Psychiatrie-Barometer
77 Prozent der Kliniken können Arztstellen lange nicht besetzen
Nur wenige Kliniken schaffen es, die Personalvorgaben einzuhalten. Engpässe gibt es in fast allen Bereichen.
Veröffentlicht:
Ärzte für psychiatrische oder psychosomatische Kliniken zu finden, ist derzeit schwer.
© ordinary042 / stock.adobe.com
Berlin. Fachkräftemangel, steigende Energiepreise, strengere Personalvorgaben, Erprobung neuer Leistungen – viele psychiatrische Kliniken kämpfen mit diversen Herausforderungen. Am stärksten zu schaffen macht den meisten aber wohl der leergefegte Stellenmarkt für Ärzte und Pflegekräfte. Das geht aus dem Psychiatrie-Barometer 2023 des Deutschen Krankenhaus Instituts hervor. Einer jährlichen Repräsentativbefragung psychiatrischer und psychosomatischer Einrichtungen.
So meldeten 77 Prozent der Kliniken Probleme bei Stellenbesetzungen im Ärztlichen Dienst. Im Durchschnitt blieben in Krankenhäusern oder Abteilungen vier Vollzeitstellen vakant. Die Stellen blieben im Schnitt etwa sechseinhalb Monate lang offen.
Noch schwieriger war die Situation im Pflegedienst. Hier meldeten 86 Prozent der Umfrageteilnehmer Probleme bei der Stellenbesetzung. Im Schnitt blieben zehn Stellen unbesetzt. Es dauert durchschnittlich 20 Wochen, bis eine Lücke geschlossen werden kann.
Engpässe in fast allen Bereichen
Der Fachkräftemangel führt entsprechend auch zu enormen Problemen bei der Umsetzung der Richtlinie für die Personalmindestvorgaben (PPP-RL). Seit dem ersten Quartal 2022 müssen die Vorgaben für eine Reihe von Berufsgruppen in den Psychiatrischen und Psychosomatischen Kliniken zu 95 Prozent erfüllt werden. Das hat keine einzige an der Befragung teilnehmende Klinik in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres geschafft.
Relativ gut eingehalten wurden die Vorgaben noch bei den psychologischen Psychotherapeuten mit 81 Prozent und bei den Ärzten mit 69 Prozent. Bei den Ärzten konnten allerdings 19 Prozent der Häuser die Mindestvorgaben in keinem der drei Quartale erfüllen. Am schlechtesten wurden die Vorgaben im Pflegedienst umgesetzt. So konnte nur knapp ein Drittel der Kliniken (32 Prozent) die Vorgaben in allen drei Quartalen erfüllen. 28 Prozent der Häuser rissen die Anforderungen in jedem Quartal, 22 Prozent schafften es nur in einem Quartal, ausreichend Personal einzusetzen. In den übrigen Berufsgruppen – Spezialtherapeuten, Physiotherapeuten, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen hat jeweils rund ein Drittel die Vorgaben in keinem oder nur einem Quartal erfüllt.
Insgesamt wird die Richtlinie zur Personalausstattung in der Psychiatrie und Psychosomatik von den Befragten eher schlecht bewertet. So sehen zwei Drittel der Befragten durch die PPP-RL keine Verbesserung bei Behandlungsergebnissen oder der Patientenzufriedenheit. Halten die Kliniken ab dem kommenden Jahr die Personalvorgaben nicht ein, drohen ihnen Strafzahlungen.
An der Befragung für das Psychiatrie-Barometer haben sich laut DKI von November 2022 bis Februar dieses Jahres 270 Einrichtungen beteiligt. Dazu zählen Fachkliniken für Psychiatrie und Psychosomatik sowie Fachabteilungen in Allgemeinkrankenhäusern. (chb)