Organspende
Teures fehlendes Vertrauen
Die Zahl der Organspender verharrt im Tief. Die den Kassen verordnete Informationspflicht ihrer Versicherten kostet viel Geld.
Veröffentlicht:BERLIN. Die seit August 2012 geltende Pflicht der Kassen, Informationsmaterial zur Organspende an die Versicherten zu verschicken, hat die Beitragszahler bisher rund 60 Millionen Euro gekostet.
Das geht aus dem Regierungsbericht hervor, in dem Reformprozesse in der Transplantationsmedizin beschrieben werden.
2013 hatte der Bundestag die Regierung verpflichtet, jährlich zu berichten, ob die Reformen greifen, die nach Manipulationen in Transplantationszentren an mehreren Universitätskliniken verabschiedet worden sind.
Die intensivierte Arbeit von Prüf- und Überwachungskommissionen hätten zu mehr Rechtssicherheit für Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäuser geführt. Insgesamt trügen die Reformen dazu bei, "das Vertrauen der Öffentlichkeit in das System der Organspende zu stärken", heißt es im Bericht.
Der Erfolg ist in den Zahlen bisher nicht sichtbar: Seit 2011 hat sich die Zahl postmortaler Organspender im freien Fall befunden und sank von 1200 (2011) auf 864 (2014).
Für das vergangene Jahr meldet die Deutsche Stiftung Organspende mit 877 Spendern eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau. 10.243 Patienten standen im Oktober 2015 bei Eurotransplant auf der Warteliste für ein Spenderorgan, die meisten von ihnen warteten auf eine Niere (7708).
Dokumentationsfehler festgestellt
Alle Hände voll zu tun hatten 2014/15 die Prüfungs- und Überwachungskommissionen. Dabei standen immer noch die flächendeckenden Prüfungen aller Transplantationsprogramme in den Jahren 2010 bis 2012 im Vordergrund.
Bei Nieren- und Pankreastransplantationen stellten die Prüfer "vereinzelte unrichtige Mitteilungen gegenüber Eurotransplant" fest, wobei es sich wohl um Dokumentationsfehler handelte.
Anders bei Herztransplantationen: Hier seien in den Unikliniken Heidelberg, Jena und Köln-Lindenthal gegenüber Eurotransplant "Falschmeldungen hinsichtlich der tatsächlichen Dosierung der verabreichten Medikamente oder falsche Angaben zur Dauer der Medikamente erfolgt".
Erstmals geprüft wurde im vergangenen Jahr in 45 Fällen, ob Untersuchungen zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls korrekt abliefen.
In einem Fall war das Vorgehen nicht richtlinienkonform, weil unterschiedliche Todeszeitpunkte angegeben wurden. 32-mal registrierten die Prüfer Dokumentationsmängel, die aber die korrekte Feststellung des Hirntods nicht berührten.
Die verschärften Qualifikationsanforderungen für Ärzte, die die Feststellung des Hirntods vornehmen, haben seit Inkrafttreten der Richtlinie ab Juli 2015 zu Engpässen geführt. Gerade Kliniken ohne eigene Neurologie oder Neurochirurgie hatten offensichtlich Probleme, eigenständig die Hirntod-Feststellung vorzunehmen.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, "dass der Rückgang der Spenderzahlen durch fehlende ausreichend qualifizierte Untersucher mitbedingt sein könnte", heißt es.
Die "große Mehrheit" der Transplantationsprogramme sei "unauffällig", so das Fazit im Regierungsbericht. Die Arbeit der Prüfer habe zu "mehr Rechtssicherheit und -klarheit" geführt. (fst)