CovPass-App

Ärzte sollen Impfzertifikat-Modul fürs PVS kostenlos erhalten

Gesundheitsminister Spahn will Ärzten die Ausstellung von Corona-Impfzertifikaten schmackhaft machen. Für externe Impflinge gibt es ein gutes Honorar. Für in der Praxis Geimpfte gibt es nur zwei Euro, dafür soll die Dokumentation kinderleicht werden. Das nötige Modul erhalten Ärzte kostenlos. Das lohnt sich selbst für den Staat.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Der digitale Impfnachweis – in Arztpraxen soll er ab Ende Juni erstellt werden können.  dpa

Der digitale Impfnachweis – in Arztpraxen soll er ab Ende Juni erstellt werden können. dpa

© Soeren Stache / dpa

Berlin. Spätestens Ende Juni sollen Menschen in Deutschland ihren vollständigen Corona-Impfschutz oder ihre Genesung von COVID-19 digital nachweisen können. Das Impf- oder Genesenenzertifikat sollen sie in den Impfzentren, Arztpraxen und Apotheken erhalten.

In den Praxen wächst die Sorge vor noch mehr Dokumentations- und Arbeitsaufwand in der ohnehin kräftezehrenden Pandemie. Das Bundesgesundheitsministerium aber wird nicht müde zu betonen, dass die Erstellung der Zertifikate in der Arztpraxis möglichst unbürokratisch und unkompliziert ablaufen soll – im Idealfall über die Praxisverwaltungssysteme (PVS).

105 Euro pro Praxis für die Hersteller

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will den Ärzten die entsprechenden PVS-Module kostenfrei zur Verfügung stellen lassen. Das geht aus Vertragsunterlagen des Ministeriums mit den Herstellern von Praxissoftware hervor, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegen.

Der Bund lässt sich das – nicht ganz uneigennützig – einiges kosten, wie Berechnungen der „Ärzte Zeitung“ zeigen. Demnach sollen die Praxis-EDV-Hersteller pauschal 105 Euro erhalten für jede Praxis, der sie „ein Angebot in Bezug auf das Zertifikatsmodul“ machen, wie es in den Verträgen heißt.

Die tatsächliche Einbindung des Zertifikatsmoduls in der Praxis ist dabei nicht erforderlich. Die Hersteller rechnen die Vergütung anschließend direkt mit dem Ministerium ab. Dafür sind sie jedoch verpflichtet, die Module den Praxen kostenfrei zu installieren. Für die Vertragsärzte dürfen keine Gebühren entstehen.

Kosten von bis zu acht Millionen Euro

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gibt es in Deutschland 74.776 Arztpraxen. 150.850 Haus- und Gebietsärzte nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Damit kommen auf eine Praxis durchschnittlich zwei Ärzte. Würden die PVS-Anbieter, sofern sie allesamt ein entsprechendes Impfzertifikatsmodul entwickelt haben, allen Vertragsarztpraxen ein Angebot machen, würde der Steuerzahler dafür mit 7,85 Millionen Euro aufkommen müssen.

Zur Erinnerung: Impf- und Genesenenzertifikate dürfen neben den Apothekern alle niedergelassenen Ärzte ausstellen, auch wenn sie nicht selbst gegen SARS-CoV-2 impfen. Voraussetzung für das Zertifikatsmodul ist die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI).

Bund profitiert nach 27 Impfungen pro Praxis

Zum Vergleich: Ärzte, die ihren Impflingen ein Impfzertifikat über das Praxisverwaltungssystem ausstellen, erhalten dafür zwei Euro. Die Ausstellung ohne Praxisverwaltungssystem bringt sechs Euro ein. Die Kosten dafür trägt gemäß der Corona-Impfverordnung ebenfalls der Bund. Die Abrechnung erfolgt über die KVen, Ziffern für die Abrechnung sind noch nicht bekannt.

Mit jedem Impfzertifikat, das über die Praxis-EDV ausgespielt wird, spart der Bund also vier Euro. Ab dem 27. Impfzertifikat, das eine Praxis über das PVS erstellt hat, lohnt sich die Rechnung bereits für den Staat: 54 vs. 162 Euro ärztliches Honorar.

Bis zum 29. Mai sind ausweislich der tagesaktuellen Impfzahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) bundesweit 14,6 Millionen Menschen in den Arztpraxen mindestens einmal geimpft worden (bei 2,9 Millionen war die Impfserie bereits abgeschlossen). Stellen die Ärzte für alle diese Impflinge die Zertifikate via PVS aus, kostet dies den Steuerzahler 29,2 Millionen Euro Honorar. Würden sie die Zertifikate händisch ausstellen, müsste der Steuerzahler 87,6 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Übrigens: Ärzte, die nachträglich Zertifikate für Impflinge ausstellen, die im Impfzentrum oder bei Kollegen, zum Beispiel bei Betriebsärzten, geimpft wurden, erhalten dafür 18 Euro.

