Kinder- und Jugend-Ärztetag

Kinder mit, Erwachsene ohne Maske? „Nicht tolerabel!“, protestieren Ärzte

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Lernen in der Schule auch auf längere Sicht nur mit Maske? Kinder- und Jugendärzte wehren sich gegen die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwachsenen.

Lernen in der Schule auch auf längere Sicht nur mit Maske? Kinder- und Jugendärzte wehren sich gegen die Ungleichbehandlung gegenüber den Erwachsenen.

© Yulia / stock.adobe.com

Köln. Die jüngste Forderung von RKI-Chef Lothar Wieler, die Test- und Maskenpflicht an Schulen inzidenzunabhängig bis Frühjahr 2022 auszudehnen, lehnt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) entschieden ab.

Wieler hatte in der „Rheinischen Post“ (Freitag) dafür plädiert, Schutzmaßnahmen in Schulen bis ins kommende Frühjahr beizubehalten. „Wir empfehlen, dass in Schulen weiter getestet und Mund-Nasen-Schutz getragen wird. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, das sollte bis zum nächsten Frühjahr so sein.“ Er rechne mit vermehrt Fällen bei Kindern, es gebe bereits jetzt größere Schulausbrüche. Am Freitag begründete Wieler die Empfehlung auch damit, dass mit wachsender Impfquote bei Erwachsenen der Infektionsdruck auf die Jüngeren steigen werde. Wie lange an dem Rat festgehalten werde, hänge vom Infektionsverlauf ab.

Wie BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach am Sonntag am Rande des am vergangenen Wochenende online stattfindenden Kinder- und Jugend-Ärztetages der „Ärzte Zeitung“ sagte, könnten die Kinder- und Jugendärzte eine solche Ungleichbehandlung gegenüber den Erwachsenen „keinesfalls tolerieren.“ Während von Betrieben lediglich ein Testangebot für ihre Angestellten verlangt und die Maskenpflicht direkt am Arbeitsplatz mehr und mehr gelockert werde, sollen Kinder auch künftig zweimal pro Woche getestet werden und zudem auch in der Klasse an ihrem Sitzplatz weiterhin eine Maske tragen. Nur so könne nach Ansicht von Lothar Wieler die Inzidenz in der Schule niedrig gehalten und könnten weitere Schulschließungen verhindert werden.

„Kinder brauchen jetzt eine Perspektive“

Diese Position verurteilt Fischbach scharf. Während die geimpften Erwachsene alle Freiheiten zurück erhielten, würden Kinder wieder einmal „hintenangestellt“, indem sie sich „ihrem Schicksal fügen“ und noch mehr einschränken sollen. Nur dann könnten sie ihr Grundrecht auf Bildung weiter wahrnehmen. Dabei werde nicht bedacht, wie belastend es für Kinder sei, gerade jetzt im Hochsommer auch in der Schule weiterhin dauerhaft Masken tragen zu müssen. Diese Forderung könne auch nicht mit der unklaren Entwicklung der Delta-Variante gerechtfertigt werden. Kinder bräuchten jetzt eine Perspektive. Deren Interessen dürften nicht ständig mit der Gefahr neuer Virusvarianten ausgehebelt werden. Viel notweniger wäre es, im Laufe des Sommers nun endlich zum Beispiel geeignete Luftfilter in alle Schulen einzubauen und die Bundesländer dazu zu drängen, dafür endlich „Gelder in die Hand nehmen.“

Eine weitere Ungleichbehandlung von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen sieht Fischbach in der Impfstrategie. Durch die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) fehlt den allermeisten Kindern ab 12 Jahren ein allgemeines Impfangebot. Allerdings räumt der BVKJ-Präsident auch ein, dass sich derzeit gar nicht die Frage stelle, alle 12- bis 17-jährigen impfen zu lassen, solange der Impfstoff nach wie vor viel zu knapp ist.

Länder wie die USA und Kanada gehen andere Wege.

Die Kinder blieben somit als einzige nicht geimpfte Gruppe zurück, was wiederum zu höheren Inzidenzen führt. Fischbach hält eine solche Strategie für unverantwortlich. Andere Länder wie etwa die USA und Kanada gingen ganz andere Wege. Dort sind bereits über 10 Millionen Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren geimpft worden. Das Dilemma hierzulande fange bereits bei den Lehrern an, kritisiert Fischbach. Denn diese konsequent zu impfen, würde die Sicherheit der Pädagoginnen und Pädagogen im Unterricht deutlich erhöhen. Es sei allerdings mehr als fraglich, ob alle von ihnen ein Impfangebot annehmen würden“.

Hoffnung mache ihm jedoch insbesondere die Position der Ethikrat-Vorsitzenden Alena Buyx, die selbstkritisch eingeräumt hat, bei ihren Stellungnahmen nicht ausreichend auf die Situation der jungen Menschen geachtet zu haben. Daher wolle der der Rat nun ein „Lessons Learned“ Papier in Sachen Generationengerechtigkeit erarbeiten. Fischbach: „So viel kritische Selbstreflexion und Lernbereitschaft wünschte ich mir bei vielen anderen handelnden Akteuren auch.“ Trotz Corona-Impfungen: Masken wohl noch viele Monate nötig. (mit dpa)

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