Mediziner aus dem Ausland
Thüringische Kliniken ohne ausländische Ärzte nicht arbeitsfähig
Thüringen liegt bei den Approbationen für ausländische Ärzte bundesweit im Spitzenfeld.
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Engpassfaktor Mediziner: Bereist ein Viertel aller Klinikärzte in Thüringen kommt aus dem Ausland.
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Erfurt. In Thüringen hat sich die Zahl der ausländischen Ärzte innerhalb von 15 Jahren mehr als verdreifacht.
Derzeit arbeiten 1651 Mediziner mit nichtdeutschem Pass in dem 2,1 Millionen Einwohner zählenden Bundesland, wie Landesärztekammer und Landesverwaltungsamt – die für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in den Heilberufen zuständige Behörde – mitteilten. Im Jahr 2005 waren es lediglich 361.
Vor allem Krankenhäuser profitieren, hier arbeiten 1300 Mediziner aus dem Ausland – ein Viertel aller Klinikärzte in Thüringen. „Ohne Ärzte mit Migrationshintergrund wären die Thüringer Krankenhäuser längst nicht mehr arbeitsfähig“, bringt Kammerpräsidentin Dr. Ellen Lundershausen die Situation auf den Punkt.
Kenntnisüberprüfung: Erfolgsquote gestiegen
Für viele Bewerber aus Nicht-EU-Ländern ist der Weg zur Anerkennung ein steiniger, wie die Ergebnisse der Kenntnisüberprüfungen und Sprachtests belegen. Zwar sei die Erfolgsquote bei den Kenntnisüberprüfungen 2019 im Vergleich zum vorangegangenen Jahr leicht auf 68,5 Prozent gestiegen.
Letztlich aber bedeutet das: Ein Drittel fällt durch. An den Fachsprachenprüfungen durch die Landesärztekammer scheitern Lundershausen zufolge durchschnittlich 40Prozent der Bewerber im ersten Anlauf.
Beide Prüfungen können im Fall des Scheiterns wiederholt werden. Je nach Fall könne sich der Zulassungsprozess so über viele Monate hinziehen, sagte der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Frank Roßner. Klinikvertreter hatten zuletzt über die aus ihrer Sicht zu lange Dauer der Anerkennungsverfahren geklagt.
Zulassungsprozess neu strukturiert
Thüringen hatte den Zulassungsprozess vor einiger Zeit neu strukturiert. So liegen die Sprachprüfungen nun allein in der Hand der Kammer, während für die Kenntnisüberprüfungen das Universitätsklinikum Jena zuständig ist. Zunächst einmal habe ein Antragsstau abgearbeitet werden müssen, sagte Roßner.
Der habe mit der Vielzahl von zwischenzeitlich erteilten Berufserlaubnissen – Genehmigungen zur vorübergehenden Ausübung des Arztberufs – zu tun. Mittlerweile habe sich die Situation gebessert. Hatte das Landesverwaltungsamt Anfang 2019 noch 731 offene Approbationsverfahren zu bearbeiten, waren es Ende 2019 schon 416. In diesem Jahr stellten bislang 162 ausländische Ärzte einen Antrag auf Zulassung, insgesamt 239 Anträge befinden sich derzeit in Bearbeitung.
Viele sehen Thüringen nur als Durchgangsstation
Bei der Erteilung von Approbationen an ausländische Humanmediziner liegt Thüringen im bundesweiten Spitzenfeld. Im vergangenen Jahr bedeuteten 267 erteilte Approbationen Platz6 im Länderranking. Allerdings sehen viele der frisch approbierten Zuwanderer Thüringen nur als Durchgangsstation. Nur jeder Dritte bleibt auch in Thüringen. Von einer „Eingangspforte Thüringen“ für Mediziner mit Migrationshintergrund spricht Lundershausen. Für beunruhigend hält sie das nicht, im Gegenteil. „Das gibt es in jedem anderen Beruf, das gibt es in jedem Land.“
Bei Ärzten spiele zudem eine Rolle, dass sich viele in mehreren Bundesländern gleichzeitig um eine Anerkennung bemühen, ergänzt Roßner. „Ein Großteil derer, die den Antrag in Thüringen stellen, hat gar keine Adresse in Thüringen.“ Er widerspricht damit der CDU-Landtagsfraktion. Sie hatte moniert, die Thüringer Bürokratie schrecke Bewerber ab, die sich dann lieber in Bayern approbieren ließen.