Positionspapier
Brandenburgs Kassenärzte: Woidke soll Corona-Impfung in Praxen ermöglichen
Der Druck aus der Ärzteschaft wird größer: Statt weitere Corona-Impfzentren einzurichten, sollte besser in den Praxen geimpft werden. Doch das erlaubt Spahns Impfverordnung nicht. Brandenburgs Kassenärzte rufen jetzt den Ministerpräsidenten zu Hilfe.
Veröffentlicht:Potsdam. Brandenburgs Kassenärztliche Vereinigung fordert, die nationale Impfstrategie auf die Praxen der niedergelassenen Ärzte auszuweiten. Rund 2600 ambulant tätige Ärzte würden regelmäßig ihre Patienten impfen, heißt es in einem Positionspapier, das am Samstag der „Ärzte Zeitung“ exklusiv vorab vorlag.
Vor allem Menschen aus den nach der Impfverordnung priorisierten Gruppen gingen regelmäßig zum Arzt. „Gerade alten und kranken Menschen bliebe durch eine Impfung in der Arztpraxis der Weg in ein Impfzentrum erspart“, heißt es in dem Papier. Doch derzeit verhindere de facto die Corona-Impfverordnung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Impfung in den Praxen.
Brandenburgs Vertragsärzte weisen darauf hin, dass ab der zweiten Priorisierungsgruppe ein ärztliches Zeugnis eine der Voraussetzungen sei, um sich als Angehöriger einer Risikogruppe impfen zu lassen. Festgelegt ist das in Paragraf 6 Absatz 4 Ziffer 3 der CoronaImpfV.
Bald mehr Impfstoff als Kapazitäten in den Zentren
„Für dieses Zeugnis müssen die Betroffenen zunächst in die Arztpraxis kommen und sich anschließend einen Termin in einem Impfzentrum buchen“, heißt es im Papier der KVBB. „Eine Impfung direkt in der Arztpraxis bedeutet für jeden Einzelnen eine deutliche Erleichterung und verschlankt den Gesamtprozess.“
Wie der Vorstandsvorsitzende der KVBB, Dr. Peter Noack, der „Ärzte Zeitung“ am Samstag in Potsdam sagte, sei „die Grundlage für unsere Forderungen Modellierungen des Zi: Spätestens im April muss man auf das Impfen in den Praxen umswitchen, wenn man allen Impfberechtigten ein Impfangebot machen will.“
Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) hat in einem Modell errechnet, dass schon im März, spätestens jedoch im April so viele Impfstoffdosen verfügbar sein könnten, dass die Impfzentren überlasten wären. Dann müssten auch die niedergelassenen Ärzte in die Impfungen einbezogen werden. So hatte am Freitag denn auch die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) rasche Impfungen in den Praxen gefordert.
Ministerpräsident soll einschreiten
Derzeit verhindere aber Paragraph 6 der Coronavirus-Impfverordnung das Impfen in den Praxen, kritisiert die KVBB. „Wir fordern daher, ein landesweites Modellprojekt mit beispielsweise 50 Impfpraxen zu starten“, heißt es in dem Positionspapier. „So können notwendige Termin- und Logistikabläufe bereits erprobt werden und sind etabliert und funktionstüchtig, wenn uns große Mengen Impfstoff erreichen.“
In Mecklenburg-Vorpommern hatte der Landkreis Nordwestmecklenburg die Impfung in Hausarztpraxen bereits umgesetzt. Um ein solches Projekt zu starten, benötige man die Unterstützung der Politik. „Wir fordern daher Ministerpräsident Dietmar Woidke auf, uns das Vorgehen politisch zu ermöglichen.“
Auch die Beschaffenheit der Impfstoffe sei dabei kein Problem. „Es gibt Hausärzte, die sagen eindeutig, auch das Thema BioNTech ist für uns kein Problem, weil er ja tiefgekühlt lieferbar wäre und fünf Tage im Kühlschrank lagerbar wäre“, sagte Noack. „Das geht nur nicht, weil in der Impfverordnung ja keine Arztpraxen stehen.“
„Besser gleich in die Praxen gehen“
Noack betonte gegenüber der „Ärzte Zeitung“, dass die Positionierung der KV keine Reaktion auf die Kritik etwa des Landesvorsitzenden des Hartmannbundes, Dr. Hanjo Pohle, sei. „Wir haben selber, das kann man protokollarisch nachlesen, im November 2020 in unserer Vertreterversammlung das Thema schon debattiert“, sagte Noack. „Da haben wir gesagt. es wird nur eine Herdenimmunität geben, wenn wir rechtzeitig die Arztpraxen einbinden.“
Kritisch äußerte sich Noack zu Forderungen aus den Landkreisen, weitere Impfzentren in Brandenburg einzurichten. „Wenn die Landkreise mehr Bürgernähe beim Impfen wollen, ist es besser, gleich in die Praxen zu gehen.“