Corona und das Infektionsschutzgesetz

Erste Länder kippen FFP2-Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeheimen

Deutsche Stiftung Patientenschutz am Samstag: „Nachdem Hessen und Baden-Württemberg die Maskenpflicht für Pflegeheimbewohner gekippt haben, muss die Ampel-Koalition sofort handeln!“

Veröffentlicht:
FFP2-Maske weiter tragen - oder kann auf sie verzichtet werden? Über Empfehlungen und Regeln für Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeeinrichtungen wird jetzt diskutiert. (Symbolbild mit Fotomodell)

FFP2-Maske weiter tragen - oder kann auf sie verzichtet werden? Über Empfehlungen und Regeln für Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeeinrichtungen wird jetzt diskutiert. (Symbolbild mit Fotomodell)

© areporter / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Die umstrittene FFP2-Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen wackelt.

Baden-Württemberg hat die Regelung am Freitag auf eigene Faust gekippt. Auch in Wiesbaden wurde klargestellt, dass die Vorgabe so in Hessen nicht gilt. Über den Bundesrat forderten die Bundesländer den Bund am Freitag außerdem dazu auf, die entsprechende Regelung im Infektionsschutzgesetz, die seit dem 1. Oktober gilt, mit einer erneuten Gesetzesänderung zu korrigieren.

„Ungleiche Behandlung“

In einer Stellungnahme sprach sich die Länderkammer dafür aus, die Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeeinrichtungen und für Menschen mit Behinderung wieder aufzuheben, ebenso für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten. Diese würden gegenüber anderen Gruppen von Beschäftigten in vergleichbaren Tätigkeitsfeldern durch die Maskenpflicht ungleich behandelt, heißt es darin unter anderem.

Die aktuell geltenden Regeln sehen eigentlich vor, dass etwa Pflegeheimbewohner grundsätzlich FFP2-Masken tragen müssen, außer „in den für ihren dauerhaften Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten“. Die Maske darf demnach nach bisheriger Lesart nur im Zimmer ab und muss beispielsweise in Gemeinschaftsräumen getragen werden. Unter anderem die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso) hatte das kritisiert und von einem „erheblichen Einschnitt“ in die Lebensqualität der Pflegebedürftigen gesprochen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte sich dem angeschlossen.

Lauterbach warnt vor Infektionsrisiken

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Vertreter der Pflegebranche und Krankenkassen verteidigten die Regeln dagegen nach deren Inkraftreten Anfang Oktober. Der SPD-Politiker warnte vor hohen Corona-Infektionsrisiken in Gemeinschaftsräumen der Einrichtungen.

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Stuttgart, man habe die Einrichtungen per Brief darüber informiert, dass sie ebenso wie die Einrichtungen der Behindertenhilfe ab sofort selbst entscheiden könnten, ob sie an der Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen festhalten wollten.

Der Bund habe auf Drängen des Landes einen Katalog mit Fragen und Antworten zu den umstrittenen Paragrafen des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt. „Danach ist es nach unserer Auffassung vertretbar, auf eine Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen zu verzichten“, sagte Lucha. Es sei wichtig, soziale Kontakte zu ermöglichen. Die Beschäftigten müssen dagegen weiter eine FFP2-Maske tragen.

Auch in Hessen müssen Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen in Gemeinschaftsräumen keine Maske tragen, wie das Sozialministerium am Freitag mitteilte. Verwiesen wurde auf den im Grundgesetz verankerten Schutz der Wohnung. Gemeinschaftlich von den Bewohnern genutzte Räume seien von der Maskenpflicht auszunehmen, da sie aufgrund der Besonderheiten der Unterbringung in einer vulnerablen Einrichtung zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt seien.

Deutsche Stiftung Patientenschutz meldet sich zu Wort

Kein Heimbewohner in Deutschland soll mehr verpflichtet werden, eine Maske zum Schutz gegen Corona zu tragen. Das fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „Nachdem Hessen und Baden-Württemberg die Maskenpflicht für Pflegeheimbewohner gekippt haben, muss die Ampel-Koalition sofort handeln“, sagte Vorstand Eugen Brysch am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Es darf nicht vom Wohnort abhängen, ob Menschen außerhalb ihres Zimmers einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen. Grundrechte gelten im ganzen Bundesgebiet.“

Da die „groteske“ Vorschrift Teil eines Bundesgesetzes sei, müssten Kabinett und Bundestag das Infektionsschutzgesetz ändern, so Brysch weiter: „Bis zur Vorweihnachtszeit muss Schluss damit sein, pflegebedürftige Menschen mit der unsinnigen Vorschrift zu quälen. Stattdessen sind tägliche Testkonzepte für Beschäftigte und Besucher konsequent in den Einrichtungen umzusetzen.“

Kürzlich hatte Brysch dazu vorgeschlagen, tägliche Schnelltests für Beschäftigte mit PCR-Tests zweimal die Woche zu kombinieren: „So kann das Virus effizient gestoppt werden, bevor es die hochbetagten Menschen erreicht.“ (dpa/KNA)

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 01.11.202216:14 Uhr

Nachdem in der "Corona-krise" seit 2020, und amtlicher Verordnung, die M-N- Abdeckung (Coronamaskerade) schon eine schlechte Angewohnheit im öffentlichen Raum geworden ist, erkennen endlich unsere deutschen "Südstaatler", dass die PPL2- Maske beim Dauertragen für aktive Menschen a) atembehindernd und b) unhygienisch-keimsammeln ist; also gar nicht länger als "Hygiene-Artikel" bezeichnet werden darf.
Dies sollten nun auch unsere "Corona"- Experten, insbesondere Herr Lauterbach, begriffen haben; und nicht länger das Masketragen als Allheilmittel gegen saisonale Erkältungs-Krankheiten ausrufen. Auch ein "Epidemiologe" (gr. über dem Volk Stehender?) hat dabei zu berücksichtigen, dass bei verpflichtender Maskerade gesunde Menschen sich gegenseitig (psychologisch) -trotz Abstandshaltens- als infektiös oder "ansteckend" halten! - - -Gemäß der archaischen Vorstellung vom "unsichtbaren Feind" der Viren und Bakterien, die zu meinem Entsetzen von unseren prominenten Seuchen-"Experten" seit 3 Jahren "Coronakrise" durch unsinnige Wortwahl "am Leben gehalten" wird.
So sollte am Ende der pseudohygienischen Diskussion, einem jeden demokratisch die M-N-Abdeckung selbst überlassen bleiben, wenn er/sie meint, sich damit virtuell gegen "Corona" und "Varianten" schützen zu können.
Eine Maske sollte nur dort getragen werden, wo es besonders staubig ist; und natürlich im potentiell "ansteckenden" Patientenkontakt beim körperlich-medizinischen Untersuchen und Behandeln (Operieren).
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (Hygieniker), Rostock

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Suche nach Alternativen

Marktrücknahme von Humaninsulinen: Das sind Ihre Optionen

Lesetipps
Zeigt sich empört über Tweet des Gesundheitsministers: CDU-Chef Friedrich Merz am Mittwoch im Deutschen Bundestag.

© Michael Kappeler/dpa

Streit um Migrationspolitik

Umstrittener Tweet: Merz nimmt Lauterbachs Entschuldigung nicht an

„Sicherstellen, dass kein hausärztliches Honorar verloren geht“: Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

© Marc-Steffen Unger

Interview über aktuelle Pläne der Politik

KBV-Vize Hofmeister: Gesetzentwurf zur Entbudgetierung hat Tücken

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung