Verluste in Unikliniken
Wissenschaftsminister drängen Spahn zu höheren Hilfen
Die Unikliniken schreiben bedingt durch die Corona-Pandemie tiefrote Zahlen. Jetzt verstärken die Wissenschaftsminister der Länder ihren Druck auf den Bund, die Ausgleichszahlungen aufzustocken.
Veröffentlicht:Hamburg. Deutschlands Universitätskliniken befürchten wegen der Corona-Krise auf breiter Front Verluste. Die Wissenschaftsminister der Länder haben deshalb Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erneut um Hilfe gebeten. Ihre Forderung: Eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten, die durch die Pandemie entstanden sind.
Das von den Wissenschaftsministern aufgegriffene Problem ist nicht neu: Seit Monaten machen Universitätskliniken landauf, landab auf die immensen Kosten aufmerksam, die ihnen durch Corona entstanden sind. Weil das schon früh in der Pandemie absehbar war, hatten sich die Wissenschaftsminister bereits im April erstmals mit der Bitte an Spahn um Hilfe gewandt, weil „gravierende wirtschaftliche Probleme“ drohten.
Ausgleichspauschale von 760 Euro gefordert
Jetzt bitten sie um Nachbesserungen. In einem von allen Wissenschaftsministern unterzeichneten Brief, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt, erinnern sie an die Forderungen, die in einer Entschließung des Bundesrates vom 3. Juli verabschiedet wurden. Darin wird eine Ausgleichspauschale in Höhe von 760 Euro für alle Unikliniken und Maximalversorger gefordert.
Laut Brief erhalten bislang erst 23 von 34 Kliniken die Pauschale in dieser Höhe. Außerdem sollte die höhere Pauschale aus ihrer Sicht rückwirkend zum 16. März gezahlt werden. Zu den Forderungen zählt auch, den Zuschlag für die persönliche Schutzausrüstung auf 160 Euro zu erhöhen.
„Nur mit Umsetzung dieser Forderungen werden die Corona-bedingten wirtschaftlichen Folgen bei den Universitätskliniken und Maximalversorgern ausgeglichen werden können“, schreiben die Ressortchefs.
Meldungen über befürchtete Verluste häufen sich
Sie zeigen sich besorgt, weil die Meldungen über voraussichtliche Verluste der Unikliniken nicht abreißen. So hatte etwa das Hamburger UKE Ende Juni einen Fehlbetrag in zweistelliger Millionenhöhe prognostiziert, falls die derzeit gültigen Ausgleichsmechanismen für die Belastungen in der Corona-Pandemie bestehen bleiben. Das UKE bescheinigte den Ausgleichsmechanismen „keinen positiven finanziellen Effekt“, sprich: Sie deckten die tatsächlichen Kosten nicht.
Berliner Medien berichteten, dass die Charité mit einem Pandemie-Minus von 75 Millionen Euro rechnen müsse. Andere Universitätskliniken haben Verluste in ähnlichen Größenordnungen genannt. Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) etwa erwartet 60 Millionen Euro – eine mögliche zweite Welle noch gar nicht eingerechnet.
Für die hohen Verluste werden unisono zwei Gründe genannt:
- Erstens Erlösverluste: Planbare Operationen wurden abgesagt und Betten standen leer, weil Patienten aus Sorge vor einer Ansteckung zu Hause blieben. Verluste sind aber auch durch die für mögliche Corona-Patienten freigehaltenen und nicht belegten Betten entstanden. Die dafür gezahlte Ausgleichsprämie wird als nicht kostendeckend angesehen.
- Zweitens: Die Kliniken mussten Millionenbeträge investieren, die vor Corona nicht anfielen. Um Mitarbeiter und Patienten zu schützen und um gesetzliche Bestimmungen einzuhalten, wurde mehr Schutzausrüstung gekauft, Sicherheitspersonal eingestellt, mehr Geld in Hygiene und Reinigung investiert und es mussten Überstunden bezahlt werden.
900 Euro pro Tag für jedes nicht belegte Bett
UKSH-Chef Professor Jens Scholz hält aus diesen Gründen eine Erstattung von 900 Euro pro Tag für jedes nicht belegte Bett für erforderlich. Tatsächlich erstattet wurden dem UKSH bis 13. Juli aber nur 560 Euro, seitdem 660 Euro. Scholz nennt aber noch weitere Verluste in zweistelliger Gesamthöhe im ambulanten Sektor, etwa in den Hochschulambulanzen und beim ambulanten Operieren.
Für Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hat die Corona-Krise verdeutlicht, „welch enorme Bedeutung den Universitätskliniken in der medizinischen Versorgung und Betreuung zukommt.“ Für sie steht deshalb fest: „Die Kliniken brauchen eine stärkere, auch rückwirkende finanzielle Unterstützung. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Zentren unserer Gesundheitsversorgung ihrer wichtigen Aufgabe – auch hier bei uns in Hamburg– künftig gerecht werden können.“