„Rheuma hautnah“

Wenn Therapeuten von Rheuma-Patienten lernen

Im Projekt „Rheuma hautnah“ gehen Rheumakranke an Ausbildungsstätten, damit angehende Therapeuten die spezifischen Belange der Patienten frühzeitig kennenlernen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Bochum. Die Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum) entwickelt ein Schulungskonzept für Rheumakranke, die sich ehrenamtlich an Ausbildungsstätten für medizinische Fachberufe engagieren wollen. Die Hoffnung: Über den Einsatz der Betroffenen lernen die künftigen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Pflegefachkräfte oder Podologen schon früh die spezifischen Belange von Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung kennen. Das soll zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen. „Rheuma hautnah – auch in der Ausbildung“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Departments für Pflegewissenschaften an der hsg Bochum und der Deutschen Rheuma-Liga Nordrhein-Westfalen.

Das Konzept basiert auf dem „Patient-Partners Program“, bei dem Menschen mit rheumatischen Erkrankungen im Medizinstudium als Lehrende agieren, erläutert Jens Riede, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der hsg Bochum. Die Rheuma-Liga hat bereits Betroffene geschult, die an die medizinischen Fakultäten gehen. „So entstand die Idee, das Prinzip auf medizinische Fachberufe auszudehnen“, sagt Riede der „Ärzte Zeitung für Rheumatologen“.

Einheitliches Curriculum bietet Grundgerüst

Ein einheitliches Curriculum soll den Ehrenamtlichen, die zum Teil jetzt schon an die Schulen und Hochschulen gehen, das notwendige Rüstzeug liefern. Sie sollen in die Lage versetzt werden, Vorträge an Schulen oder Hochschulen zu halten, die auf die unterschiedlichen Belange der jeweiligen Gesundheitsberufe Rücksicht nehmen. Die Rheumakranken erhalten ein Basiswissen über die Erkrankungsbilder des Rheumatischen Formenkreises, über jeweilige Spezifika in Diagnostik und Qualitätssicherung, aber auch über sozialrechtliche Aspekte und die Organisation der Selbsthilfe. „Wir liefern ein Grundgerüst, das für alle gleich ist“, sagt Riede. Wichtig sei, dass die Informationen auch einen Bezug zur eigenen Erkrankung haben, betont der Pflege- und Gesundheitswissenschaftler und Wirtschaftsjurist.

Ziel ist nicht, dass die Rheumakranken Vorträge über Rheuma halten. Stattdessen sollen sie den Zuhörern einen Einblick in ihre ganz spezifische Situation vermitteln – etwa die Erwartungen von Patienten mit rheumatoider Arthritis oder Morbus Bechterew an die Physiotherapie oder ihre Probleme im Alltag.

Bei Erfolg, ist eine bundesweite Öffnung geplant

„Der Austausch mit Betroffenen ist für die Auszubildenden und Studierenden in jedem medizinischen Bereich ein großer Mehrwert, insbesondere weil sie Experten in eigener Sache sind“, ist Riede überzeugt. Das gelte nicht nur für Rheuma, sondern für alle chronischen Krankheiten.

Das Projekt läuft über zwei Jahre und wird von der AOK Nordwest und der AOK Rheinland/Hamburg gefördert. Ende dieses Jahres soll die erste Schulung beginnen – „vor Ort oder digital“, sagt er. Das Konzept wird von der hsg Bochum evaluiert. Zunächst ist „Rheuma hautnah – auch in der Ausbildung“ auf Nordrhein-Westfalen begrenzt. „Es ist aber beabsichtigt, das Projekt bundesweit zu öffnen, wenn es sich bewährt.“ (iss)

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