Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz

Praxen sollen auch an den Feiertagen impfen und boostern

Omikron könnte sich laut Robert Koch-Institut auch in Deutschland rasant ausbreiten. Bund und Länder wollen gegensteuern – und setzen dabei auf Auffrischungsimpfungen an den Feiertagen und neue Kontaktbeschränkungen.

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Impfdosis und Weihnachtsmütze: Die Politik begrüßt das Impfen über die Weihnachtsfesttage.

Impfdosis und Weihnachtsmütze: Die Politik begrüßt das Impfen über die Weihnachtsfesttage.

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Berlin. Mit einer verstärkten Booster-Impfkampagne auch über die Feiertage wollen sich Bund und Länder für die drohende Ausbreitung der Omikron-Variante wappnen. Die Impfkampagne solle auch über die Feiertage unvermindert weitergehen, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Bund-Länder-Treffen am Dienstagabend an. Arztpraxen und Apotheken, aber auch Impfzentren sollten nach Möglichkeit über Weihnachten, an den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester sowie an Silvester selbst geöffnet bleiben und Auffrischungsimpfungen ermöglichen, hieß es bereits vor dem Treffen in einem Beschlussentwurf, der der „Ärzte Zeitung“ vorab vorlag. „Impfen, Impfen, Impfen ist die Devise“, sagte Scholz bei der Pressekonferenz nach dem Treffen mit den Länderchefs. Als nächstes Zwischenziel steuert er eine Impfquote von 80 Prozent an.

Bundesbürger, die noch nicht geboostert sind, sollten dies schnellstens tun, appellieren Bund und Länder. Im Beschlussentwurf hieß es bereits dazu, Experten rieten ausdrücklich davon ab, den Booster hinauszuzögern und die Verfügbarkeit eines an Omikron angepassten Impfstoffs abzuwarten. Ungeimpfte werden erneut aufgefordert, sich impfen zu lassen. Mittlerweile empfiehlt auch die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Auffrischungsimpfung nach drei Monaten. Ursprünglich wurde nach sechs, dann nach fünf Monaten zu einem Booster geraten.

30 Millionen Impfungen bis Ende Januar 2022

Laut dem von Bundesgesundheitsministerium und Robert Koch-Institut (RKI) betriebenen Corona-Impfdashboard sind mittlerweile mindestens 58,5 Millionen Bundesbürger beziehungsweise 70,4 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft. 27,1 Millionen Personen (32,6 Prozent) haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Bund und Länder haben nun „weitere 30 Millionen Booster-, Erst- und Zweitimpfungen bis Ende Januar 2022“ als Ziel ausgegeben. Dafür sollen bestehende Impfkapazitäten voll ausgeschöpft und bei Bedarf weiter ausgebaut werden. Der Zugang zur Impfung müsse „schnell und einfach“ möglich sein.

Das gelte auch für die Impfungen von Kindern zwischen 5 bis 11 Jahren. Eltern sollten das Angebot annehmen, um ihre Kinder vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen.

Unterdessen gibt es eine positive Nachricht zur Versorgung mit Impfstoff. Für Januar hat BioNTech/Pfizer eine vorgezogene Lieferung von 20 Millionen Impfdosen angekündigt.

RKI: Sehr hohe Gefährdung wegen Omikron

In einer aktuellen Mitteilung schätzt das RKI die Gefährdung durch COVID-19 derweil als sehr hoch ein. Ursächlich seien das Auftreten und die „rasante Verbreitung“ der Omikron-Variante, schreibt das RKI. Die neue Variante werde sich „deutlich schneller und effektiver“ verbreiten als bisherige Virusvarianten. „Dadurch kann es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems und gegebenenfalls weiterer Versorgungsbereiche kommen.“

Die Infektionsgefährdung für die Gruppe der Ungeimpften schätzt das RKI als sehr hoch, die der Genesenen und Geimpften mit Grundimmunisierung als hoch und die der Geimpften mit Auffrischimpfung als moderat ein.

