Vergleich von Schuleingangsuntersuchungen
So wirkt sich die Corona-Pandemie auf Vorschulkinder aus
Was hausärztlich tätige Ärzte im Praxisalltag beobachten, wird durch Schuleingangsuntersuchungen untermauert: Die Zahl übergewichtiger Kinder steigt deutlich an – auch sprachlichen Defizite häufen sich.
Veröffentlicht:Hannover. Corona ist an den Vorschulkindern nicht spurlos vorbeigegangen. Das zeigt ein Vergleich der Schuleingangsuntersuchungen (SEU) des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes in der Region Hannover, für den Daten aus der vorpandemischen Zeit sowie aus den ersten Untersuchungen während der Pandemie herangezogen wurden.
Genauer wurden die Befunde des Einschuljahrgangs 2021/2022 mit den letzten vollständigen vor Ausbruch der Corona-Pandemie erhobenen Datensätzen der Jahrgänge 2018/19 bis 2019/20 abgeglichen. Die Ergebnisse wurden in der Märzausgabe der Zeitschrift „Kinder- und Jugendarzt“ (Nr. 03/22) veröffentlicht.
15 Prozent der Kinder sind zu dick
Danach sind die Defizite bei den rund 11.000 Kindern, die jährlich in der Region Hannover eingeschult werden, eklatant. So belegen die Daten, dass seit Beginn der Pandemie Übergewicht und Adipositas deutlich zugenommen haben.
Vor Corona lag der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder stets bei rund zehn Prozent. Jetzt ist er fast um ein Drittel auf 14,5 Prozent gestiegen. Betroffen sind alle Bildungsschichten. Bei Kindern aus Familien mit geringem Haushaltbildungsindex ist der Zuwachs mit 6,8 Prozent-Punkten jedoch deutlich.
Der Vergleich belegt zudem eine deutliche Zunahme des Medienkonsums. In den Kategorien „täglich mehr als 2 Stunden“ gab es eine Steigerung von 5,5 Prozent (n =598) auf 7,1 Prozent (n = 820) und im Bereich „bis zu einer Stunde täglich“ von knapp 52 Prozent auf 61 Prozent. Der Anteil der Kinder, die selten oder nie Medien konsumieren, ist dagegen entsprechend von rund 19 auf neun Prozent geschrumpft.
Während Corona nicht schwimmen gelernt
Zugleich waren zum Zeitpunkt der SEU des Jahrgangs 2021/22 weniger Kinder im Sportverein als vor der Pandemie (46 zu 56 Prozent). Besonders deutlich machen sich die Coronaeinschränkungen bei der Schwimmfähigkeit der Kinder bemerkbar: 53 Prozent der Kinder konnten zum Zeitpunkt der jüngsten SEU noch nicht schwimmen.
Bei den SEU vor der Corona-Pandemie waren es hingegen nur rund 38 Prozent. Diese Unterschiede sind für die Autorinnen der Studie, Dr. Susanne Bantel und Dr. Andrea Wünsch, hochsignifikant.
Das gilt auch für die Entwicklung der Sprachkompetenz insbesondere bei Kindern mit beidseitigem Migrationshintergrund. In dieser Gruppe von Kindern hat der Anteil auffälliger Ergebnisse in den Untertests zur Sprachkompetenz von knapp 35 auf 40 Prozent deutlich zugenommen. Gleiches gilt für den Anteil ärztlicher Abklärungsempfehlungen (Anstieg von rund 54 Prozent auf knapp 67 Prozent).
Um den ungünstigen Entwicklungen entgegenzusteuern, müssen nach Ansicht der Autorinnen intensive Förderprogramme in den Kindertageseinrichtungen und den Grundschulen aufgelegt werden. Zur Stärkung der Adipositasprävention sollte zudem in den kommenden Jahren der Schwerpunkt auf die Ernährungsberatung und Bewegungsförderung gelegt werden. Dies könne aber nur durch eine gute Vernetzung der Sozialpädiatrie mit den niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten sowie mit diversen Sport-Angeboten vor Ort gelingen. (ras)