SPD und Spahn
Masern-Impfpflicht im Gespräch
Wird die Masern-Impfung bald Pflicht in Deutschland? Laut SPD befindet sich eine solche Vorlage in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsminister. Die Grünen sehen die Pläne skeptisch.
Veröffentlicht:BERLIN. Angesichts der zunehmenden Masernfälle in Deutschland ist die Diskussion über die Impfpflicht wieder aufgeflammt. So haben sich SPD und FDP für eine Pflichtimpfung gegen Masern ausgesprochen.
Das Problem: 170 Masernfälle sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bereits in den ersten neun Wochen des Jahres bundesweit gemeldet worden. Höchstens 80 dürften es im ganzen Jahr sein, wenn das mit der WHO vereinbarte Ziel einer Masernelimination bei uns bis 2020 gelingen soll.
Vor allem die SPD im Bundestag will jetzt die Impfung von Kindern gegen Masern zur Pflicht machen. Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag), er sei darüber mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Gespräch und „zuversichtlich, dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte der dpa, man sei besorgt über die steigende Zahl der Maserninfektionen in Deutschland, die zu viele Menschen „auf die leichte Schulter“ nähmen. „Eine Debatte über mögliche Maßnahmen ist nur zu begrüßen“, sagte er.
FDP pro Impfpflicht
Weil sich die Krankheitsfälle in mehreren Regionen häuften, hatte die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) kürzlich eine Impfpflicht gefordert.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte dem RND, die Freidemokraten wollten eine Impfpflicht für Kinder bis 14 Jahre. Spahn müsse den Zugang zu Impfungen erleichtern. Sie könnten etwa in Schulen und Kitas angeboten werden.
Zuvor hatte sich Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg (FDP) für eine verpflichtende Masernimpfung ausgesprochen.
Grüne skeptisch
Die Grünen im Bundestag gehen auf Distanz zu Forderungen aus der SPD, die Impfung von Kindern gegen Masern zur Pflicht machen.
Statt auf Zwang und Sanktionen müsse man das Vertrauen in eine gute Beratung stärken und auf herrschende Verunsicherungen eingehen, sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND/Montag): „Dazu brauchen wir eine Aufwertung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und bessere personelle Ausstattung.“
Schulz-Asche betonte zugleich, Impfen sei ein Akt gesellschaftlicher Solidarität. „Je mehr Menschen geimpft sind, desto größer ist der Schutz für die Bevölkerung, auch gerade für diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können.“
Umsetzung in Deutschland unklar
Konkrete Aussagen, wie eine mögliche Impfpflicht in Deutschland umgesetzt werden sollte, fehlen bisher allerdings. Ein großes Problem sind bei uns nämlich die großen Impflücken bei Jugendlichen und Erwachsenen, die man mit Impfzwang nicht erreichen könnte.
In anderen Ländern gibt es zudem keine guten Erfahrungen mit einer Impfpflicht, etwa in Italien. Dort wurde bereits seit 2017 eine Impfpflicht für Kinder gegen zwölf Krankheiten eingeführt (Polio, Diphtherie, Tetanus, Hep. B, Hib, MenB und -C, Masern, Mumps, Röteln, Pertussis, Varizellen).
Trotzdem gehörte das Land 2018 mit 2517 gemeldeten Fällen zu den Ländern Europas mit den größten Masernproblemen.
Sanktionen für Schulpflichtige
Nach einem Bericht der „BBC“ sollen Eltern in Italien ab dem 11. März bis zu 500 Euro Bußgeld zahlen, wenn sie ihre Kinder im Alter bis 16 ungeimpft in die Schule schicken. Weil diese schulpflichtig sind, dürfen sie nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden.
Kleinkinder dürfen zudem nicht in Krippen und Kindergärten aufgenommen werden, wenn sie, außer gegen Masern nicht gegen Mumps, Röteln, Windpocken und Poliomyelitis geschützt sind.
Die Impfpflicht trifft bei vielen Eltern in Italien auf Widerstand. Vor allem die populistischen Parteien machen Stimmung dagegen. (dpa/eis/ths)
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 25.03.2019 um 15:05 Uhr.
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