Auf folgende Punkte haben sich der Bundeskanzler und die Länderchefs geeinigt:

  • Betriebe der kritischen Infrastruktur sollen ihre Pandemiepläne überarbeiten oder aktivieren. Es wird befürchtet, dass bei einer hohen Zahl von Coronainfizierten oder Personen, die in Quarantäne müssen, Einrichtungen wie Feuerwehr, Krankenhäuser, Polizei oder Energieversorger nicht mehr in vollem Umfang einsatzbereit sein könnten.
  • Die harten Beschränkungen für Ungeimpfte werden aufrecht erhalten. Dazu zählen 3G am Arbeitsplatz oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. 2G zum Beispiel im Kino oder Einzelhandel gilt weiter.
  • Ab dem 28. Dezember sind private Zusammenkünfte höchstens mit zehn Personen erlaubt. Kinder unter 14 zählen nicht mit.
  • Ungeimpfte dürfen sich nur noch mit zwei Personen eines weiteren Haushalts treffen. Diese Regelung gilt bereits an Weihnachten.
  • Clubs und Diskotheken bleiben bis auf weiteres geschlossen. Fußballspiele und andere Großveranstaltungen sind nur noch ohne Zuschauer möglich. Der Verkauf von Feuerwerkskörpern ist verboten und es gelten Ansammlungsverbote.

Am 7. Januar ist ein weiteres Bund-Länder-Treffen geplant.

Man sei derzeit in einer seltsamen Zwischenzeit, sagte Scholz. Denn die vor wenigen Wochen beschlossenen Maßnahmen würden wirken - die Inzidenzzahlen sinken. „Wir bekommen die vierte Welle eigentlich ganz gut in den Griff, wissen aber bereits, Omikron wird die Zahl der Infektionen massiv ansteigen lassen“, so Scholz. Davor könne man die Augen nicht verschließen.

Baden-Württemberg und Sachsen sind nicht zufrieden

Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Sachsen halten die von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie für unzureichend. Das haben sie in einer Protokollerklärung zu dem Beschluss der Bundesregierung und der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten deutlich gemacht. „Sie gewährleisten keine ausreichende Handlungsfähigkeit, um schnell auf eine sich zuspitzende Lage, wie sie der wissenschaftliche Expertenrat in seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2021 prognostiziert, reagieren zu können“, heißt es darin.

Beide Länder forderten die Bundesregierung und den Bundestag auf, schnellstmöglich die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit wieder der volle Maßnahmenkatalog des Paragrafen 28a, Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zur Verfügung stehe. Baden-Württembergs von den Grünen geführte Landesregierung nannte es zudem dringend erforderlich, kurzfristig erneut die epidemische Lage von nationaler Tragweite festzustellen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, erklärte unterdessen, die Ampel-Koalition habe den Ländern bereits „einen umfangreichen und sehr wirksamen Instrumentenkasten zur Verfügung gestellt“, um die Pandemie zu bekämpfen. Dieser solle nun konsequent genutzt werden. „Wenn wir alle unsere Kontakte reduzieren, können die Zahlen auch nach Weihnachten stabil bleiben“, appellierte Aschenberg-Dugnus.

„Maximale Kontaktbeschränkungen“ – möglichst sofort

Auch das RKI spricht sich in einer aktualisierten Fassung seines „ControlCOVID“-Papiers für „maximale Kontaktbeschränkungen“ aus – diese müssten allerdings „sofort begonnen und bis zunächst Mitte Januar 2022 beibehalten werden“. Die „maximale Beschleunigung der Geschwindigkeit bei den Impfungen“ wirke zu den Kontaktbeschränkungen „synergetisch“ – dies jedoch erst mit einer Verzögerung von ein bis zwei Wochen. Vor der Pressekonferenz hieß es, die Teilnehmer der Bund-Länder-Runde seien über das Bekanntwerden des RKI-Papiers in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den anstehenden Beschlüssen massiv verärgert gewesen. Im Laufe der Pressekonferenz betonte Olaf Scholz aber mehrfach, die Empfehlungen seien einvernehmlich mit dem Expertenbeirat der Bundesregierung und dem Robert Koch-Institut entwickelt worden.

(hom/af/chb/dpa)

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