Debatte um längere Impfintervalle
Lauterbach fordert Fokus auf möglichst viele Erstimpfungen
Erst drei, dann sechs, und nun bald zwölf? Geht es nach dem SPD-Politiker Karl Lauterbach, sollten die Abstände zur zweiten Corona-Impfdosis deutlich länger sein. Auch Immunologen fordern: Lieber impfen statt lagern.
Veröffentlicht:Berlin. Der SPD-Politiker Karl Lauterbach fordert einen Kurswechsel in der Corona-Impfstrategie hin zu möglichst vielen raschen Erstimpfungen. Wenn der Abstand zur Zweitimpfung bei den mRNA-Impfstoffen Comirnaty® (von BioNTech/Pfizer) und die COVID-19 Vaccine Moderna von sechs auf zwölf Wochen verlängert würde, könnten bis Juli über 60 Millionen Menschen in Deutschland erstgeimpft und so gegen schwere Krankheitsverläufe geschützt sein, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag).
„Wenn wir jetzt unsere Strategie wechseln und auf möglichst viele Erstimpfungen ausrichten, wird kein vierter Lockdown mehr nötig sein“, so Lauterbach weiter. Lauterbach verwies auf Erfahrungen aus Großbritannien sowie Modellrechnungen unter seiner Beteiligung, wonach so „weit über 10.000“ Todesfälle verhindert werden könnten.
DGfI: „Alles verimpfen!“
„Studienergebnisse aus Australien weisen darauf hin, dass der Schutz der mRNA-Impfstoffe auch zwischen der sechsten und der zwölften Woche nach der Impfung so stark ausgeprägt ist, dass bei einer Corona-Infektion das Risiko schwerer Verläufe mit Klinikaufenthalten oder tödlichem Ausgang extrem gering ist.“
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), Professor Carsten Watzl, stützte den Vorschlag und forderte, keine Dosen für Zweitimpfungen mehr zurückzulegen.
„Wir haben derzeit über 1,2 Millionen Dosen BioNTech und eine halbe Million von Moderna auf Lager in den Gefrierschränken liegen“, sagte Watzl der „Augsburger Allgemeinen“. „Wir müssen jetzt aber pragmatisch sein und alles verimpfen, was geliefert wird.“
STIKO empfiehlt sechs Wochen
Möglich sei, dass der Schutz zwischen Woche sechs und zwölf etwas nachlasse. Doch: „Selbst wenn der Impfabstand etwas länger als sechs Wochen ist, retten wir dadurch möglicherweise mehr Menschenleben als wir schwere Erkrankungen riskieren.“ Die DGfI hatte sich schon zu Jahresbeginn für eine Verlängerung der Zeitspanne zur zweiten Impfung auf bis zu 60 Tage ausgesprochen.
Die EU-Zulassung für beide Impfstoffe sieht bislang bekanntlich einen Impfintervall von drei Wochen für die zweite Dosis Comirnaty® bzw. 28 Tage für die Moderna-Vakzine vor. Letzterer Impfstoff wird in Deutschland bis dato nur in geringen Mengen eingesetzt.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 1. April ebenfalls längere Impfabstände: „Die Gabe der zweiten Impfstoffdosis soll für die mRNA-Impfstoffe nach sechs Wochen (...) erfolgen, da dadurch sowohl eine sehr gute individuelle Schutzwirkung als auch ein größerer Effekt der Impfung auf Bevölkerungsebene zu erzielen ist.“ (dpa/eb)