Bürokratiemonster Medizinprodukte?

EU-Politiker bewerten Verordnung kontrovers

Die EU-Verordnung zu Medizinprodukten bleibt auch nach der Abstimmung im Gesundheitsausschuss des EU-Parlaments umstritten. Die Union kritisiert das "Bürokratie-Ungetüm", die SPD warnt vor einer Aufweichung des Entwurfs.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

BRÜSSEL. Der Gesundheitsausschuss des EU-Parlaments hat am Mittwoch mit großer Mehrheit dem Vorschlag für eine Verordnung zu Medizinprodukten zugestimmt. Die Vorlage der SPD-Abgeordneten Dagmar Roth-Behrendt war heftig umstritten.

Sie sieht zum einen vor, dass die Prüfinstitutionen von Medizinprodukten, die sogenannten Benannten Stellen wie zum Beispiel TÜV oder Dekra, höhere Anforderungen erfüllen müssen. Zum anderen sollen Behörden die Möglichkeit bekommen, bestimmte Medizinprodukte, die eine neue Technologie nutzen oder bei denen es zu Komplikation gekommen ist, erneut zu prüfen.

Die Zulassungsentscheidung läge dann bei einem "Assessment Committee for Medical Devices (ACMD)". Der Branchenverband BVMed warnte, die zusätzliche Bürokratie und Regulierung würde vor allem mittelständischen Unternehmen schaden.

Vorlage darf nicht "verwässert werden"

Die SPD-Berichterstatterin Roth-Behrendt hätte sich dagegen gerne noch striktere Vorgaben gewünscht: "Leider haben Konservative und Liberale im Parlament auf Druck der Hersteller-Lobby unsere Forderung nach einer zentralen Zulassung für Hochrisikoprodukte verhindert".

Nach ihren Angaben sind auch Regelungen zur Aufbereitung von Einweg-Medizinprodukten im Vergleich zum Entwurf der EU-Kommission verschärft worden. Die Abgeordnete sagte, sie hoffe, dass die erreichten Verbesserungen "im weiteren Gesetzgebungsprozess nicht wieder verwässert werden".

Anderslautend ist dagegen die Bilanz des CDU-Europaabgeordneten und Arztes Dr. Thomas Ulmer.

Ziel sei es gewesen, den nach dem Skandal um minderwertige Brustimplantate verunsicherten Patienten mehr Sicherheit zu geben. Stattdessen sei ein "bürokratisches Ungetüm geschaffen worden, das nur scheinbar mehr Sicherheit für den Patienten bringen wird", klagt Ulmer.

Werden Innovationen verzögert?

Er sieht die Gefahr, dass die Marktzulassung "wichtiger Innovationen hinausgezögert wird". Man habe aus Angst vor den weitergehenden Forderungen der SPD eine "quasi zentrale Vorabzulassung durch die Hintertür beschlossen", kritisierte der CDU-Abgeordnete.

Er kündigte neue Änderungsanträge an, um "das Ungetüm (der jetzt beschlossenen Regelung, Anm. d. Red.) wieder unter Kontrolle zu bringen".

Das Plenum des EU-Parlaments wird Ende Oktober über die Vorlage beraten. Ab 2014 könnte die EU-Verordnung dann in mehreren Schritten in Kraft treten.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung