Resistenzen
Modellprojekt setzt auf Arztkommunikation
Antibiotika-Resistenzen sind großes Thema des G20-Gipfels. vdek und KBV legen ein konkretes Modell vor – mit 14 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds.
Veröffentlicht:BERLIN. Zur Forschung an neuen Reserveantibiotika ist eine internationale Strategie nötig. Das betonte die Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes vdek, Ulrike Elsner, im Vorfeld des G20-Gipfels in Hamburg. Finanziell sei die Forschung an Reserveantibiotika für ein einzelnes Pharmaunternehmen derzeit relativ uninteressant. "Möglicherweise ist das etwas, was nur mit staatlicher Unterstützung erfolgen kann", sagte Elsner am Dienstag bei der Vorstellung des Innovationsfonds-Projektes RESIST zur Vermeidung nichtindizierter Antibiotika-Verordnungen.
Der Kassenverband geht davon aus, dass rund 30.000 Infekte und 1000 bis 4000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr auf multiresistente Erreger zurückgehen. Zur Vermeidung von Antibiotika-Resistenzen haben vdek und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) das Gemeinschaftsprojekt RESIST initiiert, das mit rund 14 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds gefördert wird. Das Modellvorhaben setzt auf das Prinzip Kommunikation statt nicht indizierter Medikation.
Seit 1. Juli können Hausärzte, Kinderärzte und Internisten in acht KVen teilnehmen. Voraussetzung ist, dass sie eine Online-Schulung absolvieren, die in drei Modulen die Arzt-Patienten-Kommunikation in den Vordergrund rückt.
"Deutschland ist kein Hochverordnungsland, aber wir können noch besser werden", sagte Professor Attila Altiner, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Uni Rostock, die das Projekt evaluiert. Mit 38 bis 40 Millionen Verordnungen pro Jahr liegt Deutschland den Angaben zufolge europaweit im unteren Drittel. Dennoch geht etwa der DAK-Report davon aus, dass fast ein Drittel der Verordnungen unnötig sind. Diese will das Projekt dank intensiver Patientengespräche reduzieren.
Die ersten 650 von angestrebten 3000 Ärzten haben die Schulung bereits durchlaufen. "Wie wir aus den Regionen hören, trifft die Schulung auf gute Akzeptanz", sagte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. Er begrüßt, dass das Projekt nicht nur auf eine Veränderung des Verordnungsverhaltens ziele, "sondern dass wir mit RESIST auch das ausführliche Arzt-Patienten-Gespräch fördern". Dieser Ansatz sei richtig und sollte zielstrebig verfolgt werden, so Hofmeister. "Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist für den Heilungsprozess insbesondere in der Zeit von Fake News wichtiger als je zuvor".
Das Projekt läuft bis 30. September 2019.
Ärzte erhalten für die Teilnahme an der Schulung 200 Euro und können aus dem Projekt bis zum 30. September 2019 ein Honorar von 450 Euro pro Quartal generieren. Dazu müssen sie mindestens 20 Patienten pro Quartal bei Erkrankungen der oberen Atemwege im Rahmen des Projektes versorgen. In welchem Ausmaß die Schulung das Verordnungsverhalten ändert, wird im Vergleich mit 3000 Nicht-Teilnehmer-Praxen ermittelt.
Unterdessen hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im Vorfeld des G20-Gipfels in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" betont, dass sich die G20-Staaten zu einer weltweiten Verschreibungspflicht für Antibiotika bekannt haben (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Um die globale Gesundheitspolitik zu stärken, kündigte er die Schaffung eines "Beirats aus international anerkannten Gesundheitsexperten" an.
Projekt "RESIST"
- Das Programm wurde von vdek und KBV entwickelt. Es setzt auf eine bessere Arzt-Patienten-Kommunikation statt nicht indizierter Medikation.
- Seit 1. Juli können Hausärzte, Kinderärzte und Internisten in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein, Saarland und Westfalen-Lippe teilnehmen.
- Für die Teilnahme an der Online-Schulung erhalten Ärzte 200 Euro. Bis 30.9.2019 können sie ein Honorar von 450 Euro pro Quartal generieren. Dazu müssen sie mindestens 20 Patienten pro Quartal bei Erkrankungen der oberen Atemwege im Rahmen des Projektes versorgen.