Weniger Geld, aber auch weniger Aufwand

Die Vertragsunterlagen zeigen deutlich, wie Spahn den Ärzten die Nutzung des PVS-Moduls schmackhaft machen will. Das BMG pocht darin auf eine „schnelle und komfortable Umsetzung“ in den Arztpraxen.

Das Ministerium gibt etwa vor, dass die personenbezogenen und medizinischen Daten des Impflings für die Erstellung des Impfzertifikats automatisch aus den Stammdaten übernommen werden müssen. Eine erneute, manuelle Eingabe entfällt.

Auch die Dokumentation, dass ein Impfzertifikat – eine PDF-Datei mit dem QR-Code – erzeugt wurde, soll automatisch erfolgen. Allerdings soll die manuelle Eingabe möglich bleiben für Versicherte, die außerhalb der Praxis geimpft wurden.

So erstellen Ärzte das Impfzertifikat

Für Ärzte wird es zwei Wege geben, auf denen sie ein Impfzertifikat erstellen können. Ein manueller Weg führt via Webbrowser zum Impfzertifikatsservice des Robert Koch-Instituts (RKI). Dieser Weg soll vor allem von Impfzentren genutzt werden, wie aus der Softwaredokumentation hervorgeht. Im Webbrowser erfassen sie Vorname, Name, Geburtsdatum, Impfstoff, Impfdatum und Impfdosis. Anschließend erhalten sie dort das Zertifikat als PDF-Datei.

Der automatisierte Weg wird in Bälde über das PVS führen und soll primär für Vertragsärzte genutzt werden. Dafür müssen die Praxen an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein, da der RKI-Dienst darüber die Zugangsberechtigung prüft. Die Daten für das Impfzertifikat werden dann direkt aus dem PVS übernommen. (nös)
Geplanter technischer Ablauf für die Erstellung eines Impfzertifikats.

Geplanter technischer Ablauf für die Erstellung eines Impfzertifikats.

© Springer Medizin Verlag

Enger Zeitplan für die Hersteller

Mit Blick auf den Kalender und den zugesagten Start-Termin spätestens Ende Juni bleibt für die Hersteller wenig Zeit für die Entwicklung ihres Zertifikatsmoduls: Bereits zum nächsten Quartalsupdate, spätestens jedoch in einem nachgelagerten Sonderupdate bis zum 12. Juli soll das Modul in den PVS bereitstehen.

Somit fällt auch die Testphase eher kurz aus: Laut Unterlagen werden die Impfzertifikatsmodule von den Praxis-EDV-Herstellern zunächst in zwei Praxen getestet. Dabei müssen mindestens drei Zertifikate je Praxis ausgestellt werden. Erst wenn das fehlerfrei funktioniert, können eine Freigabe des Zertifikatsservice durch das BMG und anschließend der Roll-out erfolgen.

Unterstützung für Ärzte

Die Praxis-EDV-Hersteller werden zusätzlich verpflichtet, Ärzten Schulungsunterlagen oder -angebote in Form von Flyern oder Online-Tutorials zur Verfügung zu stellen. Zudem sollen kostenfreie Supportleistungen wie Hotlines für Ärzte einen reibungslosen Ablauf garantieren.

Der initiale Gesamtpreis für den digitalen Impfnachweis, die CovPass-App, sowie für die Nachweisapp und den Zertifizierungsdienst des Konsortiums von IBM, UBIRCH, govdigital und Bechtle beträgt nach BMG-Angaben 2,7 Millionen Euro. Am Donnerstag ist in einem Impfzentrum in Brandenburg der erste Feldversuch mit dem digitalen Impfnachweis gestartet.

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Kommentare
Dr. Wolfgang Landendoerfer 30.05.202117:50 Uhr

Minister Spahn setzt eine Duftmarke unterirdischer Vergütungen nach der anderen. Die GKV-Verhandler werden diese Steilvorlagen mit Vergnügen aufnehmen, wenn es im Juli um die OPW-Verhandlungen 2022 mit der KBV geht. Für 2.-EUR Dumpingspreis sollte man das nette Angebot von Herrn Spahn freundlich ablehnen und lieber dem Apotheker 18.-EUR Verdienst gönnen.

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