
Kommentar zum Krankenhausgipfel
Spahn kontert die Kliniklobby trocken aus
Spahn kündigte zudem eine Weiterentwicklung des Systems der Personaluntergrenzen an. Er setze ein großes Fragezeichen dahinter, ob die Krankenhäuser die Pflegepersonal-Regelungen tatsächlich praktisch umsetzten. Er werde weitere Berufsgruppen in die Regelung holen, zum Beispiel die Notfallsanitäter. Zudem werde er die Personalvorgaben auch als Hebel in den Strukturfragen einsetzen.
DKG setzt auf Ausgleich der entgangenen Einnahmen
Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft hatte zuvor die Rolle der Krankenhäuser in der Pandemie betont. „Politik, Gesellschaft und Gesundheitswesen haben sich in der Krise bewährt“, sagte Dr. Gerald Gaß. Die Zukunft malte Gaß in eher düsteren Farben.
Es werde schwer, die Produktivität und die Behandlungszahlen der Krankenhäuser in der Vor-Corona-Zeit wieder zu erreichen. Er vertraue auf den Ganzjahresausgleich der entgangenen Einnahmen. „Es darf nicht sein, dass Grundversorgungskrankenhäuser im Hamsterrad operieren müssen“, sagte Gaß.
Der Krankenhaus-Lobbyist forderte von der Politik, sich zu einer „geordneten Strukturveränderung“ zu bekennen. Dazu gehört nach Auffassung von Gaß auch eine Beteiligung an der ambulanten Versorgung. Patienten mit „komplexem ambulantem Versorgungsbedarf“ müssten in den Krankenhäusern behandelt werden. Die Krankenhäuser könnten dafür mit hochspezialisierter Apparatemedizin aufwarten.