Integrierte Versorgung
Netzärzte in den Startlöchern
Kassen(arten)übergreifende Selektivverträge oder Regionalisierung der Versorgung? Die Netzärzte können sich in beiden Fällen vorstellen, sich einzubringen.
Veröffentlicht:Berlin. 400 Ärztenetze in Deutschland, davon 70 von der Kassenärztlichen Vereinigung zertifiziert: Wenn es um Verträge der besonderen Versorgung nach Paragraf 140a geht, sieht sich die Agentur Deutscher Arztnetze (ADA) als richtiger Ansprechpartner. Deren Vorsitzender Dr. Thomas Schang begrüßt die Pläne des Gesetzgebers, über das Versorgungsverbesserungsgesetz (GPVG) Krankenkassen zu erlauben, kassen(arten)übergreifende Verträge abzuschließen.
Es sei wenig sinnvoll, einen Selektivvertrag mit einer Kasse abzuschließen, die zehn Prozent der Versicherten repräsentiert, sagt Schang im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. Da verhandeln Sie zwei Jahre, dann läuft das zwei Jahre, und als beteiligter Arzt schreiben Sie in der Zeit vielleicht 20 bis 30 Patienten ein. Das steht in keinem Verhältnis.“ Er habe sich geschworen, „das machst Du nie wieder“.
Kritisch sieht Schang dagegen die Pläne, auslaufende Innovationsfonds-Projekte in Selektivverträge statt wie eigentlich vorgesehen, in die Regelversorgung zu überführen. „Selektivverträge sind das Gegenteil von Regelversorgung“, ärgert sich Schang. Der Gesetzgeber habe versäumt zu definieren, wie der Weg in die Regelversorgung für erfolgreiche Projekte aus dem Innovationsfonds aussehen könnte. Nun werde versucht, das nachzuholen. Das würden viele der auf die Regelversorgung ausgelegten, neu geschaffenen Strukturen voraussichtlich nicht überstehen, glaubt er.
Für eine Stärkung der Regionen für mehr integrative Versorgung, wie sie den Grünen vorschwebt und wie das Papier des IV-Protagonisten Dr. Helmut Hildebrandt vorschlägt, sieht der Chirurg die Netze gut aufgestellt. In den angedachten, besser ausgestatteten regionalen Gesundheitskonferenzen könnten sie eine wichtige Rolle spielen. Dafür müssten die Konferenzen aber erst einmal feste Aufgaben zugewiesen bekommen, die sie mit einem eigenen Budget und durch die Sammlung von Daten und Bereitstellung von Analysen für die regionalen Akteure mit Leben erfüllen könnten. Die Konferenzen könnten Gesundheitsziele formulieren, die in der Region angegangen werden könnten. Eine weitere Voraussetzung dafür wäre laut Schang: „Integrierte Versorgung braucht auch eine integrierte Finanzierung – dafür müssten wir die Vergütung der Ärzte und anderer Leistungserbringer weniger auf Leistungsmengen und mehr auf Kooperationsförderung zum Vorteil der Patienten und Patientinnen umstellen.“ (ger)