Sklerose

Stammzellen statt Cyclophosphamid

In einer langjährigen Studie wurde bei Patienten mit systemischer Sklerose die autologe Stammzelltransplantation mit einem Zytostatikum verglichen. Mit der Transplantation überlebten mehr Menschen.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Sklerodermie bei systemischer Sklerose: Womöglich helfen Stammzellen.

Sklerodermie bei systemischer Sklerose: Womöglich helfen Stammzellen.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

BERLIN. Bei Patienten mit schwerer systemischer Sklerose treten weniger Todesfälle auf, wenn sie eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) bekommen, als wenn sie mit Cyclophosphamid therapiert werden. Das lässt sich aus den ersten Ergebnissen einer langjährigen internationalen Multicenter-Studie schließen.

An der ASTIS-Studie (Autologous Stem Cell Transplantation International Scleroderma trial) nahmen 150 Patienten mit früher diffus-kutaner systemischer Sklerose teil, die seit 2001 an 27 Zentren in zehn Ländern rekrutiert wurden.

Die Studie war ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Rheumaliga (EULAR) und der European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT).

In randomisiert-kontrolliertem Design wurden die Studienteilnehmer entweder konventionell mit einer intravenösen Cyclophosphamid-Pulstherapie behandelt, oder aber sie erhielten eine autologe Stammzelltransplantation.

In diesem Fall wurden die Stammzellen zunächst mit Cyclophosphamid und G-CSF (Granulozyten Kolonie-stimulierender Faktor) mobilisiert und dann per Leukapharese entnommen. Die Konditionierung erfolgte mit Antithymoglobulin (rbATG). Danach wurden die Stammzellen reinfundiert.

69 und 58 der 79 und 77 Patienten in der Transplantations- und Kontrollgruppe komplettierten die Behandlung sowie 61 und 54 das Zweijahres-Follow up. Primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben, also das Gesamtüberleben ohne anhaltendes Versagen wichtiger Organe wie Niere, Herz oder Lunge.

Studienleiter Professor Jaap van Laar von der Universität Newcastle präsentierte in Berlin die aktuellen Zwischenergebnisse: "Bis zum 1. Mai sind insgesamt 46 Ereignisse aufgetreten, davon 19 in der Transplantationsgruppe und 27 in der Kontrollgruppe."

Die meisten dieser Ereignisse waren Todesfälle. Schweres Organversagen trat drei Mal in der Transplantationsgruppe und einmal in der Kontrollgruppe auf.

Vorteil für Transplantation war hoch signifikant

Entsprechend errechnet sich auf längere Sicht ein hoch signifikanter Vorteil für die Patienten in der Transplantationsgruppe. "Wir hatten erwartet, dass anfangs in der Transplantationsgruppe mehr Menschen sterben", berichtete van Laar. Das war auch der Fall.

Schon nach relativ kurzer Zeit drehte sich das jedoch um, und die Patienten in der Transplantationsgruppe lebten länger. "Dies ist ein typischer Kurvenverlauf in Studien mit autologer Stammzelltransplantation", sagte der Experte.

Konkret lag die Hazard Ratio für die Mortalität in acht Jahren Nachbeobachtungszeit bei 0,22. In absoluten Zahlen starben 16 Patienten in der Transplantationsgruppe und 26 Patienten im Kontrollarm der Studie. 8 der 16 Todesfälle im Transplantationsarm traten im unmittelbaren Zusammenhang mit der autologen Stammzelltransplantation auf.

Beim primären Endpunkt, dem ereignisfreien Überleben unter Berücksichtigung von schwerem Organversagen, lag die Hazard Ratio bei 0,3 zugunsten der Transplantationsgruppe. Auch das war ein signifikanter Unterschied.

Bei der Frage, für welche Patienten mit schwerer Sklerodermie künftig grundsätzlich eine autologe Stammzelltransplantation denkbar wäre, verwies van Laar in Berlin auf die Ausschlusskriterien der Studie.

Nicht teilnehmen konnten Patienten mit schwerer Nieren- oder Herzbeteiligung oder mit pulmonaler Hypertonie. Auch für Patienten, die intensiv mit Cyclophosphamid vortherapiert waren, war eine Aufnahme in die Studie nicht möglich Über all diese Patienten lässt ASTIS demnach keine Aussagen zu.

Die Analysen der Subgruppen sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Bereits angesehen haben sich die Studienleiter aber schon das Kriterium "Rauchverhalten".

Und hier zeigte sich, dass der Unterschied zugunsten der Transplantation vor allem auf die Nichtraucher zurückzuführen war. Die Zahlen hierzu seien allerdings nicht robust genug, um daraus unmittelbar die Empfehlung abzuleiten, eine autologe Stammzelltransplantation nur bei Nichtrauchern einzusetzen.

Eine Bestätigung der ASTIS-Daten könnte demnächst aus einer ähnlich konzipierten nordamerikanischen Studie kommen, der SCOT-Studie.

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