Keime an der Charité
Jeder Stein wird umgedreht
Spurensuche an Deutschland größter Uniklinik: Nach dem Tod eines Frühchen und der Infektion weiterer Kinder, sucht die Charité fieberhaft nach der Ursache. Rätsel gibt derweil ein Badezusatz auf.
Veröffentlicht:BERLIN (ami). Die gehäuften Serratien-Infektionen an der Berliner Uniklinik Charité werden von einem achtköpfigen Expertengremium untersucht.
Die Arbeitsgruppe hat am Montag ihre Arbeit aufgenommen und sollte bereits am Abend erstmalig berichten. Am Wochenende war bekanntgeworden, das am Virchow-Campus sieben Frühchen mit Serratia marcescens infiziert und 15 weitere besiedelt sind.
Ein weiteres Neugeborenes war nach einer Herz-Op gestorben - womöglich an den Folgen einer Sepsis durch S. marcescens.
Eine lückenlose Aufklärung forderte Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). "Es ist wichtig, dass jetzt jeder Stein umgedreht wird", sagte er am Montagnachmittag in Berlin.
Das Ausbruchsteam überprüft nach seinen Angaben nicht nur die Abläufe bei der Hygiene auf den seit Donnerstag offiziell geschlossenen Frühchen-Stationen der Charité am Campus Virchow-Klinikum.
Auch bauliche Gegebenheiten und die Personalsituation kommen unter die Lupe. Die Gewerkschaft verdi hatte wiederholt auf einen Pflegekräftemangel an der Charité hingewiesen.
Czaja weist Ruf nach strengerer Hygiene zurück
Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) war dagegen am Montag Nachmittag von einem Personalabbau in diesem Bereich nichts bekannt. Scheeres kündigte an, dass auch der Aufsichtsrat der Charité, dem sie vorsitzt, die Infektionen thematisieren wird.
Einer der mit dem Erreger infizierten Säuglinge ist offenbar außer Lebensgefahr. Am Montagmorgen hieß es zunächst, sein Zustand habe sich verschlechtert. Die Antibiotikabehandlungen bei den Babys, die den Keim tragen, werden fortgesetzt.
Die Arbeitsgruppe prüft zudem, ob verunreinigte Badezusätze einer Drogeriemarktkette für die Infektionen verantwortlich sind.
An dem Expertenteam zur Untersuchung des Ausbruchs wirkt auch das Robert Koch-Institut (RKI) mit. Der Berliner Gesundheitssenator hat das RKI um Amtshilfe ersucht.
Schnellen Urteilen über Hygienemängel an Deutschlands größter Uniklinik erteilte Czaja eine Absage. "Wenn Frühchen der Mutter auf den Bauch gelegt werden, weil dann der Stresspegel sinkt, steigt dadurch das Infektionsrisiko. Es ist eine Frage der Abwägung, ob man das trotzdem macht", sagte er.
Auch den Ruf nach strengeren Hygienebestimmungen wies Czaja zurück. Es gelte zunächst zu klären, wie es zu dem Ausbruch kommen konnte, wenn alle Regularien eingehalten wurden.
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