Glosse
Die Duftmarke: Schlummerland
Mit Deutschland geht es abwärts. Seit Ludwig Erhardts Wirtschaftswunder gilt die Bundesrepublik als das Volk der Fleißigen und Dienstbeflissenen. Nun hat das Statistische Bundesamt die Mär von der deutschen Arbeitsbiene offiziell widerlegt: Acht Stunden und 37 Minuten schlafen wir hierzulande durchschnittlich pro Tag, das sind acht Minuten länger als noch vor zehn Jahren. Wie war das gleich noch mal mit dem frühen Vogel?
Schwarz-Rot-Gold steht in der Welt künftig also nicht mehr für das Land der Dichter und Denker, sondern für das der Träumer und Schnarcher. Während die Bürger anderer Staaten längst ihrem anstrengenden Tagwerk nachgehen, räkeln die Deutschen sich noch genüsslich in den Kissen. Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Schaffern bevölkertes Gremium hört nicht auf, der drohenden Bettschwere um uns herum Paroli zu bieten. Gemeint ist natürlich der Bewertungsausschuss, der sich nun wohl ausgiebig mit dem Gähnen der Nation beschäftigen muss.
Denn welcher ärztliche Kollege hat angesichts der Erkenntnis der Statistiker noch mit Schlafstörungen zu tun? Schlafmediziner sind ratlos. Die Kassenvertreter im Ausschuss drängen darauf, die Abrechnungspositionen für Insomnien und Apnoen zu streichen, das komplette EBM-Kapitel 30.9 steht angeblich schon zur Disposition. Und erst die offensichtlich überflüssige Verordnung müdigkeitsfördernder Mittelchen! Nutzen wir die Zeit doch besser für ein Nickerchen. Gute Nacht!