Diabetesstrategie

Union und SPD wollen am Ball bleiben

Was geht noch bei der Nationalen Diabetesstrategie? Union und SPD senden Signale, dass der Kampf gegen die Volkskrankheiten Nummer eins für diese Legislaturperiode noch nicht endgültig ad acta gelegt worden ist.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Die beiden Torschützen im Duell: Ex-Profi-Kicker Martin Max (rechts), der während seiner Bundesliga-Karriere zwei Mal Torschützenkönig wurde, und Marcus Weinberg (CDU).

Die beiden Torschützen im Duell: Ex-Profi-Kicker Martin Max (rechts), der während seiner Bundesliga-Karriere zwei Mal Torschützenkönig wurde, und Marcus Weinberg (CDU).

© picture alliance / Eventpress Wenzel (2)

BERLIN. In der jüngeren Vergangenheit hatte das Zusammenspiel der Regierungsfraktionen beim Thema Diabetes nicht mehr so gut geklappt wie zu Beginn der Legislatur.

Die Gründe sind nicht näher bekannt. Dass das Projekt einer Nationalen Diabetesstrategie ins Stocken geriet, wird von Beobachtern eher der SPD zugeschrieben als der Union. Nun könnte der Ball wieder ins Rollen kommen.

In dieser Woche nutzten Abgeordnete beider Regierungsparteien einen kurzen Meinungsaustausch dazu, sich gegenseitig zu versichern, wie wichtig man das Thema nehme.

Anlass war das Rückspiel des "FC Diabetologie", einer Mannschaft von Ärzten, Diabetes-Patienten und Beratern gegen die Elf des Deutschen Bundestags. Gewonnen haben die Ärzte mit 4:3 und damit eine Schlappe aus dem Hinspiel (4:0) im letzten Jahr wett gemacht.

In der "dritten Halbzeit" entspann sich folgende Diskussion. Der CDU-Abgeordnete Dietrich Monstadt, selbst Diabetiker, erinnerte an den von ihm Ende 2014 mit erarbeiteten Entschließungsantrag zur Errichtung einer Nationalen Diabetesstrategie.

"Das ist umfassend ausformuliert und mit vielen Kollegen konsentiert", sagte Monstadt. "Ich hoffe, dass wir das gemeinsam in den nächsten Tagen, Wochen, zumindest in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen." Der Ball liege nun im Feld der SPD.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Professor Edgar Franke (SPD), fuhr dagegen keinen scharfen Konter. "Von der Zielrichtung sind wir nicht weit auseinander. Da müssen wir noch einmal schauen, was wir jetzt genau machen", sagte Franke.

Er beorderte allerdings ein gesetzestechnisches Argument in seine Abwehr. Es sei mehr eine methodische Frage, ob man gegen eine einzelne Krankheit Strategien per Gesetz festlege.

Steilvorlage für den Kollegen

Franke passte seinem Kollegen von der Union dennoch in den Lauf. "Ich glaube, dass wir einen Diabetes-Plan brauchen", sagte er nach dem Abpfiff. In einem ersten Schritt sei aber eine gesellschaftliche Strategie unter Einbindung von Ländern und Kommunen vonnöten.

Von dieser erhoffen sich die Akteure mehr politische Akzeptanz als von einem Plan, in dem der Bund zentral vorgeben müsste, was die Akteure zu tun hätten. Monstadt sieht darin die Voraussetzung, um in den Ländern maßgeschneiderte Diabetes-Pläne zu schaffen.

Die regionalen Unterschiede in der Verteilung von Typ-2-Diabetes sehen dagegen die Experten der Diabetes-Hilfe eher als Argument für die zentralistischere Politik eines Diabetes-Plans.

Die regionalen Verdichtungen der Diabetes Typ 2-Prävalenz führten zu enormen sozialen Unterschieden, sagte Professor Thomas Danne, Vorstandschef der Deutschen DiabetesHilfe.

Die bedeuteten eine politische Aufgabe, die man nicht einfach auf die Länderebene delegieren könne. "Deshalb brauchen wir einen Diabetes-Plan", beharrte Danne.

Monstadt will beim "Machbaren" bleiben. "Wenn wir erst mit der SPD eine Strategie verabschiedet haben, können wir den Plan immer noch oben drauf setzen", sagte der Gesundheitspolitiker. Sein Entschließungsantrag für eine Strategie bezieht Bund, Länder und Selbstverwaltung ein.

Als Handlungsfelder werden die Früherkennung, die Versorgungsforschung, die Werbung für Versorgungsangebote (DMP), die Aufklärung und die Bekämpfung von Diabetes als ressortübergreifende Aufgabe der Regierung genannt.

Opposition steht nicht im Abseits

Indirekt erhielt das Projekt auch den Segen aus der Opposition. Harald Terpe, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, wies aber auf einen aus seiner Sicht "Webfehler" des Präventionsgesetzes hin.

Es nehme die Rentenversicherung und die kommunalen Spitzenverbände bei der Finanzierung der Prävention vor Ort nicht in die Pflicht.

Dies würde aber zu dem führen, "was wir als Gesundheitsförderung und Primärprävention bezeichnen", zum Beispiel auch zu Sportangeboten, sagte Terpe. Eine Engführung nur auf die medizinische Prävention sei nicht ausreichend.

Anfang 2015 waren sich Union und SPD noch uneingeschränkt einig: Gegen die Volkskrankheit Diabetes müsse dringend etwas unternommen werden. Doch nach Monstadts Entschließungsantrag geriet das Projekt, das die SPD zunächst als "gemeinsames" deklarierte, ins Abseits: Lediglich einzelne Bausteine wurden umgesetzt.

Abgepfiffen ist das Spiel also noch nicht: Im 2015 verabschiedeten Präventionsgesetz ist die Früherkennung von Typ-2-Diabetes als nationales Gesundheitsziel formuliert.

Das Gesundheitsministerium unterstützt das Robert Koch-Institut mit drei Millionen Euro beim Aufbau einer Diabetes-Surveillance.

Der Bundesrat hat sich bereits im Sommer 2014 für einen Nationalen Diabetesplan ausgesprochen. Und im Mai empfahl das Europaparlament den Staaten, nationale Diabetespläne zu errichten - mit den Stimmen der SPD-Abgeordneten aus Deutschland.

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