Debatte um DRG in der Jugendmedizin
Bundesrat: Tabakwerbeverbot kommt – Weg frei für ePA
Die Kinder- und Jugendmedizin soll raus aus den DRG, und zwar rasch. Drei Länder dringen den Bundesrat zu einem politischen Signal. Ebenfalls drei Mal gab die Länderkammer Gesetzen das finale Plazet.
Veröffentlicht:Berlin. Der Bundesrat hat bei seiner Sitzung am Freitag drei Gesetzen des Bundes zugestimmt und eine Entschließung zu Kinderkliniken in die Beratung geschickt. Dabei machen drei Länder mächtig Druck:
Herausnahme der Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinderchirurgie aus dem Fallpauschalensystem: In einer Entschließung fordern Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Sachsen-Anhalt, noch im vierten Quartal dieses Jahres eine Alternative zu den Fallpauschalen (DRG) zu entwickelt. Gesucht sei ein System für eine „flächendeckende stationäre pädiatrische sowie eine kinderchirurgische Versorgung außerhalb des Fallpauschalensystems“.
Die Kinder- und Jugendmedizin ist längst in der Krise“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) bei der Vorstellung der Initiative. Sie zeigte sich unzufrieden mit den langwierigen Beratungen zu dem Thema in der Vergangenheit. Die DRG deckten hohe Vorhaltekosten in Kliniken auf dem Land ebenso wenig ab wie die spezialisierte Medizin in großen Krankenhäusern oder Universitätskliniken, so Schwesig.
„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, erinnerte Schwesig, sondern ihre Versorgung brauche mehr Zeit und mehr Ressourcen. „Von insgesamt über 1300 Fallpauschalen fallen im Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin ca. 500 regelmäßig an, in einer Klinik für Erwachsenenmedizin hingegen nur rund 200“, heißt es im Antrag. Die drei Länder empfehlen, ähnlich wie in der Psychiatrie, ein differenziertes Vergütungssystem zu entwickeln, das die besonderen Bedürfnisse der jungen Patienten abbildet. Die Entschließung wird jetzt in den Fachausschüssen weiter beraten.
Weniger Kinderkliniken
Regierung sieht für Kinder keine Gefahr der Unterversorgung
Zustimmung zum Tabakwerbeverbot: Die Länderkammer gab ihr Plazet zum Gesetz, das der Bundestag am 2. Juli beschlossen hat. Es schränkt die Werbung für Tabakprodukte weiter ein. Generell verboten ist solche Werbung künftig bei Kinofilmen, die sich nicht nur an Erwachsene wenden.
Bislang galt die Beschränkung, dass Tabakwerbung nur bei Filmen ab 18.00 Uhr erlaubt war. Verboten ist ebenfalls die Außenwerbung – ausgenommen davon sind Außenflächen und Schaufenster von Fachhandelsgeschäften. Nicht mehr erlaubt ist außerdem die kostenlose Verteilung von Zigaretten bei Veranstaltungen oder die Verteilung via Gewinnspiele.
Die Bestimmung für die Außenwerbung gelten erst ab Anfang 2022 für Tabakwaren. Ein Jahr später treten die Bestimmungen für Tabakerhitzer in Kraft, ab 2024 dann auch für elektronische Zigaretten. Die strengeren Vorgaben für Kinowerbung treten Anfang kommenden Jahres in Kraft.
In einer Entschließung kritisiert die Länderkammer, dass elektronische Zigaretten bei einigen Aspekten bevorzugt werden, obwohl sie ein genauso hohes Gesundheitsrisiko bergen. Das gilt beispielsweise für das Verbot der kostenlosen Abgabe.
Bundestagsbeschluss
Tabakwerbeverbot wird schrittweise verschärft
Bei der nächsten Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes sollten alle Produktgruppen hinsichtlich der Werbeeinschränkungen gleichgestellt werden, heißt es in der Entschließung. Dem Bundestag bleibt anheimgestellt, ob und wie er die Forderungen des Bundesrats aufgreift.
Kritik von der Allianz Nichtübertragbare Krankheiten
Kritik am Gesetz kommt von der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK). Das Problem sei mit dem Beschluss nicht gelöst, sagt Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Da Werbung in Supermärkten, Schreibwarengeschäften oder Tankstellen weiter erlaubt bleibt, werde auch Tabakwerbung im öffentlichen Raum präsent bleiben. Kritikwürdig sind für DANK auch die Ausnahmen für Tabakerhitzer und E-Zigaretten. Es sei davon auszugehen, dass die Hersteller in den nicht beschränkten Bereichen umso intensiver werben werden.
Grünes Licht für das Patientendatenschutzgesetz: Keine Einwände und keine begleitenden Entschließungen hat der Bundesrat beim Patientendatenschutzgesetz. Damit ist unter anderem nun der Weg frei für die elektronische Patientenakte.
Durch das Gesetz haben Patienten Anspruch, dass Ärzte ab 2022 die Patientendaten in die Akte eintragen. Bereits ein Jahr zuvor müssen die gesetzlichen Kassen ihren Versicherten dieses neue Instrument anbieten. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Patientendatenschutzgesetz
Datenschutzbeauftragter wiederholt Warnungen vor der ePA
Kein Widerspruch zum Intensivpflegegesetz: Wie vom Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfohlen hat der Bundesrat an das umstrittene Intensivpflegegesetz (IPReG) einen Haken gemacht. Das Gesetz überführt die bisherigen Regelungen zur medizinischen Behandlungspflege für Versicherte mit intensivpflegerischem Versorgungsbedarf in einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege. Verordnet werden darf diese Leistung künftig nur durch besonders qualifizierte Vertragsärzte.
Zugleich werden die Eigenanteile, die Versicherte bei dieser Leistung in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu bezahlen haben, deutlich reduziert. Heftig umstritten waren im Gesetzgebungsverfahren die Auswirkung des IPReG auf das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen.
Gesundheitsausschuss des Bundesrats
Regierung soll Umsetzung des Intensivpflegegesetzes eng begleiten
Nach Ansicht der Länderkammer konnten nicht alle Vorbehalte der Versicherten ausgeräumt werden. Daher mahnt der Bundesrat in einer begleitenden Entschließung, die Umsetzung des Gesetzes eng zu begleiten und zu evaluieren. Die meisten Regelungen im IPReG treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Sorgen um Qualität außerklinischer Intensivpflege
Die Unzufriedenheit mit dem Gesetz bricht sich in einem gemeinsamen Schreiben der behinderten- und pflegepolitischen Sprecher von FDP, Linken und Grünen im Bundestag Bahn. In dem Brief an den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, zeigen sich die sechs Abgeordneten besorgt, dass die vom Bundestag am 2. Juli in letzter Minute vorgenommenen Änderungen „sich nicht in ausreichendem Maße bei der Umsetzung des Gesetzes widerspiegeln“.
In einem Entwurf des GBA zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege (AIP-Richtlinie) würden die vom Bundestag vorgenommenen Änderungen nicht berücksichtigt. „Wir werden genau beobachten, ob das Ziel des Gesetzgebers, die Qualität in der außerklinischen Intensivpflege zu erhöhen, erreicht wird“, kündigte Kordula Schulz-Asche (Grüne), eine der Autorinen des Papiers, an.
Sollte die vom GBA vorzulegende Richtlinie nicht „vollumfänglich“ dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, „werden wir uns weitere Schritte vorbehalten“, heißt es drohend in dem Schreiben.