HIV-infizierte Chirurgen sollen operieren dürfen
Beschäftigte im Gesundheitswesen, die mit HIV infiziert sind, sollen unter bestimmten Umständen künftig auch übertragungsträchtige Tätigkeiten ausführen dürfen. Das fordert Dr. Jens Jarke vom Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz in Hamburg.
Veröffentlicht:HANNOVER (awa). Menschen mit einer HIV-Infektion, die im Gesundheitswesen arbeiten, wird nach wie vor manche Arbeiten mit und an Patienten untersagt. Basis ist eine Empfehlung des Robert Koch-Institutes von 1999, die nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht. Nun soll eine neue Empfehlung erarbeitet werden.
Bei HIV-positiven Beschäftigten im Gesundheitswesen, vor allem bei "invasiv" tätigen Medizinern, bestehe ein Interessenkonflikt zwischen dem Schutz von Patienten vor einer Infektion durch medizinisches Personal einerseits und einer eventuellen unverhältnismäßigen Einschränkung der Berufstätigkeit von HIV-Infizierten andererseits, sagte Dr. Jens Jarke vom Hamburger Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz auf dem 5. Deutsch-Österreichischen Aids-Kongress in Hannover.
HIV-Infizierte sind nicht infektiös, wenn Virusmenge unter 50 HIV-RNA-Kopien pro Milliliter Blut
Dabei besteht Jarke zufolge grundsätzlich keine Infektionsgefahr durch Menschen mit HIV im Alltags- und Berufsleben, auch nicht durch HIV-infizierte Beschäftigte im Gesundheitswesen. HIV-Infizierte mit übertragungsträchtigen Tätigkeiten sind nicht infektiös, wenn die Virusmenge unter 50 HIV-RNA-Kopien pro Milliliter Blut liegt.
Zu solchen Tätigkeiten gehören zum Beispiel chirurgische Eingriffe in beengtem Operationsfeld, mit langer Dauer oder bei denen mit den Fingern in der Nähe von scharfen Instrumenten gearbeitet wird.
Bisher seien nur acht HIV-Übertragungen auf Patienten durch Zahnarzt, Orthopäden, Gynäkologen oder Krankenschwester bekannt, mehrere Zehntausend nachuntersuchte Patienten mit Kontakt zu HIV-infiziertem medizinischen Personal seien HIV-negativ, betonte Jarke.
In Kürze neue Stellungnahme für HIV-Infizierte
Für die Hepatitis-C- und Hepatitis-B-Infektion liegen - anders als für HIV - Empfehlungen vor, die die heutigen Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie berücksichtigen. Die Folge seien teilweise völlige Fehleinschätzungen der Risiken durch Betriebsärzte, so Jarke.
Die Deutsche AIDS-Gesellschaft und mehrere virologische Fachgesellschaften werden demnächst eine Stellungnahme für HIV-Infizierte im Gesundheitswesen erarbeiten.
Diese sollte nach Ansicht von Jarke empfehlen, dass HIV-Infizierte mit einer Virusmenge von weniger als 50 HIV-RNA-Kopien pro Milliliter Blut auch übertragungsträchtige Tätigkeiten ausführen können sowie individuelle Schutzmaßnahmen und regelmäßige Kontrollen der Virusmenge im Blut vornehmen sollten.