Studie aus Deutschland
Jeder 17. COVID-Patient längerfristig im Krankenstand
Ein erheblicher Teil der COVID-19-Patienten hat mit Langzeitfolgen zu kämpfen. Das wirkt sich auch auf die Arbeitsfähigkeit aus, wie Daten aus deutschen Allgemeinpraxen zeigen.
Veröffentlicht:Barcelona. Geschätzte zehn bis 35 Prozent der COVID-19-Patienten entwickeln Post-COVID-Symptome, die langfristig persistieren können und zu denen sehr häufig Fatigue gehört. Bislang gibt es aber kaum Daten, inwieweit es dadurch zu längeren Arbeitsausfällen kommt. In einer kleinen Studie aus Frankreich waren fast 20 Prozent der Patienten mindestens 30 Tage krankgeschrieben.
Nun liegen zum ersten Mal Daten aus Deutschland vor, danach ist die Quote hier deutlich niedriger: Von fast 31.000 COVID-Patienten erhielten 5,9 Prozent von ihren Hausärzten AU-Bescheinigungen für eine Dauer von mindestens vier Wochen (Int J Infect Dis 2021; online 2. Juli).
Die Zahlen beruhen auf der Datenbank „Disease Analyzer“, berücksichtigt wurden Patienten aus über 1200 Allgemeinpraxen im Alter zwischen 18 und 65, bei denen zwischen März 2020 und Februar 2021 COVID-19 diagnostiziert worden war. 52 Prozent der Patienten waren Frauen, das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren.
Wer nach SARS-CoV-2-Infektion krankgeschrieben war
Bei einigen Patientengruppen war die Wahrscheinlichkeit erhöht, nach einer SARS-CoV-2-Infektion mindestens vier Wochen lang arbeitsunfähig zu sein. Das waren:
- Frauen (Odds Ratio [OR] 1,2): Dieses Ergebnis ist auf den ersten Blick überraschend, da männliches Geschlecht einen Risikofaktor für schwere COVID-Verläufe und Komplikationen darstellt. Eine mögliche Erklärung für die höhere Langzeit-AU-Prävalenz bei Frauen ist die persistierende Fatigue, sie tritt bei ihnen häufiger als bei Männern auf.
- Ältere Patienten: Das Risiko für längere Ausfälle stieg mit dem Alter, bei den 55- bis 65-Jährigen war das Verhältnis von Patienten mit Langzeit-AU zu Patienten ohne Langzeit-AU 3,7-mal so hoch wie bei Patienten zwischen 18 und 25.
- Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen: nichtinfektiöse Enteritis und Kolitis (OR 2,0), Reaktion auf schwere Belastung und Anpassungsstörungen (OR 1,7), atopische Dermatitis (OR 1,3), Mononeuropathien (OR 1,3), Reflux (OR 1,2), Diabetes (OR 1,2) und Hypertonie (OR 1,2). Für die beiden letztgenannten ist ein Zusammenhang mit schweren Verläufen beschrieben. Die Risikoerhöhung bei psychischen Erkrankungen hängt möglicherweise damit zusammen, dass die Patienten mehr Schwierigkeiten haben, mit einer COVID-Diagnose zurechtzukommen. Bei einigen der anderen Erkrankungen ist die Immunantwort gestört und es werden zum Teil immunmodulierende Therapien eingesetzt, wodurch möglicherweise die Virusabwehr geschwächt ist.
Eine Schwäche der Studie liegt darin, dass AU-Bescheinigungen von anderen Ärzten als dem Hausarzt nicht berücksichtigt wurden, was möglicherweise zu einer Unterschätzung der Arbeitsausfälle geführt hat. Ein weiteres Problem ist das Fehlen von Informationen zum Schweregrad der COVID-Erkrankungen. Beides könnte mit den im Vergleich zu der französischen Studie relativ niedrigen Langzeit-AU-Raten zusammenhängen. Die Studienautoren empfehlen daher, die von ihnen erhobenen Daten in anderen Settings und Ländern zu überprüfen.