Kommentar zu weniger Screenings
Kollateralschäden der Pandemie
Krebsscreening und Krebsdiagnosen sind während der Coronapandemie deutlich zurückgegangen. Das lässt nichts Gutes ahnen.
Veröffentlicht:Während der ersten Hochphase der Coronapandemie im Frühjahr 2020 sind die Zahlen bei den Screeninguntersuchungen auf Krebs und den onkologischen Diagnosen massiv eingebrochen. Das berichten Mediziner aus mehreren Ländern, darunter auch Deutschland.
Es sind Zahlen, die einen das Fürchten lehren. Ärzte der Helios-Kliniken, die den Entwicklungen in ihrer Krankenhausgruppe nachgegangen sind, haben einen Rückgang der stationären Aufnahmen onkologischer Patienten um bis zu ein Fünftel festgestellt.
Über die Gründe dafür lässt sich nur mutmaßen. Dass es weniger Fälle von Tumorerkrankungen gegeben hat, ist jedenfalls unwahrscheinlich. Die Angst vor Ansteckungen mit dem SARS-CoV-2-Virus stellt einen möglichen Anlass dar, weswegen Patienten einen Bogen um Kliniken gemacht haben könnten. Und möglicherweise haben sich auch die Aufrufe, Kontakte zu vermeiden, negativ auf die Bereitschaft ausgewirkt, Früherkennungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen und eventuelle Beschwerden abklären zu lassen. Die Verschiebung planbarer Maßnahmen mag ein Übriges beigetragen haben.
Mangels entsprechender Daten ist derzeit nicht klar, was das alles für die Prognose bedeutet. Zu fürchten ist: nichts Gutes. Schon im vergangenen Sommer haben englische Forscher versucht auszurechnen, welche Folgen die in der Pandemie verzögerte Krebsdiagnostik haben könnte (Lancet Oncol 2020; 21:1023–34). Sie kamen auf eine Steigerung der Todesfälle an Brustkrebs um 7,9 bis 9,6 Prozent binnen fünf Jahren. Die Zahlen der Darmkrebstoten würde demnach um 15,3 bis 16,6 Prozent, jene der Lungenkrebstoten um 4,8 bis 5,3 Prozent zunehmen. Und an Speiseröhrenkrebs stürben 5,8 bis 6,0 Prozent mehr Patienten. Träte dies ein, wäre es fast schon untertrieben, von Kollateralschäden der Pandemie zu sprechen.Schreiben Sie dem Autor: robert.bublak@springer.com