Kommentar zu Alzheimer

Prävention bleibt entscheidend

Thomas MüllerVon Thomas Müller Veröffentlicht:

Die erste Zulassung einer krankheitsmodifizierenden Behandlung gegen die Alzheimerdemenz ist ohne Zweifel ein Meilenstein in der Demenztherapie. Auch wenn unklar ist, ob die europäische Behörde EMA ihrer US-Schwester FDA folgen wird und den gegen Beta-Amyloid gerichteten Antikörper Aducanumab auch in der EU zulässt – der Weg für neue Anti-Amyloid-Therapien ist geebnet, und davon wird es in den nächsten Jahren sicher einige geben. Was diese jedoch bringen, steht auf einem anderen Blatt: Der größte Nutzen wäre eigentlich bei einer Anwendung Jahre vor den ersten klinischen Symptomen zu erwarten, eine Demenz lässt sich schließlich nicht heilen, allenfalls verzögern und im besten Fall verhindern.

Lesen sie auch

Ergebnisse großer Studien mit Amyloid-Antikörpern bei Patienten in präklinischen Demenzstadien stehen noch aus, doch sollte man hier keine Wunder erwarten – der Amyloidpfad ist nach allem, was wir heute wissen, nur einer von mehreren Wegen in die Demenz, andere laufen über vaskuläre Schäden und eine geringe kognitive Reserve. Anti-Amyloid-Therapien könnten eine wichtige Säule der Alzheimerprävention bilden, die anderen werden deswegen aber nicht überflüssig: viel Bewegung, eine gesunde Ernährung, eine gute medikamentöse Kontrolle von Blutdruck, Blutzucker, und Blutfetten, ein kognitiv anregendes Umfeld und wenig negativer Stress. Auf dem Internationalen Alzheimerkongress AAIC wurde erneut klar, welch großen Einfluss solche Faktoren auf das Demenzrisiko haben – und dies zu einem erheblichen Teil Amyloid-unabhängig. Die Alzheimerprävention der Zukunft dürfte daher multimodal sein: Kontrolle von vaskulären, kognitiven und psychischen Risikofaktoren plus Anti-Amyloid-Therapie, sobald sich eine Amyloidpathologie in Blut- oder Liquoranalysen andeutet.

Schreiben Sie dem Autor: thomas.mueller@springer.com

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Marktfreigabe

EU-Kommission genehmigt Alzheimer-Wirkstoff Lecanemab

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Was tun, wenn der Therapieplatz auf sich warten lässt?

© portishead1 | Getty Images (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionen bei Kindern

Was tun, wenn der Therapieplatz auf sich warten lässt?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Diagnostik: Frühjahrsmüde oder doch schon eine Depression?

© LuckyBusiness | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Ständig müde

Diagnostik: Frühjahrsmüde oder doch schon eine Depression?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Wissen rund um Depression jetzt auch auf medbee

© Bayer Vital GmbH

Die Springer Medizin App

Wissen rund um Depression jetzt auch auf medbee

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 02.08.202118:01 Uhr

Demenz-Forscher publizierten: "Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission", G. Livingston et al. Published: 30.07.2020
DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30367-6

und wiesen die Amyloid-beta- und Tau-Biomarker-Hypothesen eindeutig zurück: "Amyloid-ß and tau biomarkers indicate risk of progression to Alzheimer's dementia but most people with normal cognition with only these biomarkers never develop the disease."

Das CDC/USA zeigte nicht den Hauch von Selbstkritik, dass ihre umstrittene Zulassungsvolte entgegen überwiegender Expertenmeinung zu Aducanumab doch zur unerwarteten Medikamentenzulassung des sündhaft teuren und weitgehend unwirksamen Präparats führte. Und die Suche nach effektiven Medikamenten hat sich schon mehrfach über Amyloid-ß und Tau-Protein Hypothesen als Fehlschlag erwiesen. 

"Overall, a growing body of evidence supports the nine potentially modifiable risk factors for dementia modelled by the 2017 Lancet Commission on dementia prevention, intervention, and care: less education, hypertension, hearing impairment, smoking, obesity, depression, physical inactivity, diabetes, and low social contact. We now add three more risk factors for dementia with newer, convincing evidence. These factors are excessive alcohol consumption, traumatic brain injury, and air pollution", schreiben dagegen die Experten:
Geringer Bildungsgrad
Schwerhörigkeit/bio-psycho-soziale Isolation
Schädel-Hirn-Traumata (SHT)
Hypertonie und hypertensive Herzkrankheit
Übermäßig-exzessiver Alkoholkonsum
Symptomatische Adipositas
Rauchen
Depressionen und psychischer Stress
Soziale Isolation und Deprivation
Luftverschmutzung
Körperliche Inaktivität
Altersdiabetes

Hinzufügen könnte man m.E. auch noch mangelhafte Fähigkeit zu kultureller Reflexion, Kontemplation und Kreativität im bio-psycho-sozial-kulturellen Umfeld.

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Primäre Endpunkte LPS und WASO der Zulassungsstudien

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [7]

Chronische Insomnie

Langfristig besser schlafen mit Daridorexant

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH,
Schübe und Krankheitsprogression kontrollieren – unter Erhalt der Immunkompetenz

© Hank Grebe / stock.adobe.com

Schubförmige Multiple Sklerose in ZNS und Peripherie behandeln

Schübe und Krankheitsprogression kontrollieren – unter Erhalt der Immunkompetenz

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Merck Healthcare Germany GmbH, Weiterstadt
Neue Daten untermauern günstiges Sicherheitsprofil von Ofatumumab

© Frantisek / Generated with AI / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose (RMS)

Neue Daten untermauern günstiges Sicherheitsprofil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Koalitionsvertrag im Pädiatrie-Check: „Man zeigte sich stets bemüht“

Lesetipps
Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?