Unzufriedene GKV-Versicherte
Zahl der Beschwerden stark gestiegen
Das Bundesversicherungsamt registriert 2015 mehr Beschwerden von Krankenversicherten: Mal zeigen sich Kassen knauserig, mal zu spendabel im Wettbewerb. Ihre Rücklagen sind zwar noch üppig, aber sehr ungleich verteilt.
Veröffentlicht:BONN. Mehr Krankenversicherte als im Vorjahr haben sich 2015 beim Bundesversicherungsamt (BVA) über ihre (Pflege-)Kasse beschwert. Das geht aus dem Jahresbericht des BVA hervor, der am Montag veröffentlicht worden ist.
5321 Eingaben hat die Bonner Behörde im vergangenen Jahr insgesamt erhalten. Davon entfielen 3343 auf die Kranken- und 284 auf die Pflegeversicherung. Das sind für die GKV rund 22 Prozent mehr Beschwerden als 2014. Bei den Pflegekassen beträgt der Anstieg sogar rund 58 Prozent.
Nach Angaben des BVA haben die Beschwerden über die Versorgung mit Inkontinenz-Hilfsmitteln stark zu genommen. Sowohl die Menge, aber auch die Qualität wurde von Versicherten moniert.
Das Problem ist so gravierend, dass die Koalition mit dem geplanten Hilfs- und Heilmittelgesetz gegensteuert und die Kassen zur Einhaltung von Qualitätsstandards zwingen will. Insbesondere die Information der Versicherten darüber, wie Aufzahlungen vermieden werden können, sei "optimierungsbedürftig", schreibt das BVA.
Erst die Beschwerde hat geholfen
Beschwerdeverfahren konnten nach den Worten der Behörde zumeist "unproblematisch" im Sinne einer veränderten Versorgung abgeschlossen werden.
Dies deutet darauf hin, dass Versicherte vielfach erst mit dem Rückenwind einer offiziellen Beschwerde eine adäquate Versorgung bei ihrer Kasse erreichen konnten.
Ausgabensenkung stand auch bei denjenigen Kassen auf dem Programm, die Versicherten Bonuszahlungen dann verweigert haben, wenn diese zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits gekündigt hatten.
Versicherte hätten sich "in größerer Zahl" darüber beim BVA beschwert. Kassen können Bonuszahlungen in ihrer Satzung verankern, wenn Versicherte regelmäßig zur Früherkennung gehen oder an Präventionsleistungen in Anspruch nehmen.
Die Begründung für die Bonus-Verweigerung war fadenscheinig: Der Gesetzgeber fordere, dass diese Zahlungen sich über Kosteneinsparungen refinanzieren müssen, das gehe nur bei Mitgliedern, die die Absicht hätten, der Kasse die Stange zu halben.
Das BVA stellte klar, dass eine gesetzliche Vorgabe nicht existiert, wonach die Mitgliedschaft Bedingung für eine Bonuszahlung ist.
An anderer Stelle musste die Aufsichtsbehörde den Drang von Kassen bremsen, für Leistungen zu zahlen, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt – so bei der Auslandskrankenversicherung.
Mehrere Kassen hätten angewiesen werden müssen, ihre Kooperationen mit privaten Krankenversicherungsunternehmen aufzugeben, heißt es. Die sich anschließenden Klagen gingen bis vor das Bundessozialgericht, wo sich die Position des BVA durchsetzte.
Vorstandsbezüge im Visier des BVA
Hartnäckig zeigen sich einzelne Kassenmanager auch, wenn es um die eigenen Bezüge geht: Dem BVA müssen Vorstandsverträge zur Prüfung vorgelegt werden. 51 Anträge sind im Vorjahr bei der Behörde eingegangen, in zwei Fällen – davon stammt einer aus dem Jahr 2014 – versagte das BVA seine Zustimmung zu den Vorstandskonditionen. In insgesamt drei Fällen klagen Kassen derzeit gegen die Ablehnung der Vorstandsverträge vor Landessozialgerichten.
Wie schon 2014 bestätigt auch der neue Jahresbericht die stark unterschiedliche Finanzausstattung der Krankenkassen. Ende 2015 verfügten die 68 bundesunmittelbaren Kassen über Betriebsmittel- und Rücklagevermögen von 7,5 Milliarden Euro.
Das entspricht durchschnittlich 0,69 Monatsausgaben der Kassen. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Mindestrücklage von 0,25 Monatsausgaben. Acht Kassen erreichten nicht diesen Rücklagen-Puffer; die Zahl ist im Vergleich zu 2014 unverändert geblieben.
37 Kassen hingegen konnten im Vorjahr Rücklagen von mehr als einer Monatsausgabe vorweisen. Allerdings sinkt die Zahl derer mit ganz prallen Geldspeichern: Nur noch fünf Kassen bunkern mehr als 2,5 Monatsausgaben, 2014 waren es noch acht.