Forschung am DKFZ
Neue Trümpfe gegen Viren als Krebsauslöser
Infektionen sind ein Risikofaktor für Malignome. Impfungen und Wirkstoffe gegen auslösende Viren schützen.
Veröffentlicht:Heidelberg. Virusinfektionen tragen zu etwa 15 Prozent der Krebserkrankungen bei. Am häufigsten sind das hepatozelluläre Karzinom (HCC) durch Hepatitisviren (HBV/HDV, HCV) sowie Malignome von Zervix, Anogenitalbereich, Kopf, Hals und Mundhöhle durch humane Papillomaviren (HPV). Bei beiden gibt es neue Präventionsansätze.
Viren fördern die Karzinogenese direkt, indem sie über virale Onkogene Zellen zur Teilung anregen oder nach Einbau ihres Genoms in menschliche Zellen dort Onkogene aktivieren oder Tumorsuppressorgene inaktivieren, erläuterte Professor Ralf Bartenschlager vom Fachbereich „Virus-assoziierte-Karzinogenese“ am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) aus Anlass des Weltkrebstages.
Wie Viren Krebs fördern
Solche Mechanismen überwiegen bei EBV (Epstein-Barr-Virus), HPV, HHV-8 (humanes Herpesvirus Typ 8), HTLV1 (humanes T-Zell-lymphotropes-Virus Typ 1) und MCV (Merkelzell-Polyomavirus). HIV und Hepatitisviren fördern die Krebsentstehung vor allem indirekt: indem sie das Immunsystem supprimieren, den programmierten Zelltod verhindern, den Zellstoffwechsel verändern und vor allem durch chronische Entzündung.
Voraussetzung ist eine persistierende Infektion durch die Viren. „Nur dann sind sie auch krebsbegünstigend“, so Bartenschlager. Gelingt es, den Erreger zu eliminieren oder eine Infektion durch Impfung von vornherein zu verhindern, beugt das auch dem Krebs vor.
Neue HPV-Vakzine entwickelt
DKFZ-Forscher haben einen neuen HPV-Impfstoff (PANHPVAX) entwickelt, der eine schützende Immunantwort gegen alle onkogenen HPV, Genitalwarzen-HPV und kutane HPV erzeuge. Wie Bartenschlager berichtete, enthält er ein einziges Antigen, das aber in acht verschiedenen HP-Viren vorkommt. Er sei extrem thermostabil, „also ein idealer Impfstoffkandidat für arme Länder, in denen keine ausreichende Infrastruktur vorhanden ist.“ Gerade dort ist HPV am stärksten verbreitet. Eine Phase-I-Studie starte demnächst.
Bereits verfügbar sei ein von Molekularvirologen der Universität Heidelberg entwickelter Wirkstoff gegen Hepatitis D: Hepcludex®/Bulevirtid bindet nach subkutaner Gabe spezifisch an den HBV/HDV-Rezeptor auf Hepatozyten und verhindert so die Virus-Aufnahme. Wegen guter Wirksamkeit und Verträglichkeit in zwei Phase-II-Studien habe die europäische Arzneimittelbehörde EMA es im letzten Jahr vorläufig zugelassen, Phase-III-Studien laufen. Zwar schütze die HBV-Impfung auch gegen HDV, das nur als Ko-infektion bei etwa zehn Prozent der weltweit rund 250 Millionen Hepatitis B-Infizierten vorkommt, so Bartenschlager. Eine Therapie gab es aber bisher nicht. Die Ko-Infektion beschleunigt den Leberschaden und erhöht das Risiko für Zirrhose und HCC.
Anders als bei Malaria, HIV und Tuberkulose hat die Mortalität durch Virushepatitiden zwischen 2000 und 2015 stetig zugenommen und zuletzt das Niveau der Tuberkulose erreicht. Eine Herausforderung auch für die Krebsforschung: „Das zeigt, dass da noch viel Luft nach oben ist.“