Traurige Statistik
Nur jeder Dritte erhält ein Spenderorgan
Nach den Skandalen der vergangenen Jahre bleibt die Zahl der Organspenden in Deutschland niedrig. Am Samstag ist der Tag der Organspende. Er soll helfen, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Mehr als 10.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Die Warteliste ist lang, die Zahl der Organspender weiter nicht zufriedenstellend.
Den Tag der Organspende am 4. Juni nutzen daher - vom Bundesgesundheitsminister über die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) bis zur Leberstiftung - viele Seiten, um auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam zu machen.
Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) sowie der Deutschen Herzstiftung 283 Herztransplantationen vorgenommen. Das sei der niedrigste Stand seit 1994.
Der Rückgang der Spendebereitschaft bedeute, dass Herzchirurgen immer häufiger auf künstliche Herzunterstützungssysteme als permanente Therapie zurückgreifen müssten, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.
Die Zahl der implantierten Unterstützungssysteme sei von 350 im Jahr 2005 auf 989 im vergangenen Jahr gestiegen. Diese sollten aber eigentlich nur die Wartezeit auf ein Spenderherz überbrücken.
Die Transplantation sei die beste Therapie. Hier liege die Überlebensrate nach zehn Jahren bei rund 50 bis 60 Prozent, oft auch deutlich darüber, so DHTHG-Präsident Professor Armin Welz.
Besorgt über den Rückgang der Organspenden zeigt sich auch die Deutsche Leberstiftung. "Die Lebertransplantation ist bei einer konservativ nicht mehr zu beherrschenden Lebererkrankung die letzte Möglichkeit, den Patienten zu retten", sagt der Vorstandsvorsitzende der Leberstiftung Professor Michael P. Manns.
Der Rückgang bei Leberspenden sei eklatant. Zwischen 2010 und 2015 sei die Zahl der postmortal gespendeten Lebern von 1114 auf 730 gesunken. Ende des vergangenen Jahres hätten aber 1280 Patienten auf der Warteliste für eine Leberspende gestanden.
Die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) erinnert daran, das sich seit den Vorfällen um manipulierte Patientenakten viel getan habe: Unangemeldete Kontrollen seien eingeführt worden, drei Ärzte müssen zustimmen, ehe ein Patient Anspruch auf ein Spenderorgan habe, vor der Organentnahme müssten zwei fachkundige Ärzte den klinischen Hirntod bestätigen, so die AWMF.
Große Hoffnung setzt die Arbeitsgemeinschaft in den geplanten Aufbau eines Transplantationsregisters. Die Bundesregierung will mit dem Register eine verlässliche Datenbasis für künftige Organspenden schaffen.
Mit dem Register sollen alle bundesweit erhobenen Daten von der Entnahme bis zur Nachbetreuung gebündelt werden. Erstmals würden Daten von verstorbenen Spendern, Organempfängern und Lebendspendern zentral zusammengefasst und miteinander verknüpft.
Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am vergangenen Mittwoch habe die AWMF empfohlen, die Qualität des Registers von unabhängigen und unbeteiligten Experten evaluieren zu lassen. Eine solide wissenschaftliche Basis der Transplantationsmedizin trage dazu bei, mehr Bürger vom Sinn der Organspende zu überzeugen, die Spendebereitschaft zu erhöhen und die Zahl der Menschen auf den Wartelisten zu verringern, heißt es. Das Transplantationsregistergesetz soll noch in diesem Jahr in Kraft treten.