Labor-Kapazitätsgrenzen
PCR-Tests: „Wir sollten nicht jeden Politikerwunsch erfüllen“
Die Kapazitäten der Labore für PCR-Tests auf SARS-CoV-2 könnten knapp werden – denn die Zahl der Tests steigt. Die Laboranbieter appellieren dringend, gezielter zu testen.
Veröffentlicht:Berlin. In Deutschland wird seit einigen Wochen wieder zunehmend auf SARS-CoV-2 getestet. Nachdem das PCR-Test-Angebot für Reiserückkehrer ausgeweitet worden ist und die Testpflicht für Einreisende aus Risikogebieten eingeführt wurde, hat sich die Anzahl der Tests in der vergangenen Woche im Vergleich zur Vorwoche um 26 Prozent auf 655.944 erhöht.
Das geht aus der wöchentlich vorgelegten Datenanalyse des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM e.V.) hervor. Die Analyse basiert auf den Meldungen aus 146 Laboren, die etwa 90 Prozent der Testkapazitäten in Deutschland bereit halten. Die Positivrate blieb in der vergangenen Woche stabil bei rund einem Prozent.
Damit seien jetzt etwa zwei Drittel der Testkapazitäten ausgelastet gewesen, sagte ALM-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Müller am Dienstag in Berlin im Rahmen einer Online-Pressekonferenz. Die Testkapazität für die laufende Woche sei nochmals leicht auf gut eine Million PCR-Tests gesteigert worden.
„Politiker sind keine Epidemiologen“
Müller wies darauf hin, dass die Testkapazitäten vor allem dafür genutzt werden sollten, kurzfristige regionale Spitzenbedarfe abzudecken. Oberhalb von 80 Prozent der Testkapazität seien daher „Stoppschilder“ zu sehen.
Die Lieferungen von Geräten und Testmaterialien aus der In-vitro-Diagnostik-Industrie seien begrenzt. In Hamburg und Schleswig-Holstein seien in der vergangenen Woche die Kapazitäten bereits zu mehr als 100 Prozent ausgelastet gewesen.
Die ALM-Laborärzte rufen dazu auf, „Tests durchzuführen, die medizinisch notwendig sind und im Sinne einer guten Prävention nützlich“. „Wir sollten aber nicht jeden Politikerwunsch erfüllen. Politiker sind keine Epidemiologen“, sagte Müller.
„Starre Haltung der Vertragspartner“
Vorhaben wie in Bayern, die Zahl der Tests pro Woche von 20.000 auf 200.000 zu steigern, seien „wenig realistisch“, noch hätte dies „irgendeinen Nutzen“. Es sei besser, Prioritäten zu setzen, um für die Versorgung symptomatischer Patienten in Krankenhäusern und Pflegeheimen und die Aufdeckung von Infektionsketten genügend Ressourcen zu haben.
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Auch auf die Kritik an der Corona-Warn-App, an die noch immer nicht alle Labore angebunden sind, reagierten die Vertreter des ALM: Vorstand Wolf Kupatt kritisierte nach dem am Dienstag bekannt gewordenen Scheitern der Verhandlungen mit der KBV über kv.digital die „starre Haltung der Vertragspartner der Bundesregierung“. Das Scheitern der Gespräche sei ein „schwerer Schlag“.
Der Bedarf der Labore sei es, „aus mehreren Optionen wählen zu können“ und nicht nur „die von der Telekom favorisierte Lösung“. Die Arbeitsgruppe IT des ALM e.V. habe verschiedene technische Lösungen mit erarbeitet, die Labore wollten jetzt „eine breite Abdeckung“. Es sei „wünschenswert, andere Optionen zuzulassen“.