Petitionsausschuss
Corona-Impfpflicht: Stopp-Appell in letzter Minute
Zwei Eingaben gegen eine allgemeine und gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat der Petitionsausschuss am Montag beraten. Am Donnerstag debattiert dann das Bundestagsplenum.
Veröffentlicht:Berlin. Kurz vor dem Start der parlamentarischen Beratungen zur Impfpflicht am Donnerstag hat der Petitionsausschuss des Bundestags am Montag über zwei Eingaben diskutiert – zur allgemeinen und zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Beide Petitionen übertrafen mit jeweils rund 130.000 Mitzeichnern bei Weitem das Quorum, das nötig ist, um eine öffentliche Behandlung der Eingabe durch den Ausschuss zu erreichen.
Eine Impfung, die weder vor Ansteckung noch Transmission des Virus schütze und nur einen milden Verlauf einer Corona-Infektion verspreche, „kann nicht Gegenstand einer Pflicht werden“, sagte die Krankenpflegerin Stefanie Bresnik zur Begründung, warum sie eine Impfpflicht im Gesundheitswesen ablehnt.
Sie verwies darauf, dass es zuletzt mehrfach Stationsschließungen aufgrund von Corona-Ausbrüchen unter geimpften Mitarbeitern gegeben habe, die Infektionen der zu betreuenden Patienten nach sich gezogen hätten. Dies zeige, so Bresnik, dass die Impfung ohne Testung des Personals die vulnerablen Gruppen nicht schütze. Die Krankenpflegerin appellierte an die Ausschussmitglieder, statt einer Impfpflicht lieber eine kohärente Teststrategie aufzulegen.
Testen und Impfen ergänzen sich
BMG-Staatssekretär Edgar Franke (SPD) antwortete, Testen und Impfen seien kein Gegensatz. Doch Tests seien zu ungenau und könnten Impfungen nicht ersetzen. Der SPD-Politiker reagierte säuerlich auf kritische Nachfragen von Ausschussmitgliedern und erwähnte, dass im Bundestag die einrichtungsbezogene Impfpflicht mit großer Mehrheit beschlossen wurde – auch wenn sich inzwischen „manche daran nicht mehr erinnern können“. Es gehe der Bundesregierung darum „die Schwächsten zu schützen“. Auch nach Diskussionen von mehr als einem Jahr seien in Deutschland rund 20 Millionen Menschen ungeimpft, darunter etwa drei Millionen über 60-Jährige, so Franke.
Die Petentin erinnerte, schon seit Jahren leide die Pflege an Personalmangel. „Come in and burn out – das trifft unsere Situation prägnant“, sagte Bresnik. Im Fall der Durchsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht würde sich diese Situation verschärfen: „Das System wird weiteren Personalmangel nicht kompensieren können“, meinte sie.
Abwanderung? Zahlenmaterial fehlt
BMG-Staatssekretär Franke erwiderte, belastbare Zahlen zur etwaigen Abwanderung von ungeimpftem Personal aus der Pflege lägen weder dem Ministerium noch den Ländern vor – das sei „absolute Spekulation“.
Der Ausschuss hat sich zuvor mit einer weiteren Petition gegen die weitergehende allgemeine Impfpflicht beschäftigt. Auch hier prallten die Positionen von Befürwortern und Gegnern unvermittelt aufeinander. Eine allgemeine Impfpflicht sei weder erforderlich, noch geeignet und angemessen, macht die Vertreterin der Petentin Jutta Koch in der Sitzung klar. Angesichts der Omikron-Variante sei eine Corona-Infektion „zunehmend mit dem Risiko einer Grippe vergleichbar“, wurde argumentiert.
BMG-Staatssekretär Franke widersprach heftig: Die Lage in den Krankenhäusern sei „durchaus angespannt“. Die Impfung sei die einzige Möglichkeit, auch aus der „Dauerschleife“ von Corona-Maßnahmen herauszukommen.
Was wäre das mildere Mittel?
Gefragt danach, ob denn eine Impfpflicht für über 50-Jährige als ein milderes Mittel im Vergleich zur allgemeinen Impfpflicht für Erwachsene angesehen würde, antwortete die Vertreterin der Petentin mit einem klaren „Nein“.
Alle Versuche dialogischer Annäherung der Positionen scheiterten in der Anhörung. Ob es denn als gerecht angesehen werde, dass die Versorgung für überwiegend ungeimpft Erkrankte dauerhaft solidarisch finanziert werden müsse, fragte eine Abgeordnete. Man möge aufhören, Menschen danach zu behandeln, ob sie geimpft sind oder nicht, hieß es zur Antwort.
Der Petitionsausschuss wird in einer späteren Sitzung abschließend über sein Votum zu den beiden Eingaben entscheiden.