Starre Hierarchien
Junge Ärzte bevorzugen Teamwork
In der Klinik treffen neue, frische Ideen auf strikte hierarchische Strukturen. Junge Ärzte aber wollen kreativ und gleichberechtigt im Team arbeiten, betonen Medizinstudierende.
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Hölzerne Strukturen hinterfragen – junge Mediziner wünschen sich mehr Gleichberechtigung.
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KÖLN. Ärztliche Organisationen und Verbände müssen sich ebenso wie die Arbeitgeber darauf einstellen, dass junge Ärzte und Medizinstudierende anders auf ihre Arbeit blicken, als es viele der schon länger aktiven Kollegen tun. Das betrifft nicht nur die viel zitierte Balance zwischen Beruf und Privatleben, sondern auch die Inhalte der ärztlichen Tätigkeit.
Bei der Patientenversorgung verstehen sich die jungen Ärzte als Teil eines Teams, das nach der besten Lösung für die Versorgung des Patienten sucht, sagte Jana Aulenkamp auf dem "Gesundheitskongress des Westens 2017" in Köln. "Wir sehen den Arzt als Netzwerker, der aus unterschiedlichen Bereichen das Wissen zieht, das er braucht", erläuterte die Bundeskoordinatorin für Gesundheitspolitik in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd).
Brauchen Wandel der Arbeitskultur
Um einen solchen lösungsorientierten Ansatz umsetzen zu können, müssten sich sowohl die Einstellung der Akteure im Gesundheitswesen als auch die Rahmenbedingungen ändern. "Wir brauchen einen Wandel der Arbeitskultur." Dabei spielen für sie drei Faktoren eine wichtige Rolle: Teamorientierung, Delegation und Substitution.
Die Realität ist von den nötigen Änderungen noch weit entfernt, beklagt sie. Statt des kreativen Miteinanders, das dem medizinischen Nachwuchs vorschwebt, trifft er in den Krankenhäusern nach wie vor auf starre Hierarchien. Auch die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln komme in der Medizin meist noch zu kurz, findet Aulenkamp. "Die Frage: Was können wir besser machen? habe ich bei Besprechungen im Krankenhaus noch nie gehört." Dabei könnte schon viel erreicht werden, wenn eine solche Herangehensweise zur Routine würde, schätzt die Studierende. Auch die Bedeutung der Digitalisierung sollte nicht unterschätzt werden. "Das Thema connected health ist für die Patienten wichtig, deshalb müssen wir uns als angehende Ärzte fragen, wie wir damit arbeiten", sagte Aulenkamp.
Dr. Kevin Schulte, Assistenzarzt am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und Mitinitiator sowie Sprecher des Bündnisses Junge Ärzte, stieß ins gleiche Horn. Auch für ihn ist Mut zur Veränderung gefragt, Stichwort Delegation. "Wir müssen alles delegieren, was nachweisbar nicht zu einer Qualitätsreduktion führt", forderte er. "Warum soll ich als Arzt ein EKG schreiben?" Dabei könne die Ärzteschaft viel von anderen Berufsgruppen lernen.
Die notwendige Neuorganisation der ärztlichen Arbeit muss nach seiner Ansicht vor allem drei Faktoren Rechnung tragen: der veränderten Anspruchshaltung gut informierter Patienten, der höheren Komplexität und Arbeitsdichte der Medizin sowie der veränderten Gewichtung zwischen Berufs- und Privatleben.
Berufsstand braucht Ungehorsam
Sein Berufsstand braucht insgesamt mehr Ungehorsam, findet Schulte: "Ärzte sind vom Typ her brave Schüler." Das helfe aber nicht dabei, das System in eine bessere Richtung weiterzuentwickeln. Dazu gehört es für ihn, sich gegen eine Dominanz des Wirtschaftlichkeitsinteresses zu wehren, wenn das Patientenwohl es erfordert. "Der Arzt muss vehement der Vertreter der Patienteninteressen sein, er muss den Mut haben, gegen das System aufzubegehren."
Klar ist für den Assistenzarzt, dass seine Generation keine Lust dazu hat, sich für eine Beibehaltung des Status quo anzustrengen. Denn: "Wenn wir die Dinge nicht ändern, wird sich die Patientenversorgung verschlechtern."
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