Bakterien einfach aufgespießt

Nagelbrett schützt Implantat vor Keimen

Forscher haben eine Oberfläche entwickelt, die das Infektionsrisiko nach Einsatz von Implantaten senken soll. Inspiriert wurden sie von der Natur.

Veröffentlicht:
Keime im Visier: Mit einer Art Nagelbrett wollen Forscher Bakterien und Viren den Garaus machen.

Keime im Visier: Mit einer Art Nagelbrett wollen Forscher Bakterien und Viren den Garaus machen.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Bochum. Ein Team der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat einen Weg gefunden, die Anheftung von Bakterien an Implantate wie künstliche Gelenke zu verhindern: Sie lassen nanometerkleine Säulen auf der Oberfläche wachsen, die wie ein Nagelbrett dazu führen, dass die Bakterien zerreißen, berichtet die RUB. Keime, die zu widerstandsfähig dafür sind, rücken sie mit Silberionen zu Leibe.

Inspiriert wurden die Forscher durch eine auf den Flügeln bestimmter Zikaden vorkommende Struktur mit antibakteriellen Eigenschaften: Die Flügel sind über und über mit winzigen Säulen aus wachsartigem Material besetzt, die nur rund 200 Nanometer klein sind und zur Beschädigung der Bakterienzellwand führen. „Bis dahin dachte man, Bakterien könnten in der Natur hauptsächlich über chemische Prozesse eliminiert werden“, wird Professor Manfred Köller, Leiter der Abteilung Chirurgische Forschung am RUB-Klinikum Bergmannsheil in der Mitteilung der Ruhr-Uni zitiert.

Nanosäulen aus Titanatomen

Mit einer sogenannte Sputteranlage gelang es, die Nanosäulenstruktur der Zikaden fast identisch aus Metall zu generieren. Doktorandin Nadine Ziegler nutzte dazu ein besonderes Sputter-Verfahren namens Glancing Angle Deposition, kurz GLAD. „Dabei werden einzelne Titanatome durch ein Plasma aus einem Stück reinen Titans herausgelöst und in Richtung des Trägermaterials beschleunigt. Sie treffen schräg von der Seite auf“, erklärt sie. So entsteht eine Landschaft charakteristischer Nanosäulen aus Titanatomen. Tests mit E. coli zeigten, dass die Erreger sich auf so beschichteten Oberflächen nicht vermehren konnten.

Andere Arten von Bakterien mit dickerer Zellwand wie Staphylokokken zeigten sich allerdings unbeeindruckt. Um sie an der Anheftung zu hindern, entwickelten die Forscher eine Beschichtung der Nanosäulen mit noch viel kleineren Nanoflecken aus Silber und Platin. Die Anwesenheit des edleren Platins sorgt dafür, dass das Silber vermehrt korrodiert, sodass Silberionen freigesetzt werden. Diese wiederum schaden den Bakterien. „Dadurch, dass das Silber durch die Korrosion binnen dreier Tage verschwindet, haben wir ein selbstlimitierendes System, das in der ersten heiklen Phase nach der Operation eine Infektion verhindern soll“, fasst Köller zusammen.

Weitere Untersuchungen geplant

Den körpereigenen Zellen schaden die Nanosäulen nicht, heißt es im „Rubin“, dem Wissenschaftsmagazin der RUB. Im Gegenteil: In ersten Experimenten sieht es so aus, als würden die Säulen bestimmte Blutzellen stimulieren und so die Heilung zusätzlich anregen. „Weitere Untersuchungen müssen jetzt zeigen, ob das Ganze auch unter den Bedingungen eines klinischen Einsatzes funktioniert“, so Köller. (eb)

Jetzt abonnieren
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Patienten mit DMD profitierten von einer über 24-wöchigen Vamorolon-Therapie im Vergleich zu einer Therapie mit Prednison in Bezug auf das Längenwachstum

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14]

Duchenne-Muskeldystrophie (DMD)

Erstes dissoziatives Kortikosteroid zugelassen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera (Germany) GmbH, München
Abb. 1: Anteil der PMR-Patientinnen und -Patienten mit anhaltender Remission (primärer Endpunkt)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Erstes steroidsparendes Biologikum bei Polymyalgia rheumatica

Sarilumab schließt eine therapeutische Lücke

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Abb. 1: Veränderung der Krankheitsaktivität, gemessen mittels Simple Disease Activity Index (SDAI) zwischen Baseline und Woche 16

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Ernährung bei rheumatoider Arthritis

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke soll Nährstofflücken schließen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Dr. Schär Deutschland GmbH, Ebsdorfergrund
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Versorgung von Privatpatienten

PKV-Vergütung bringt Praxen knapp 74.000 Euro zusätzlich

Lesetipps
Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter