Corona-Pandemie

Spahn will Sanktionen gegen Vordrängler beim Impfen prüfen

In mindestens neun Bundesländer wurden inzwischen Menschen gegen Corona geimpft, die laut Impfpriorisierung noch gar nicht an der Reihe waren. Gesundheitsminister Jens Spahn spricht von Fällen, die kein gutes Beispiel von Solidarität seien.

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Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich am Freitag in Berlin zur aktuellen Corona-Lage.

Umgang mit Impfresten verbindlicher regeln: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich am Freitag in Berlin zur aktuellen Corona-Lage.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Sanktionen gegen Menschen prüfen, die sich bei Impfungen gegen das neue Coronavirus unrechtmäßig vordrängeln. Es gehe darum, ob Sanktionen Sinn machen könnten, sagte Spahn am Freitag. Das sei im Bundestag im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen. Das Infektionsschutzgesetz kenne bereits Sanktionen, angefangen bei Bußgeldern.

In mindestens neun Bundesländern sind bereits Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden, die noch gar nicht an der Reihe waren. Dabei kamen etwa Kommunalpolitiker, Geistliche sowie Feuerwehrleute und Polizisten zum Zuge, obwohl sie nicht der ersten Prioritätsgruppe angehören. Solche Fälle seien kein gutes Beispiel von Solidarität, sagte Spahn.

Eine bundesweit verbindliche Regelung, zum Beispiel zum Umgang mit Impf-Resten, gibt es bislang aber nicht. „Ich werde mit den Ländern darüber sprechen, ob wir das noch ein Stück verbindlicher regeln“, ergänzte Spahn. So könne das Vorgehen in den Impfzentren noch genauer definiert werden. Zum Beispiel, wenn dort abends etwas Impfstoff übrig sei – wer dann dran wäre. Das könnten unter Umständen Feuerwehrleute oder Polizisten im Einsatz sein, die dann aber auch schnell verfügbar sein müssten.

Begründung überall nahezu gleich

Die Begründung für die vorgezogenen Impfungen lauten in den meisten Fällen: Am Ende des Tages seien Impfdosen übrig geblieben, die man nicht habe verschwenden wollen. Der Impfstoff muss vor dem Impfen zunächst aufbereitet und verdünnt werden und ist dann nur wenige Stunden haltbar. Sagen Menschen ihren Impftermin ab, können daher am Ende des Tages Impfdosen übrig bleiben.

Im sachsen-anhaltischen Halle versuchte man laut Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos), diese Dosen zunächst an weitere Angehörige der ersten Prioritätsstufe zu vermitteln. Wenn die nicht erreicht wurden, habe ein „Zufallsgenerator“ Nachrücker ermittelt, so auch ihn und zehn Stadträte. Der Landrat des Landkreises Wittenberg ließ sich ebenfalls schon impfen, ebenso wie seinen Stellvertreter.

Bürgermeister und Landräte vorn

In Nordrhein-Westfalen waren schon im Januar mehrere Fälle von Kommunalpolitikern bekannt geworden, die deutlich früher als vorgesehen geimpft wurden. Unter anderem hatte sich der 31 Jahre alte Bürgermeister von Hennef, Mario Dahm (SPD), mit einer übrig gebliebenen Dosis impfen lassen. Ebenfalls schon geimpft ist der Bürgermeister von Wachtberg, Jörg Schmidt (CDU). Auch der ehemalige Hennefer Bürgermeister Klaus Pipke wurde bereits geimpft.

Auch in Bayern ließen sich mehrere Kommunalpolitiker verfrüht impfen. Sowohl der Landrat des Kreises Donau-Ries als auch der Oberbürgermeister der Kreisstadt Donauwörth haben bereits im Januar eine Impfung aus übrig gebliebenen Dosen erhalten. Beide Politiker gaben an, sich heute anders entscheiden würden.

Impfung für Bischof und Genralvikar

Auch der Augsburger Bischof Bertram Meier und sein Generalvikar Harald Heinrich haben das Angebot von Impfungen angenommen. Die Diözese begründete dies damit, dass beide als Seelsorger in Seniorenheimen arbeiteten und damit wie Altenpfleger als Personal einzustufen wären.

In Niedersachsen ließen sich der Landrat von Peine und sein Stellvertreter impfen - beide baten inzwischen dafür um Entschuldigung. Der Krisenstab wies die Impfzentren an, die übrig gebliebenen Dosen unbedingt zu benutzen, daran würde sich in der Regel auch gehalten. Kontrolliert werde das aber nicht. „Wir werden nicht neben jede Impfstraße einen Polizisten oder einen Notar stellen“, sagte Krisenstabsleiter Heiger Scholz.

Nicht überall kamen aber Politiker zu verfrühten Impfungen. Im Rheinland-pfälzischen Koblenz nutzte die Feuerwehr, die dort das Impfzentrum betreibt, die Impfreste für das eigene Personal. Knapp die Hälfte der 127 Geimpften sei nicht Teil der ersten Prioritätsgruppe gewesen, teilte die Stadt mit.

Hamburg impfte bis Ende Januar bereits 102 Feuerwehrleute und zwei Polizisten. Auch Mitarbeiter des Krisenstabes und der Gesundheitsbehörde sind in der Hansestadt schon geimpft worden, darunter auch die Staatsrätin für Soziales.

Es geht auch anders

Dass man sich auch bei übrig gebliebenen Impfdosen an die Vorgaben der Bundesverordnung halten kann, zeigen unter anderem Beispiele aus Baden-Württemberg. Auch dort sind laut Sozialministerium bisher keine Verstöße gegen die Reihenfolge bekannt.

Übrige Impfdosen würden an Rettungsdienste und das Impfpersonal gehen, manche Impfzentren hätten außerdem Listen mit kurzfristig erreichbaren Kandidaten der ersten Prioritätsgruppe angelegt, sagte ein Sprecher. Im Ulm würden hingegen nur 90 Prozent der eingeplanten Dosen vorbereitet. Der Rest werde dann nur auf Bestellung gefertigt. (dpa)
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