Therapie-Ansatz
Antikörper blockiert SARS-CoV-2
Niederländische Forscher haben einen monoklonalen Antikörper gegen SARS-CoV-2 entdeckt und „humanisiert“. In Kultur kann der Antikörper den Eintritt des neuen Coronavirus in Zellen unterbinden.
Veröffentlicht:Utrecht. Zu den unzähligen Ansätzen, die derzeit zur Behandlung von COVID-19-Patienten erforscht werden, gehören auch Antikörper gegen das Virus. Studien mit Plasma von Patienten, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben, legen nahe, dass schwer kranke Patienten von einer solchen Behandlung profitieren können.
Plasmaspenden sind aber begrenzt verfügbar und mit Risiken verbunden, wünschenswert wären definierte neutralisierende Antikörper, die die Abwehr von Infizierten unterstützen.
Wissenschaftler aus Utrecht und Rotterdam haben nun einen monoklonalen Antikörper identifiziert, der zumindest in vitro in der Lage ist, eine Infektion von Zellen mit SARS-CoV-2 zu verhindern (Nat Comm 2020; online 4. Mai).
Antikörpersuche nach SARS-Ausbruch 2002 gestartet
Der Antikörper 47D11 erkennt eine stark konservierte Struktur, die im Spike (S)-Protein von SARS-CoV-2 wie auch von SARS-CoV-1, dem Erreger von SARS, vorhanden ist. Letzteres ist auch der Grund, warum die Niederländer unter Leitung von Dr. Berend-Jan Bosch vom Erasmus Medical Center jetzt so rasch einen neutralisierenden Antikörper präsentieren konnten.
Sie hatten nach dem SARS-Ausbruch im Jahr 2002 angefangen, nach Antikörpern gegen das auslösende Virus zu suchen. Dazu haben sie transgene Mäuse mit hochkonservierten Komponenten des Spike-Proteins von SARS-CoV-1 immunisiert. Von den so gewonnenen Antikörpern erwies sich einer als kreuzreaktiv gegen das neue Coronavirus. Dieser Antikörper wurde daher von den Forschern in einen humanen IgG-Antikörper „umgebaut“.
Vermutlich wird das Spike-Protein destabilisiert
Der humane Antikörper 47D11 bindet an Zellen, die das vollständige Spike-Protein von SARS-CoV-1 oder von SARS-CoV-2 exprimieren. Außerdem verhindert er die In-vitro-Infektion von Vero-Zellen, einer etablierten Zelllinie für Laborversuche, durch beide Coronaviren (Minimale Hemmkonzentration, MHK 50: 0,19 beziehungsweise 0,57 μg/ml).
Obwohl der Antikörper die Domäne S1B erkennt, die die Anlagerung des Virus an seinen Rezeptor auf der Wirtszelle, das Protein ACE2, vermittelt, wird die Bindung an ACE2 durch 47D11 nicht beeinträchtigt. Die Forscher konnten jedoch nachweisen, dass die Fusion der Virus- mit der Zellmembran gestört wird. Der genaue Mechanismus der Antikörperwirkung ist bislang unklar.
Möglicherweise komme es zu einer Inaktivierung des Spike-Proteins durch eine Destabilisierung der Struktur, die für die Fusion notwendig sei, vermuten die Wissenschaftler.
Potenziell ließe sich die Virusclearance unterstützen
Neutralisierende Antikörper wie 47D11 hätten „das Potenzial, den Verlauf der Infektion zu verändern und die Virusclearance zu unterstützen oder auch nichtinfizierte exponierte Personen vor einer Infektion zu schützen“, so Bosch und sein Team. Besonders effektiv könnte eine Kombination von Antikörpern mit unterschiedlichen Angriffspunkten sein.
Da der Antikörper 47D11 offenbar nicht direkt an der Bindungsstelle für ACE2 andockt, eröffnet das die Möglichkeit einer Kotherapie mit Antikörpern, die gegen diese Struktur gerichtet sind.