Montgomery fordert

Politik muss mehr für Flüchtlinge tun

Die medizinische Versorgung von Flüchtlingen wird von Tag zu Tag dringender. Die Gefahr, dass Krankheiten eingeschleppt werden, wächst. BÄK-Präsident Professor Frank Ulrich Montgomery fordert die Politik zum Handeln auf.

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BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery mahnt eine bessere Versorgung von Flüchtlingen an (Archivbild).

BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery mahnt eine bessere Versorgung von Flüchtlingen an (Archivbild).

© Alex Kraus

BERLIN. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Frank Ulrich Montgomery, hat die Politik aufgefordert, eine bessere ärztliche Versorgung der Flüchtlinge zu organisieren. "Die Versorgung ist machbar, wenn sie auf viele Schultern verteilt wird. Die Behörden müssen das organisieren", sagte Montgomery.

Zugleich betonte er die Bereitschaft der Ärzte, bei der Versorgung der Flüchtlinge mitzumachen. Es handele sich dabei nicht nur um Amtsärzte, sondern auch um niedergelassene, pensionierte und Krankenhausärzte, die mitmachen könnten und sollten.

Die Flüchtlinge müssten nach der Erstversorgung möglichst schnell in die Regelversorgung. Zur Zeit fänden weder die Erstversorgung noch die Tuberkulose-Untersuchung bei der Ankunft noch die Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz "zeitgerecht statt", kritisierte Montgomery.

800.000 Asylbewerber erwartet

Auch für Infektionskrankheiten, Mangelerkrankungen oder Verletzungen, die sich Migranten unterwegs zugezogen hätten, "ist angesichts der schieren Zahl im Moment keine ausreichende ärztliche Versorgung gewährleistet". Die Bundesregierung rechnet 2015 mit insgesamt 800.000 Asylbewerbern.

Der öffentliche Gesundheitsdienst sei jedoch für Nicht-Krisenzeiten ausgerichtet und habe nicht genug Ressourcen für Krisenzeiten, so der BÄK-Präsident. Notwendig sei daher auch eine Personalaufstockung in den Gesundheitsämtern.

Die ärztliche Versorgung geschehe nicht nur aus reiner Nächstenliebe, sondern - bei Infektionserkrankungen - auch "zu unserem eigenen Schutz", erklärte Montgomery.

Viele der Menschen brächten multiresistente Tuberkulosen mit, die zum Teil erst in Deutschland ausbrächen. Durch häufig auf der Flucht abgebrochene medikamentöse Therapien bildeten sich Resistenzen. Deswegen müssten die Eingangsuntersuchungen schnell erfolgen.

Ziel der Kritik war auch die Praxis der Altersuntersuchungen von jungen Flüchtlingen. "Ich halte das Röntgen zur Altersfeststellung für Körperverletzung."

Es gebe für diese Untersuchungen keine medizinische Notwendigkeit. Auch die Praxis der Genitaluntersuchung sei zu überdenken. Viele der Betroffenen hätten traumatisierende Erlebnisse hinter sich, seien Opfer von Vergewaltigungen und Genitalverstümmelungen.

"Da muss man sehr vorsichtig sein und aufpassen, dass man nicht in die Privatsphäre dieser schutzsuchenden Menschen eingreift."

Ein europäisches Problem

Montgomery plädierte an die Politik, schnell zu handeln. Denn angesichts der nicht abbrechenden Flüchtlingsströme wird sich die Problematik in Zukunft noch verstärken: In Österreich waren am Donnerstag Dutzende Flüchtlinge in einem als Schlepperfahrzeug missbrauchten Lastwagen ums Leben gekommen.

Auf der Balkanroute sind aktuell weitere Zehntausende unterwegs, um aus dem Nahen Osten nach Mitteleuropa zu gelangen. Die Länder, die sie dabei passieren - allen voran das von der Krise gezeichnete Griechenland -, stellen die Migrantenströme vor enorme Herausforderungen. (dpa/jk)

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