Corona-Therapie
Remdesivir beschleunigt Genesung bei COVID-19
In einer nach hohen Standards durchgeführten Studie ist jetzt eine moderate Wirksamkeit des Virostatikums Remdesivir gegen COVID-19 nachgewiesen worden.
Veröffentlicht:ACTT-Studie
Im „Adaptive COVID-19 Treatment Trial“ mit Remdesivir ist zum ersten Mal die Wirksamkeit einer Substanz gegen COVID-19 in einer Studie mit höchstem Standard nachgewiesen worden.
Öffentlich gefördert: Die Studie wurde vom US-„Institute for Allergy and Infectious Diseases“ (NIAID) finanziert und weltweit in 68 Zentren durchgeführt.
Einschränkung: Bisher hat das NIAID nur vorläufige Ergebnisse in einer Presse-Erklärung mitgeteilt. Die Publikation in einem Wissenschafts-Journal mit Review-Verfahren steht noch aus.
Neu-Isenburg. Das Virostatikum Remdesivir vom Unternehmen Gilead nützt COVID-19-Patienten offenbar doch. Nach enttäuschenden Ergebnissen aus einer chinesischen Studie hat jetzt das US-„Institute for Allergy and Infectious Diseases“ (NIAID) vorläufige erste positive Ergebnisse des „Adaptive COVID-19 Treatment Trial“ (ACTT) zu dem Medikament mitgeteilt. Die Studiendaten sind allerdings bisher noch nicht publiziert und haben das Review-Verfahren noch nicht durchlaufen.
An der randomisiert-kontrollierten und vom NIAID finanzierten Studie sollten ursprünglich 1063 unterschiedlich schwer erkrankte COVID-19-Patienten teilnehmen. Die Teilnehmer in 68 Zentren weltweit wurden über zehn Tage mit Remdesivir oder Placebo behandelt. Wegen des Erfolgs soll die Studie nun vorzeitig abgebrochen werden, habe das Data Safety Monitoring Board (DSMB) entschieden.
Was war der primäre Endpunkt?
Nach Angaben des NIAID war bei den Patienten der Remdesivir-Gruppe der primäre Endpunkt „Zeit bis zur Genesung“ im Vergleich zu den Patienten der Placebo-Gruppe überlegen. „Genesung“ war dabei als Entlassung aus dem Krankenhaus oder Rückkehr zu einem „normalen Aktivitätsniveau“ definiert worden. Die mediane Dauer bis zur Genesung wird dabei in der Remdesivir-Gruppe mit 11 Tagen und in der Placebo-Gruppe mit 15 Tagen angegeben. Dies bedeute eine um im Schnitt 31 Prozent schnellere Genesungszeit bei Therapie mit dem Virostatikum.
Dem NIAID zufolge deuten diese Ergebnisse zugleich auf einen leichten Überlebensvorteil hin. Die Mortalität betrug in der Remdesivir-Gruppe 8 Prozent verglichen mit 11,6 Prozent in der Placebo-Gruppe. Der Unterschied war allerdings statistisch nicht signifikant (p=0,059).
Die ACTT-Studie ist „bezüglich des primären Endpunktes belastbar und aussagekräftig. Es konnte gezeigt werden, dass COVID-19-Patienten unter einer Therapie mit Remdesivir früher aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten beziehungsweise sich schneller erholten“, kommentiert Professor Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing die vorgestellten Ergebnisse in einer Mitteilung des Science Media Centers (SMC).
Publikation der Daten wird sehnsüchtig erwartet
Für den Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin sowie dem Leiter der Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen bleiben jedoch noch viele Fragen offen: Remdesivir zeige zwar einen Trend für ein besseres Überleben für symptomatische COVID-19-Patienten. Trotzdem sterbe aber laut Studie noch jeder zwölfte Patient. „Hier sind die Gründe in der vollständigen Auswertung genau zu betrachten. So stellt sich zum Beispiel die Frage, ob eventuell ein früherer Einsatz der Substanz von Vorteil sein könnte, da Sekundärkomplikationen, wie irreversible Lungen- und Nierenschädigungen, verhindert werden könnten“, betont Wendtner in der Mitteilung.
Für den Infektiologen bleibt zudem noch offen, wie viele Patienten von einer invasiven Beatmung auf der Intensivstation entwöhnt werden und wieder auf die Normalstation verlegt werden konnten. Von Interesse sei darüber hinaus, wie schnell Viruslasten im Nasenrachenraum beziehungsweise in der Lunge unter Remdesivir abnähmen. Wendtners Fazit: „Eine detaillierte Analyse der Sicherheitsdaten mit dem exakten Nebenwirkungsprofil von Remdesivir muss abgewartet werden.“