Für künftige Hausärzte und Zahnärzte
Thüringer Landtag beschließt Vorab-Quote im Medizinstudium
Bewerber, die sich zu einer langen Tätigkeit als Haus- oder Zahnarzt in Thüringen verpflichten, bekommen in Jena künftig leichter einen Studienplatz. Sechs Prozent der Plätze sollen so vergeben werden.
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Hörsaal im Klinikumneubau der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Eine Sitze werden für künftige Landärzte reserviert.
© Jan-Peter Kasper/ZB/picture-alliance
Jena. An der Medizinischen Fakultät der Universität Jena wird künftig ein bestimmter Anteil der Medizin- und Zahnmedizinstudienplätze für Bewerber reserviert, die sich vorab zu einer mindestens zehnjährigen Haus- beziehungsweise Zahnarztarzttätigkeit in einer Ärztemangelregion in Thüringen verpflichten. Das hat der Landtag in Erfurt am Mittwoch mit großer Mehrheit beschlossen – fast ein Jahr, nachdem die rot-rot-grüne Landesregierung ihr Hausärztesicherstellungsgesetz in den Landtag eingebracht hatte. Auf Drängen der CDU als größter Oppositionsfraktion war dieses zuletzt noch um eine Quotenregelung für Zahnärzte ergänzt worden.
Die Uni in Jena ist einzige staatliche Ausbildungsstätte für Ärzte und Zahnärzte in Thüringen. Hier können nach einer Kapazitätsaufstockung jährlich 286 Erstsemester ein Medizinstudium beginnen. Geplant ist einen Sechs-Prozent-Quote, demnach würden künftig 17 Studienplätze dafür zur Verfügung stehen.
250.000 Euro Vertragsstrafe
Bewerber, die über die Landarzt- oder Landzahnarztquote studieren, müssen einen Vertrag mit dem Land abschließen, in dem sie sich zur späteren zehnjährigen Arbeit in einer Bedarfsregion verpflichten. Bei Nichteinhaltung ihrer Verpflichtung drohen Vertragsstrafen von bis zu 250.000 Euro.
Zwar hätten Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigung den Sicherstellungsauftrag, sagte Wissenschaftsstaatssekretär Winfried Speitmann im Plenum. „Die Erfüllung setzt aber voraus, dass eine ausreichende Zahl von Ärzten und Zahnärzten in den betreffenden Regionen zur Verfügung steht.“ In Thüringen ist ein Drittel der Hausärzte 60 Jahre und älter und steht in den nächsten Jahren vor dem Ruhestand. Zuletzt war auch die langjährige Überversorgung bei Zahnärzten in dem Bundesland umgeschlagen, oftmals finden Ruheständler keine Praxisnachfolger.
Zweifel an Wirksamkeit
Bislang entscheiden sich nach Zahlen der KV elf Prozent der Jenaer Medizinabsolventen für das Fach Allgemeinmedizin. Die Abgeordneten von FDP und AfD äußerten Zweifel am Effekt des Gesetzes. „Es wird keine Wirkung zeigen, weil dadurch kein einziger neuer Medizinstudienplatz entsteht“, prophezeite Robert-Martin Montag (FDP). Wolfgang Lauerwald (AfD) nannte die Quote „halbherzig und unzureichend“.
Der Linke-Abgeordnete Ralf Plötner räumte ein, dass es dauern werde, bis das Gesetz Wirkung zeigen werde. „Wir müssen uns gedulden, bis es Früchte trägt.“
KV an Auswahl beteiligt
Für das Gesetz votierten die Regierungskoalition von Linke, SPD und Grünen und die CDU, AfD und FDP enthielten sich. Ein Entschließungsantrag der CDU, der unter anderem forderte, die Quote auch auf künftige Kinder- und als Frauenärzte auszudehnen, fand keine Mehrheit.
In das Auswahlverfahren der Studierenden ist auch die KV eingebunden. Sie soll gemeinsam mit den gesetzlichen Krankenkassen auch die Festlegung der Gebiete mit besonderem Versorgungsbedarf, in denen die Quoten-Studierenden später arbeiten, übernehmen.
Die Landesärztekammer Thüringen lobte am Donnerstag die Landarztquote als „wichtigen Baustein gegen den Ärztemangel“. „In unserer Situation sind jegliche Ideen und Maßnahmen, die einen Beitrag zur Fachkräftesicherung in unserem Bundesland leisten, willkommen“, sagte Präsident Dr. Hans-Jörg Bittrich. Kritikern der langen vertraglichen Bindung entgegnete er, dass jeder Bewerber die Entscheidungsfreiheit habe, „ob er die Karte Landarztquote“ zieht oder nicht. (zei)